Notizen zu einem Publikumsgespräch mit Georg Seesslen zu Robert Altmans The Playervon Robert Blanchet Feber 1997 Die unbedarfte Reaktion auf The Player besteht in der Annahme, einen kritischen Film gesehen zu haben, der die intriganten Mechanismen und Strukturen des Produktionssystems von Hollywood offenlegt. Irgendwie muss es Altman gelungen sein, jene Stars zu mobilisieren, die ihre eigene Position noch zu reflektieren vermögen und unter den Augen der Studiobosse einen satirischen Seitenhieb gegen deren beider Welt zu produzieren. Der hartnäckige Skeptiker erkennt jedoch dagegen, dass The Player weder zur Gänze auf die filmischen Mittel dieses Systems verzichten kann noch inhaltlich als aufklärerischer Gegenentwurf zu diesem verstanden werden kann. Zudem war der Film ein beachtlicher Kassenerfolg. Nicht Altman hat hier das System ausgetrickst, sondern er selbst ist in dessen Fänge geraten. The Player ist das Produkt einer ausgeklügelten Stratgie, deren Ziel es ist, durch eine trügerische und zahnlose Selbstdekonstruktion der wahren Kritik zuvorzukommen, ihr die Luft aus den Segeln zu nehmen und sie so ihrer Sprengkraft zu berauben. Auch die letztere Position, so Seesslen beim Publikumsgespräch, geht Hollywood letztendlich nocheinmal auf den Leim. Denn die Unterstellung solch raffinierter Verschwörungstheorien heisst tatsächlich, die Intelligenz von fleischlichen Hollywoodproduzenten masslos zu überschätzen. Die viel zutreffendere Trivialität des kommerziellen Filmgeschäfts findet Seesslen denn auch in The Player angemessen dargestellt. Ebenso sieht er auf der Mikroebene von Altmans Kameraführung und Schnittechnik durchaus eine Distanzierung von den üblichen Techniken des Hollywoodfilms. Die basale Strategie Hollywoods besteht laut Seesslen in nicht viel mehr, als alles aufzusaugen, was lukrativen Gewinn abwerfen kännte, - Hollywood würde auch Das Kapital von Karl Marx verfilmen, wenn es Erfolg versprechend wäre - wobei diese Rechnungen in den meisten Fällen jedoch gar nicht aufgehen. Anlass zur Überheblichkeit gegenüber Hollywood gibt es allerdings nicht, meint Seesslen; gerade der kontemporäre Hollywoodfilm ist alles andere als blöde. Ein Erfolgsrezept Hollywoods besteht nach Seesslen in der Praktik, über eine einfache Geschichte zahlreiche Ebenen anzuschichten, sodass ein zweitklassiger Actionreisser von einem Kind ebenso genossen werden kann, wie von einem Philosophen. Nicht von Seesslen selbst sondern aus *Studien in Hollywood* stammt eine Theorie, die besagt, dass sich das Hollywoodpublikum in Zyklen von etwa sieben Jahren neu rekrutiert. Am Anfang eines Zyklus steht in der Regel ein Film mit grossem Massenappeal, wie Star Wars oder jüngst Independence Day, der ein grosses jugendliches Publikum mobilisiert. In den folgenden sieben Jahren wächst diese Generation dann mit Filmen auf , deren Gestaltung den wachsenden medienliteraten und kognitiven Fähigkeiten dieser Gruppe entprechen, bis es wieder zum regressiven Zusammenbruch kommt. Medien und ihre Inhalte seien nicht so sehr Ideologie als viel mehr Lebensmittel, ohne die wir vollkommen hilflos wären, meint Seesslen. Auf die Frage nach den Möglichleiten eines subversiven oder alternativen Kinos in den Zeiten des Postmodernismus weiss auch Seesslen bisher keine Antwort. Das aufklärerische Projekt, den Fälschungen und Scheinwelten von Hollywood ein echtes oder wahres Bild gegenüberzuhalten, sieht Seesslen in der Krise, wenn nicht gar als gescheitert. Jeder auch noch so engagierte Versuch zu einer autoritären Wirklichkeit oder Objektivität zurückzukehren läuft unweigerlich Gefahr sich als reaktionärer zu entpuppen als jene Kräfte, gegen die er sich zu stemmen versucht. Auch wenn er es für notwendig hält, nach neuen Möglichkeiten in einem omnipräsenten Relativismus zu suchen, kann dies, so Sesselen, gegenwärtig nur geschehen, indem wir uns in den Strömen der Fälschungen treiben lassen und zu erkennen versuchen, in welche Richtungen sie fliessen. |
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