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Gender und Technik im Cyborg-Film

The Terminator, Terminator 2, Blade Runner und I.K.U.

Diplomarbeit zur Erlangung des Magistragrades der Philosophie an der Fakultät für Human- und Sozialwissenschaften der Universität Wien

eingereicht von

Evamaria Trischak

(This text is also available as PDF document.)

Inhaltsverzeichnis

1Filmtheorien und Gender

Anfänge der Beschäftigung mit Gender und Film

Laura Mulvey: von Geschlechterstereotypen zur Filmsprache

Semiotische Ansätze: die Verteilung diskursiver Macht

Die Zuschauerin: Mulvey & Doane

Kritik an psychoanalytischen Ansätzen

Cultural Studies

Men's Studies

Fantasietheorien

Heute

2     Cyborgs im Film

Haraways Cyborg-Metapher

Balsamo: Cyborgs im Film

Holland: Das kartesianische Weltbild im Cyborgfilm

Springer: Die Geschichte von Technik und Gender

Film-Untersuchungen

3Blade Runner

Produktionsbedingungen und Plot

Versionen und Internet-Fangemeinde

Grenze Mensch - Maschine

Identität durch (prothetische) Erinnerungen

Diskursive Machtaufteilung

4     Terminator 1 + 2

The Terminator (1984): Produktion und Plot

Terminator 2 - Judgment Day (1991): Produktion und Plot

Grenze Mensch - Maschine

Technik in den Terminator-Filmen

Der T-101: Schwarzenegger, Bodybuilding & Gender

Sarah Connor

Der T-1000: ein Wesen ohne Gender

Diskursive Machtaufteilung

5     I.K.U.

Produktionsbedingungen und Plot

Webpage

Grenze Mensch - Maschine

Die IKU-Coder Reiko und Sasaki

Diskursive Machtaufteilung

Einleitung

Science Fiction ist ein sehr beliebtes Genre heutiger westlicher Kultur, sowohl in der Literatur, als auch in Film und Fernsehen. Mit Star Wars (1977) wurde Science Fiction (SF) zu einem kommerziell verwertbaren Hollywood-Genre. In Büchergeschäften und Videotheken finden sich eigene Abteilungen zum Genre, und die verschiedensten Staffeln von Raumschiff Enterprise sind fix im Programm mehrerer Sender. Bis in die 80er Jahre wurden Science-Fiction-Filme von filmtheoretischer Seite vernachlässigt, obwohl es ein großes begeistertes Publikum gab. In den 90er Jahren änderte sich das allerdings, die kritische Aufmerksamkeit richtet sich nun auch auf Science-Fiction-Filme, die nicht nur aufgrund ästhetischer und technischer Faktoren, sondern auch ob ihrer ideologischen Komplexität zunehmend für Untersuchungen herangezogen werden. Kulturelle Konflikte der Gegenwart finden sich in Visionen von der Zukunft wieder:

Above all, by examining people's ideas about the future, we can learn about their responses to present-day issues, for contemporary cultural battles find expression in even the most shocking and improbable speculations about the future. (Springer 1996: 15)

Die Mainstream-Genre-Forschung richtete ihren Fokus vor allem auf den Western, den Gangsterfilm und das Musical, feministische Filmkritik beschäftigte sich hauptsächlich mit der Analyse des Film Noir und des Melodramas, seit kürzerem auch mit Horror. Doch einzelne Science-Fiction-Filme, wie die zwei Terminator-Filme und Blade Runner, fanden Beachtung in der filmkritischen Literatur, besonders im Umfeld der Cultural Studies. Die erste große Science-Fiction-Welle in den Nachkriegsjahren feierte oder problematisierte Modernität, besonders das Potenzial von technologischen Entwicklungen. In den 50er Jahren wurde besonders der kalte Krieg thematisiert, in den 70er Jahren wurden ökologische Katastrophen vorhergesagt, in den 80er und 90er Jahren waren oft postindustrielle und postmoderne Städte im Zentrum des Geschehens. Heute beschäftigt sich das Genre eher mit Differenz - besonders mit der Differenz zwischen Mensch und Maschine - und Identität, und ist damit für eine feministische Analyse besonders interessant. Vermeintlich fixe Kategorien von Identität werden in Frage gestellt: "Through its focus on difference and its challenges to fixed categories of identity, science fiction also offers potentially fertile ground for feminist analysis and practice." (Janes 2000: 92) Zeitgenössische poststrukturalistische Theorien gehen davon aus, dass Subjekte konstruiert und sehr instabil sind. Die Entwicklungen der Genforschung, von Bioengineering und Kybernetik führen ebenfalls zu einer Destabilisierung des Subjekts, wodurch Fragen bezüglich Identität und Differenz zusätzlich in den Vordergrund rücken.

The notion of human relies upon an understanding of non-human, just as the notion of artificial implies an understanding of natural. In the history of human supremacy, that which is non-human is understood as the other, that which is mechanical is understood as artificial. Cyborgs, as simultaneously human and mechanical, complicate these ancient oppositions. (Balsamo 2000: 150)

Die Definition des Menschlichen hängt von einer Definition des Künstlichen ab, in einer Art und Weise wie der Dualismus natürlich - künstlich verstanden wird. Cyborgs, zugleich menschlich und künstlich, komplizieren diese Gegensätze und verwischen herkömmliche Grenzen. Cyborgs sind kybernetische Organismen, die aus einem biologischen und einem technischen Anteil bestehen:

Cyborgs are science fictional hybrids. The name, a shorthand term for 'cybernetic organism,' usually describes a human-machine coupling, most often a man-machine hybrid. Cyborgs are stock science fiction characters which are alternately labeled 'androids,' 'replicants,' or 'bionic.'(Balsamo 2000: 148)

Cyborgs sind heute Pop-Ikonen, wie etwa der Terminator, der auch Menschen bekannt ist, die die Terminator-Filme nicht gesehen haben. Kulturelle Konflikte unserer Zeit,  besonders in Bezug auf Technik und Gender, werden in den Darstellungen von Cyborgs sichtbar. Manchmal werden alternative Genderrollen erforscht, dann aber wird wieder auf konventionelle Stereotype der Vergangenheit zurückgegriffen. (Springer 1996: 10) Darstellungen von Cyborgs definieren die Bedeutung des Menschlichen und des Künstlichen. Eine Debatte über Gender gerade im Kontext von potentiellen Post-Gender-Wesen, den Cyborgs, wirkt im ersten Moment absurd: "It is perhaps ironic that a debate over gender and sexuality finds expression in the context of the cyborg, an entity that makes sexuality, gender, and humankind itself anachronistic." (Springer 1996: 79) Doch gerade während einer Zeit der diskursiven Krise, wenn Kategorien, die vorher unangetastet waren, plötzlich zur Diskussion stehen, tauchen neue Konzepte auf. Die Debatten über Genderrollen haben zum Konzept der Cyborg beigetragen. Bukatman schreibt der Cyborg-Figur Vorteile für eine feministische Analyse zu, da Cyborgs nicht als "natürlich" gesehen werden können und Dualismen durch diese Wesen verdrängt werden:

The cyborg has some advantages for a feminist (or otherwise radical) politics: first of all, it can't be regarded as natural. The dualisms that structure too much Western thought can be supplanted through a cyborg mythology. (Bukatman 2000: 73)

Im Genre Science Fiction sind auch immer wieder die neuesten Entwicklungen der Technik, beispielsweise in Form von computeranimierten Bildern oder neuester Tontechnik, zum ersten Mal zu sehen bzw. zu hören. Scott Bukatman meint, dass sich Science Fiction mehr auf Vision konzentriert wie die meisten anderen Genres (Bukatman 2000: 10). Spezialeffekte spielen eine wichtige Rolle im Kino generell und in Science-Fiction-Filmen ganz besonders. Sowohl die Spezialeffekte von Blade Runner als auch die Computeranimationen von Terminator 2 - Judgment Day prägen die Filme entscheidend. Bei Terminator 2 waren die morphenden Bilder des T-1000 so zum ersten Mal im Kino zu sehen, ein wichtiger Beitrag zum Erfolg des Filmes.

Technology never comes to its particular specificity in a neutral context for neutral purpose. (Sobchack 1997: 223)

Vivian Sobchack, eine der wenigen, die eine systematische Analyse des Science-Fiction-Films als Genre lieferte, meint, dass Technikdarstellungen darin Zeitzeugen der Hoffnungen und Ängste einer Gesellschaft eines bestimmten Zeitpunkts sind. (Sobchack 1997: 224 - 225)

Untersuchungsdesign

Um detaillierte Untersuchungen bieten zu können, wurde die Anzahl der analysierten Filme auf vier beschränkt: The Terminator, Terminator 2 - Judgment Day, Blade Runner und I.K.U., gesichtet wurden über 40 Filme. Ausgewählt wurde nach der Position, die Cyborgs im Film einnehmen. Diese Arbeit beschränkt sich auf vier Science-Fiction-Filme, in denen Cyborgs im Zentrum der Handlung stehen. Cyborgs sind keine Seltenheit in Science Fiction-Filmen, allerdings spielen sie oft nur eine marginale Rolle. Diese Arbeit beschäftigt sich mit Gender- und Technik-Repräsentationen im Cyborg-Film. Zunächst werden einige der bedeutendsten Theorien zum Thema Film und Gender vorgestellt. Filmwissenschaft und feministische Theorien haben etwa zur gleichen Zeit begonnen, die akademischen Diskurse zu durchdringen. Braidt und Jutz betonen in ihrem Artikel über die feministische Filmwissenschaft in Österreich die gute Zusammenarbeit dieser Forschungsfelder:

Film bietet einer feministisch geprägten Theorie einen zentralen Erkenntnisbereich, umgekehrt haben feministische Theorien die filmwissenschaftliche Erkenntnis wesentlich erweitert und vorwärtsgetrieben, so dass statt Ausgrenzung die interessierte Integration aller produktiver Forschungsansätze die Regel ist. (Braidt/Jutz 1999: 378)

In den noch relativ jungen Men's Studies, die hauptsächlich im Umfeld der Cultural Studies entstanden sind, konnten ebenfalls bereits einige Theorien zur Darstellung des Mannes im Film entwickelt werden. Im Kapitel Cyborgs im Film wird der Begriff Cyborg detailliert untersucht. Welche Möglichkeiten bietet das Cyborgkonzept bezüglich Gender? Donna Haraway stellte in ihrem Cyborg-Manifest 1985 eine feministische Metapher der Cyborg als Post-Gender-Wesen vor, auf die sich viele der theoretischen Arbeiten zu den Terminator-Filmen und Blade Runner stützen. Auch Claudia Springer bezieht sich in ihrer Analyse des Zusammenhangs von Technikdarstellungen und Gender von 1996 auf Donna Haraway. Ob die Cyborgs in den hier vorgestellten Filmen etwas der Cyborg-Metapher von Haraway repräsentieren, ist eine der Forschungsfragen dieser Arbeit. Die Frage nach den Repräsentationen von Gender und Technik wird konkret anhand der vier Filmbeispiele beantwortet, wobei auf folgende Forschungsfragen fokussiert wird: Wie werden die Cyborgs dargestellt? Welche Möglichkeiten bietet das Cyborgkonzept bezüglich Gender? Welche Geschlechterstereotypen kommen zur Anwendung? Wird auf genderspezifische Darstellungen bei den Cyborgs verzichtet? Was unterscheidet Menschen und Cyborgs in diesen Filmen, wo und wodurch werden die Grenzen gezogen? Wie wird Technik dargestellt? Im letzten Kapitel werden die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst und noch offene Fragen vorgestellt.

Begriffe

In dieser Arbeit nehme ich bezug auf Filmtheorien und Theorien der Men's Studies und der Cultural Studies. In dieser Einleitung möchte ich noch einige der zentralen Begriffe für diese Arbeit erklären. Mit dem Begriff Gender beziehe ich mich auf die Kategorien Frau und Mann, denen kulturelle Konnotationen zugeschrieben werden, die dem biologischen Geschlecht einer Person nicht inhärent sind. Nicht jeder Mann, der als solcher geboren wurde, fühlt sich mit den Parametern wohl, die als männlichen gelten. Das gleiche gilt auch für Frauen, die einem ähnlichen Druck ausgeliefert sind, kulturelle Normen für Weiblichkeit zu adoptieren. Ein großer Teil der feministischen Theorien beschäftigt sich mit diesen beengenden Gendervorstellungen: "Feminism seeks to release all people, men and women, from narrowly defined ideas about gender roles". (Springer 1996: 15) Die Genderforschung geht weg von den Kategorien Mann und Frau und stellt die Variabilität der geschlechtlichen Identität in den Vordergrund. Es kam zu einer semiotischen/linguistischen Wende - die Welt besteht demnach aus Zeichen. Dieses neue Denkgebäude, in dem Zeichen und Symbole zentral und Bedeutungszuweisungen entscheidend sind, führt dazu, dass die Frau/Mann-Differenz als existenzialistischer bzw. biologistischer Ansatz gesehen wird, die Begriffe beginnen sich aufzulösen. Judith Butler, eine der wichtigsten GendertheoretikerInnen, geht davon aus, dass sowohl biologisches Geschlecht (Sex) als auch soziales Geschlecht (Gender) konstruiert sind, nicht nur Gender. Sie sieht auch das biologische Geschlecht (Sex) als gesellschaftlich und historisch konstruiert und stützt sich dabei auf Michel Foucault (Butler 1991). Wenn etwas so natürlich scheint wie der Dualismus Frau - Mann wird nach der historischen Begründung für diese Natürlichkeit gesucht. "Patriarchal" verwende ich in Bezug auf Machtverhältnisse, in denen die Interessen von Frauen den Interessen von Männern untergeordnet werden. Im patriarchalen Diskurs wird die soziale Rolle der Frau in Bezug auf eine Norm gesehen, die der Mann darstellt. Die westliche Kultur ist zwar nicht mehr so patriarchal wie noch vor einigen Jahrzehnten, trotzdem dominieren patriarchale Traditionen sowohl soziale und institutionale Praktiken als auch die Vorstellung davon, was es bedeutet, weiblich oder männlich zu sein. Bei meinem Gebrauch der Begriffe Technik bzw. Technologie beziehe ich mich auf mechanische, industrielle, elektronische und biotechnologische Technologien.

Dank an: Mag. Barbara Angelberger, Oswald Berthold, Mag. Daniela Bischof, Dr. Johanna Dorer, Andreas Gebert, Seyda Öztürk, Laura Rafetseder, Anita Schmid, Alphaville, Berlinale, Filmarchiv Wien, Mediothek der Humboldt Universität Berlin.

1 Filmtheorien und Gender

The struggle is .. over imaging and naming. It is about whose representations will prevail. (Braidotti 1994: 72)

Die Bandbreite der Forschungsarbeiten, die sich unter geschlechtsspezifischen Fragestellungen mit dem Medium Film beschäftigen, ist sehr groß. Dieses Kapitel bietet einen Überblick über einige der wichtigsten Debatten, die sich mit der Thematik Gender und Film beschäftigen. Von den Anfängen Ende der sechziger Jahre bis zu neueren Ansätzen, die unter dem Einfluss der Cultural Studies entstanden sind, gibt es vor allem Auseinandersetzungen mit Weiblichkeit im Film und der Zuschauerin, Männlichkeit wurde nur vereinzelt explizit untersucht. Ein Großteil des theoretischen Materials zum Film beschäftigte sich ohnehin ausschließlich mit der männlichen Seite, vor allem dem männlichen Zuschauer, allerdings ohne dies zu deklarieren. "Der Mensch" und "man" ist in vielen dieser filmtheoretischen Untersuchungen ausschließlich männlich. Besonders mit dem Aufkommen der Men's Studies im Cultural Studies Umfeld werden nun auch Darstellungen des Mannes explizit untersucht. Auf einige dieser Untersuchungen von Männlichkeit im Film gehe ich am Ende dieses Kapitels ein, beginnen möchte ich mit der Entwicklung der feministischen Filmtheorie, die nach über 30 Jahren eine Vielfalt von theoretischem Material hervorgebracht hat.

Feministische Ansätze tauchten schon in einer frühen Phase der Institutionalisierung der Disziplin Film Studies in England und den USA auf. Sie wurden auf eine Art und Weise integriert, wie es in anderen wissenschaftlichen Bereichen nur zu wünschen wäre. Bemerkbar macht sich dies auf verschiedensten Ebenen. In den wichtigsten Zeitschriften der Film Studies, wie z. B. Screen und Camera Obscura, finden sich ganz selbstverständlich Artikel mit feministischen Fragestellungen und im Lehrplan von Film Studies sind meist auch Fragen der "gender representation" fix verankert. Im deutschsprachigen Raum ist die Filmwissenschaft noch nicht so etabliert wie im englischsprachigen Raum, Eva-Maria Warth spricht von einem akademischen jet lag und geht davon aus, dass sich obige Entwicklung in den Filmwissenschaften auch im deutschsprachigen Raum fortsetzen wird. (Warth 1992: 66 - 67) In Österreich kann leider nach wie vor Filmwissenschaft weder als Haupt- noch als Nebenfach studiert werden. (Braidt/Jutz 1999: 371) Bleibt zu hoffen, dass der jet lag bald überwunden ist.

Anfänge der Beschäftigung mit Gender und Film

Die feministische Auseinandersetzung mit Film begann Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre. Die politischen Frauenbewegungen dieser Zeit begannen, patriarchale Strukturen und geschlechtsspezifische Festschreibungen zu kritisieren. Eine besondere Rolle wurde dabei den Medien zugeschrieben, die als Institutionen einer patriarchalen Gesellschaft an der Aufrechterhaltung frauendiskriminierender Strukturen maßgeblich beteiligt sind. Der Einfluss der Medien auf die Entwicklung weiblicher Identität sollte aufgedeckt werden, weshalb sich die feministische Kritik in diesem frühen Stadium darauf konzentrierte, wie Frauen in den Medien vorkommen. 1972 erschien die erste Ausgabe der Zeitschrift Women and Film, ein amerikanisches Magazin von feministischen Aktivistinnen>, 1973 das erste Buch über die Darstellung von Frauen im Film, Marjorie Rosens "Popcorn Venus". Rosen sieht die Filmindustrie als mythenproduzierend: Durch Mythen, die in Religion, Tradition, Sprache, Erzählungen, Liedern und Filmen konstruiert werden, übt die patriarchale Gesellschaft ihre Autorität über Frauen aus. (Thornham 1997: 13) Der Fokus der ersten feministischen Forschungen lag auf Darstellungen von Frauen in den Medien. Kritisiert wurden stereotype Bilder von Frauen, die Projektionen bzw. Wunschvorstellungen der Frau zeigen. Molly Haskell kommt als eine Vertreterin dieser Richtung in ihrem Buch "From Reverence to Rape" (1974) zu dem Ergebnis, dass Kino ein ideologisch verzerrtes Bild von Weiblichkeit präsentiert, ausgelöst durch eine Medienrealität, die als männlich konstruiert zu begreifen ist. Sie meint bezugnehmend auf Simone de Beauvoir, dass die Schauspielerin nur verstärkt, was das Spielen der Rolle Frau bereits ist. (Thornham 1997: 19) Haskell geht davon aus, dass Film Realität widerspiegelt und stellt deshalb die Forderung nach wirklichkeitsgetreuen Frauendarstellungen im Kino. Zu dieser Zeit war die feministische Filmtheorie noch eng mit der allgemeinen Frauenbewegung und der filmischen Praxis verbunden, "consciousness raising", also die Weckung des Bewusstseins, war zentral, wobei es sich um einen Begriff der politischen Frauenbewegung dieser Zeit handelt. Die Theoretikerinnen begannen zum Teil, selbst Filme zu machen, vor allem Dokumentarfilme. Hauptkritikpunkt war die unrealistische Darstellung der Frauen in den Medien und die Forderung nach adäquateren Bildern stand im Vordergrund. Die Authentizität der Bilder war zentral und Darstellungen von realen Frauen schienen im Dokumentar-Film eher möglich zu sein. Doch auch Dokumentationen sind konstruiert und ein nicht-eingreifendes Beobachten ist nicht möglich. Diese Art von normativen Theorien mit Anspruch auf normative Ästhetik sind nach 1975 nicht mehr zu finden. Der Kontakt zwischen feministischem Filmschaffen und feministischer Theorie ging in den 90er Jahren verloren, nicht zuletzt durch die zunehmende akademische Institutionalisierung der Filmtheorie. (Braidt/Jutz 1999: 380, Hipfl 1995: 149, Thornham 1997: xi, Doane 1984: 3).

Charakteristisch für die erste Phase feministischer Theoriebildung sind inhaltsorientierte Filmanalysen, die Beziehung zwischen Wirklichkeit und filmischer Repräsentation wird als einfaches Abbildverhältnis gedacht. Zu dieser Zeit entstanden einige Dokumentarfilme von Frauen mit der Intention, Frauen so darzustellen, wie sie sind. Dieser Ansatz wirft allerdings einige Probleme auf. Wer spricht hier für wen? Frauen sind keine homogene Gruppe. Weiters übergeben Medien nicht unverändert "Wahrheit" bzw. Realität, egal wie groß das Bemühen um Authentizität ist. Was wie dargestellt wird, erfordert eine Auswahl des Settings, der Bilder etc. Ausgangspunkt war auch, dass Medieninhalte direkt rezipiert werden, d. h. auf Rezeptionsseite keinerlei Interpretationsmöglichkeiten bestehen. Es wurde von einer direkten Übernahme der Inhalte der Medien ausgegangen, die Rezeptionsseite wurde nicht gesondert behandelt. Das Ziel des "consciousness raising" wurde allerdings erreicht, die Grundlage für weitere Untersuchungen zum Thema geschaffen.

Mitte der 70er Jahre kam es zu einem "theoretical turn" in der feministischen Filmtheorie und Film wurde nicht länger als Widerspiegelung der Realität begriffen, sondern als zeichenproduzierende Praxis, in der Wirklichkeit durch die Codes der Kamera, der Montage etc. konstruiert wird. Die Aufmerksamkeit verlagerte sich vom Inhalt des Films auf die Sprache der filmischen Repräsentation. Geprägt wurde diese theoretische Wende von Laura Mulvey, ihr Text "Visual Pleasure and Narrative Cinema", der 1975 publiziert wurde, ist nach wie vor der meistzitierte Aufsatz der feministischen Filmtheorie. (Braidt/Jutz 1999: 380)

Laura Mulvey: von Geschlechterstereotypen zur Filmsprache

Nach den ersten kritischen feministischen Ansätzen mit einem Fokus auf stereotype Darstellungen der Frau brachte Laura Mulvey mit dem Aufsatz "Visual Pleasure and Narrative Cinema" Mitte der siebziger Jahre einen Paradigmenwechsel in der Beschäftigung mit Gender und Kino. Der Fokus verlagerte sich von der Narration hin zur Form des Films, zur spezifischen Filmsprache. Nicht nur der Inhalt von Filmen wurde als geschlechtsspezifisch kodiert gesehen, sondern auch die Filmsprache. Dazu wurde auf die psychoanalytischen Theorien von Freud zurückgegriffen. Mulvey sieht den Blick als Dimension unseres sozialen Handelns, der nicht neutral ist. Blicke können unangenehm sein und Macht darstellen. In der bürgerlich-patriarchalen Kultur gab es ein weibliches Blickverbot, nur böse Frauen hatten einen aktiven Blick. Den Blick zu senken galt als angemessen für Frauen. In den Anfängen des Kinos war es verpönt, dass Frauen alleine bzw. ohne männliche Begleitung ins Kino gingen. (Koch 1980: 15 - 17) Den Blick zu haben bedeutet Sehen, Macht, Wissen und Autorität, Frauen sollten darauf verzichten. Dieses Muster ist nach wie vor unterschwellig in unserer Kultur zu finden. Eine Frau, die selber nicht sieht, kann umso besser betrachtet werden. In den 50er Jahren fand sich dieses zweifelhafte Schönheitsideal in der Verwendung von Belladonna wieder. Dabei handelt es sich um Augentropfen, die zu großen Pupillen und einem Schleier vor den Augen führen, die Sehkraft wurde dadurch empfindlich verringert. Dies stellt einen Verzicht auf Macht und Autorität dar. Ein berühmtes Beispiel ist der Film How to Marry a Millionaire (1953) mit Marilyn Monroe, wo sie sehr kurzsichtig ist. Die Frau wird zum Blickobjekt, der Mann zum Blicksubjekt - diese Ordnung in der Gesellschaft wurde vom Kino aufgegriffen.

Der Prozess des Filmeschauens ist bei psychoanalytischen Theorien wie der von Mulvey zentral, die Beziehung zwischen Zuschauenden und Leinwand steht im Mittelpunkt. Mulvey sieht zwar Psychoanalyse als phallozentrische Theorie, allerdings schreibt sie der Psychoanalyse einen geeigneten Ausgangspunkt für eine Darstellung des Status quo Mitte der 70er Jahre, der patriarchalen Ordnung, zu. Sie sieht das Kino als hochentwickeltes Repräsentationssystem und stellt sich die Frage, wie das Unbewusste, das von der herrschenden patriarchalen Ordnung geprägt ist, die Lust am Schauen strukturiert. (Mulvey 1980, Mulvey 1989) Sie untersuchte klassische Hollywoodfilme, die in den 30er bis 60er Jahren entstanden sind. Mulvey geht davon aus, dass diese Filme kulturelles Produkt einer patriarchalen Gesellschaft und von den Mechanismen dieser Gesellschaft geprägt sind. Warth erklärt: "Das heißt, dass der Film auf all seinen Ebenen eine männliche Perspektive, einen männlichen Blick impliziert, und so den Zuschauer gleich welchen Geschlechts als männlichen Zuschauer anspricht, bzw. ihn als solchen im Text konstruiert." (Warth 1992: 69)

Ein Vergnügen im Kino ist die Skopophilie - die Schaulust, ein Begriff der auch bei Freud eine große Rolle spielt. Andere Menschen werden zu Schau-Objekten gemacht. Zur Untersuchung des narzisstischen Moments der Skopophilie wird auf Jacques Lacans Spiegeltheorie zurückgegriffen, der bedeutungsvolle Moment, in dem sich das Kind das erste Mal im Spiegel erblickt. Der Körper im Spiegel wird durch "Falscherkennen" als ideales Ich gesehen, Subjektivität entsteht, die erste Artikulation des "Ich". Vergleichbar ist die Situation im Kino, die Identifikation mit dem Bild. Die Lust am Schauen teilt Mulvey in eine aktive männliche und eine passive weibliche Position. Das Bild der Frau tritt einerseits als erotisches Objekt für die Protagonisten im Film auf, andererseits als erotisches Objekt für den Zuschauer: "Traditionsgemäß war die Zurschaustellung der Frau auf zwei Ebenen von Bedeutung: sie war erotisches Objekt für die Charaktere im Film und erotisches Objekt für den Betrachter im Zuschauerraum, wobei die Spannung zwischen den Blicken auf beiden Seiten der Leinwand wechselte." (Mulvey 1980: 37) Durch Nahaufnahmen von Körperteilen, sogenannten Close-ups, kommt es zur Fragmentierung des weiblichen Körpers und damit zu Sexualisierung. Die Kamera lenkt den Blick der Zuschauenden, wobei die Frau als das Bild und der Mann als Träger des Blicks konstruiert werden. Die Frau ist das passive Objekt des Blicks, der Mann hat den Blick und damit die aktive Rolle. In klassischen Hollywoodfilmen (Ende der 20er bis Mitte der 50er Jahre) finden sich beispielsweise Close-ups bevorzugt von Frauen. Das genaue Betrachten der Frauenkörper wird mit Close-ups gefördert, die Frauen werden zu reinen Bildern im Gegensatz zu den die Handlung tragenden Akteuren (wobei es sich allerdings um Tendenzen und nicht absolute Regeln handelt) - dies wird von Mulvey "to-be-looked-at-ness" genannt: "In their traditional exhibitionist role women are simultaneously looked at and displayed, with their appearance coded for strong visual and erotic impact so that they can be said to connote to-be-looked-at-ness." (Mulvey 1989: 19)Der Mann ist der Träger des Blickes des Zuschauers und kann laut Mulvey in einer patriarchalen Ordnung nicht zum Sexualobjekt gemacht werden. Der Blick des männlichen Protagonisten und des Zuschauers werden zu einem. In psychoanalytischen Kategorien ist die weibliche Figur problematisch, da sie die Abwesenheit des Penis und damit eine Kastrationsdrohung darstellt. Zwei Möglichkeiten, diese Angst zu kompensieren, sind Sadismus - die Abwertung, Bestrafung bzw. schlussendliche Rettung der weiblichen Figur - und die Fetischisierung des Blickobjekts. Mulvey untersuchte in diesem Artikel hauptsächlich klassische Hollywoodfilme von Sternberg (etwa Marlene Dietrich als Fetisch) und Hitchcock. Den skopophilischen, voyeuristischen Blick an sich zu zerstören, ist ihr Ziel. Sie kommt zu dem Schluss, dass es im klassischen Hollywoodfilm keinen Platz für eine weibliche Subjektivität gibt.

Der Text stellt eine genaue Analyse der patriarchalen Ordnung des Kinos dar und Mulvey zeigt, dass Psychoanalyse ein nützliches Instrument für die Analyse des patriarchalen Status quo der 70er Jahre darstellt. Allerdings wurde auch Kritik an Mulveys Untersuchung laut, da ihr Modell des Kinos ausschließlich auf patriarchale Bedürfnisse ausgelegt ist. Problematisch ist die Theorie Mulveys insofern, als sie der Zuschauerin keinen Platz im Kino einräumt und ihre Analyse streng dualistisch aufgebaut ist. Es gibt die Kategorien Frau und Mann nur im traditionellen heterosexuellen Sinne. Sie schreibt in ihrem Artikel den Dualismus weiter und bietet keinerlei positive Alternativen. Querlesen des Textes schließt sie aus. Die Schwierigkeit besteht nicht zuletzt darin, eine Analyse des Unbewussten mit einer feministischen Politik der Veränderung zusammenzubringen. In der Folge wurde das Hauptaugenmerk einerseits auf Genres gelegt, in denen Frauen eine aktivere Rolle einnehmen, wie beispielsweise im "Film Noir" der 40er-Jahre, andererseits auf Filmgenres, die sich explizit an ein weibliches Publikum wenden, wie etwa das Melodrama:

If realism is regarded as inevitably complicit with bourgeois ideology, since it works always to 'naturalize' ideologically motivated representations, melodrama, in contrast, can be seen as providing an anti-realist excess which exposes the contradictions which realism works so hard to repress. Thus melodrama itself became the focus of analysis. (Thornham 1997: 46)

Thornham meint, dass Realismus unweigerlich mit bürgerlicher Ideologie verwoben sei. Es wird versucht, ideologisch motivierte Repräsentationen zu naturalisieren. Das Melodrama bietet im Kontrast dazu einen unrealistischen Exzess, der Widersprüche, die der Realismus unterdrückt, aufdeckt. Aus diesem Grund wurde das Melodrama zum neuen Brennpunkt der feministischen Filmanalyse. In der Folge werden stellvertretend Arbeiten zu dieser Argumentationslinie von Mulvey und Doane vorgestellt. Doch vorher möchte ich auf eine andere wichtige theoretische Strömung eingehen, die neben der Psychoanalyse die feministische Filmtheorie geprägt hat, die Semiotik, und den Begriff der Ideologie im Zusammenhang mit Film näher betrachten.

Semiotische Ansätze: die Verteilung diskursiver Macht

Sowohl Semiotik als auch Psychoanalyse beschäftigen sich mit dem Symbolischen, doch während sich Semiotik einerseits mit dem Text und andererseits mit dem Kino als Apparat beschäftigt, ist Psychoanalyse auf die filmischen Bedeutungen für Zusehende konzentriert. Seit den 60er Jahren wurde die Semiotik neben der Psychoanalyse zu einer der wichtigsten Grundlagen der Filmtheorie. Der Film wurde auf zwei Ebenen untersucht, auf der Ebene des Textes und der Ebene des Systems. Auf der Ebene des Systems beschäftigt sich die Filmsemiotik mit kinematographischen Codes bzw. der kinematographischen Apparatur, woraus die Apparatus-Theorie Anfang der 70er Jahre, vor allem in Frankreich, entwickelt wurde. Untersucht wurde dabei der Zusammenhang von Ideologie und dem Kinosaal, der Projektion, der Kamera und den Zusehenden. Die Apparatus-Theorie war neben der Psychoanalyse eine der wichtigsten Grundlagen der feministischen Filmtheorie der 80er Jahre.

Untersuchungen, die den Film als Text sehen, gehen davon aus, dass sich der Filmtext aus Elementen zusammensetzt, die, bestimmten Regeln folgend, Strukturen bilden und so Bedeutungen produzieren. In der Semiotik wird unter Text nicht nur Geschriebenes verstanden, sondern auch Gesprochenes und nicht-sprachliche Kommunikation, wie etwa Tanz, Comics, das Bild und eben auch der Film. Film scheint im Gegensatz zu Sprache unkodiert, natürlich zu sein. Doch auch Film ist wie das geschriebene Wort aus Textelementen zusammengesetzt. Verbundene Serien von Einstellungen bilden Bedeutung, Film ist durch Codes strukturiert. Einige dieser Codes sind laut Metz sozio-kulturell, wie etwa Kleider oder Gesichtsausdrücke. Andere wie 'long shots', 'close-ups' oder spezielle Schnitttechniken sind filmspezifisch. Aus diesen Codes bzw. textuellen Systemen, wird Bedeutung produziert. (Thornham 1997: 24) Wichtig dabei ist, dass der Film als Text auf keine Interpretation festgelegt werden kann:

Während die Idee des Werks den Film als unveränderliches Produkt einer Bezeichnungspraxis bestimmt, impliziert der Textbegriff, daß der Film auf kein abschließendes Signifikat, auf keinen 'letzten Sinn' festgelegt werden könne, sondern daß dieser immer wieder aufs Neue in der Lektüre konstruiert werden müsse. (Braidt/Jutz1999: 384)

Die Ansätze der größtenteils französischen Semiotik werden von der anglo-amerikanischen feministischen Filmtheorie teilweise als Basis übernommen. Die Frage nach der filmischen Bedeutungsproduktion rückt in den Mittelpunkt des Interesses, nicht nur der Inhalt, sondern auch die Filmsprache wird als geschlechtsspezifisch kodiert entlarvt, was zu einer Auseinandersetzung mit den Konventionen des Erzählkinos führt. Filmsprachliche Mittel, wie etwa Dauer und Größe der Kameraeinstellungen, Lichtführung, Bildkomposition und Schnitt, führen geschlechtsspezifische Hierarchien ein, mittels Kameraeinstellungen wird ein subjektiver Blickpunkt erarbeitet (point-of-view). Das Zusammenspiel von Stimme und Bild ist ein weiterer Faktor. Eine besondere Rolle spielt dabei die Off-Stimme, also eine Stimme, deren ErzählerIn nicht im Bild ist. Sie erscheint sehr machtvoll. Die körperlose Off-Stimme wirkt sehr autoritär: "To be heard but not seen" ist eine sehr mächtige Position, doch Repräsentationen von Frauen im Film verkörperten lange Zeit eher das Gegenteil: "to be seen but not heard", eng verwandt mit Mulveys Begriff der "to-be-looked-at-ness". (Silverman 1984: 134)

Diese erzählerischen Verfahren begründen Subjektpositionen im filmischen Text und sind für Fragen der Bedeutungsproduktion deshalb so zentral, weil sie über die Verteilung diskursiver Autorität, einer Form von symbolischer Macht, zwischen den männlichen und weiblichen Figuren entscheiden. (Braidt/Jutz 1999: 385)

Im zweiten Teil dieser Arbeit über die Filme The Terminator, Terminator 2 - Judgment Day, Blade Runner und I.K.U. werde ich jeweils explizit auf die Frage der diskursiven Autorität der HauptprotagonistInnen in diesem Kontext eingehen.

Ideologie1

With its emphasis on the production and circulation of social meanings through cinema's process of signification, ideological film criticism's key topos is the nature of the relationship between representations and the real world of which they are part. This relationship assumes special significance with regard to cinema, because film appears to possess a peculiar capacity to present itself as uncoded, as transparent in its (re)presentation of the 'real world'. (Kuhn 1999: 147)

Der Film ist zwar kodiert, trotzdem erweckt filmisches Material tendenziell den Eindruck des Realistischen und verhält sich wie ein Spiegel der Wirklichkeit. Erklärt werden kann dieses Phänomen mit dem Ideologie-Begriff, den Louis Althusser in den 60er Jahren entwickelte. Der realistische Eindruck eines Films entsteht dadurch, dass er mit der Art konform geht, in der Realität verstanden wird. Die Art wie wir Realität verstehen, ist laut Althusser das Produkt von Ideologie. Ideologie versucht die Zeichen der eigenen Interventionen auszulöschen und präsentiert ihre Bedeutungen als natürlich. Die semiotische Analyse von populären Kulturtexten und Praktiken, wobei ideologische Operationen aufgedeckt werden, bietet ein Modell der politisch motivierten semiotischen Analyse. Texte und Praktiken dienen als kulturelle Zeichen, die Ideologie weitertragen, Barthes spricht hier auch von Mythos. Die EditorInnen von Cahiers du Cinema (ein bekanntes französisches Filmjournal) haben ein Modell der ideologischen Analyse des Kinos nach 1968 produziert. Im Editorial von 1969 wird geschrieben, dass jeder Film politisch sei, da jeder Film durch die Ideologie, die ihn produziere, determiniert sei. (Thornham 1997: 26) Das Kino scheint Realität zu reproduzieren, doch es ist die Welt der dominanten Ideologie. Um eine ideologische Einheit im Film zu erhalten, wird im Film vieles ausgelassen und unterdrückt, es entstehen Lücken. Die Aufgabe der Filmkritik ist es in diesem Kontext, diese Auslassungen und Lücken zu finden. (Thornham 1997: 25 - 27, Hipfl 1995: 150) Annette Kuhn sieht Feminismus als die bedeutendste politische Motivation der ideologischen Filmanalysen, die Wirkungsweise patriarchaler Ideologie durch kulturelle Texte, besonders durch den Film, wird aufgedeckt:

If ideological film analysis is political, or at least cultural-political, in its purpose, its most significant political motivator has arguably been feminism. Feminist ideological criticism aims to lay bare the workings of patriarchal ideology in and through cultural texts in general, and films in particular. (Kuhn 1999: 148)

Doch nun zurück zu den auf Psychoanalyse basierenden Untersuchungen des Melodramas und der Women's Genres bei Mulvey und Doane, wobei die Zuschauerin im Brennpunkt der Analysen steht.

Die Zuschauerin: Mulvey & Doane

Mulveys Afterthoughts

Laura Mulvey beschäftigt sich in der Folge mit dem Melodrama, doch zunächst geht sie noch einmal auf ihren berühmten Aufsatz 'Visual Pleasure and the Narrative Cinema' ein, der auch für viel Kritik sorgte. Schon im ersten Absatz ihres Artikels "Afterthoughts on 'Visual Pleasure and Narrative Cinema' inspired by King Vidors Duel in the Sun (1946)" bezieht Laura Mulvey Stellung zu dem oft gehörten Vorwurf, dass sie sich in ihrem "Visual Pleasure and Narrative Cinema"-Aufsatz nur auf den männlichen Standpunkt beziehe:

At the time, I was interested in the relationship between the image of woman on the screen and the 'masculinisation' of the spectator position, regardless of the actual sex (or possible deviance) of any real live movie-goer. In-built patterns of pleasure and identification impose masculinity as 'point of view'; a point of view which is also manifest in the general use of the masculine third person. (Mulvey 1981: 122)

Laura Mulvey schreibt in ihren Afterthoughts (1981) den Zuschauerinnen die Möglichkeit zu, sich mit dem aktiven männlichen Teil zu identifizieren und erweitert damit die festgeschriebenen Rollen der ZuschauerInnen gegenüber ihrer ersten Analyse. In den "Afterthoughts" beschäftigt sich Mulvey mit der Zuschauerin und damit welche Identifikationsmöglichkeiten der Filmtext bietet, wenn die Hauptrolle weiblich besetzt ist. Sie konzentriert sich dabei auf das Melodrama. Sie untersucht Filme, in denen die Protagonistinnen zwischen einer tendenziell passiven und einer eher aktiven Position schwanken, Positionen, denen traditionell Weiblichkeit bzw. Männlichkeit zugeschrieben werden. Sie sieht die Zuseherin in einer maskulinen Rolle im Kino. Auch in diesem Text bezieht sich Mulvey auf Freud, besonders auf eine Stelle, wo Freud von Perioden spricht, in denen abwechselnd die weibliche und die männliche Seite die Oberhand in der Entwicklung der Frau erhalten. Mulvey sieht in diesem Sinne Hollywoodfilme als eine Möglichkeit für Frauen, den nie gänzlich verdrängten männlichen Aspekt ihrer sexuellen Identität wiederzuentdecken. Sie geht davon aus, dass die Grammatik der Geschichte die Zusehenden zwangsläufig zur Identifikation mit den HeldInnen führt. Während sie in ihrem ersten Artikel die Besonderheiten des Kinos betonte, besonders die Schaulust, sieht sie in den "Afterthoughts" Film in der Tradition des Geschichtenerzählens, egal in welcher Form. Laut Freud kann davon ausgegangen werden, dass sich Menschen beiderlei Geschlechts bevorzugt mit der HeldInnen-Rolle einer Geschichte identifizieren. Diese drei Elemente ergeben eine Art transvestitische Position für Frauen und Männer:

Three elements can thus be drawn together: Freud's concept of 'masculinity' in women, the identification triggered by the logic of a narrative grammar, and the ego's desire to fantasise itself in a certain, active, manner. All three suggest that, as desire is given cultural materiality in a text, for women (from childhood onwards) trans-sex identification is a habit that very easily becomes second nature. However, this Nature does not sit easily and shifts restlessly in its borrowed transvestite clothes. (Mulvey 1981: 125)

ZuschauerInnen können sich demnach sowohl mit einer weiblichen als auch mit einer männlichen Position identifizieren. Wenn in einer Geschichte eine Heldin auftritt, müsste es auch für Männer diese transvestitische Position geben. Innerhalb des psychoanalytischen Rahmens von Mulvey kann Aktivität von der weiblichen Protagonistin oder Zuseherin nur geborgt werden. Raum für Widerstand kann innerhalb dieses Rahmens nicht gefunden werden. (Thornham 1997: 51).

Gender als Maskerade - Doane

Mary Ann Doane knüpft an Mulveys Idee der transvestitischen Zuschauerin an (Doane 1985). Sie erweitert Mulveys Modell mit dem Begriffspaar Distanz und Nähe im Verhältnis zum Bild und bezieht sich dabei ebenfalls auf psychoanalytische Theorien, in diesem Fall auf Freuds Arbeit 'Ein Kind wird geschlagen' 2 . Nähe wird dabei Frauen zugeschrieben. Doane meint mit dieser Beschreibung von Weiblichkeit als Nähe den Ort, dem die Frau kulturell zugeordnet wird. Im Kino wirkt sich dies laut Doane auf die Zuschauerin insofern aus, als dass ihr auch hier die Distanz fehlt, und sie nicht so einfach die Position einer Voyeurin oder Fetischistin einnehmen kann. (Hipfl 1995: 154). Ihr geht es einerseits um die Analyse der Positionierung der Zuseherin und andererseits darum, wie weibliche Subjektivität im Patriarchat produziert wird. Sie stützt sich dabei auch auf Thesen von Michel Foucault. Er meint, dass Macht nicht nur durch Unterdrückung, Zensur und Verweigerung operiert, sondern auch positiv arbeitet, indem Positionen konstruiert werden, die Subjekte annehmen können. (Thornham 1997: 55) Der Frauen-Film kann in diesem Sinne als eine Produktion und Regulierung der weiblichen Subjektivität in einer patriarchalen Kultur gesehen werden. Doane meint, dass der Frauen-Film dazu verführt, eine Alternative zum Mainstream-Hollywoodfilm zu sehen. Dieser Versuchung müsse allerdings widerstanden werden, da es sich auch hier um keine authentische weibliche Subjektivität handle. Doane sieht Weiblichkeit als eine Maske 3 , die getragen oder abgelegt werden kann, und Maskerade als eine übliche Strategie der Frauen. Diese Maske sieht sie als eine Möglichkeit, Distanz zum Bild herzustellen. Dieses Tragen von Weiblichkeit in Form einer Maske erlaubt der Zuseherin eine Distanz zwischen sich und dem Filmbild zu produzieren. Ein Spielen mit Identifikationen wird möglich, während sich Mulveys transvestitische Zuseherin selbst als Mann vorstellen muss, um Lust am Kino haben zu können. Doane geht in ihrem Artikel "Film und Maskerade: Zur Theorie des weiblichen Zuschauers" auch ausführlich auf das visuelle Klischee der Frau mit Brille ein. Sie untersucht Filme der 40er Jahre und kommt zu dem Schluss, dass das Brillenklischee programmatisch für die Beziehung der Frau zum Blick ist:

Die Brille, die die Frau im Film trägt, bezeichnet im allgemeinen keine Sehschwäche, sondern steht eher für das aktive Sehen oder einfach nur für den Akt des Sehens im Gegensatz zum Gesehenwerden. Die intellektuelle Frau sieht und analysiert; indem sie sich den Blick zu eigen macht, stellt sie eine Bedrohung für das ganze Repräsentationssystem dar. (Doane 1985: 13)

Dieses Beispiel der Frau mit Brille verdeutlicht die Art und Weise der Strukturierung des Sehens und Gesehenwerdens im klassischen Kino.

Kritik an psychoanalytischen Ansätzen

Die bisher vorgestellten Filmtheorien beschäftigten sich mit der Frage, wie Bedeutungen im Film produziert werden und greifen dabei vor allem auf psychoanalytische und semiotische Konzepte zurück. Es handelt sich um textorientierte Ansätze, die versuchen zu klären, inwieweit der Text bzw. Film bestimmte Interpretationen und Identifikationen herausfordert. Das Kino wird dabei als eine Institution bzw. ein ideologischer Apparat gesehen, der vor allem über die Mechanismen der Identifikation und Fantasie wirkt. Die Rezeptionsseite wird eher passiv gesehen, die Analyse konzentriert sich auf den Filmtext, Bedeutungen bestimmt hauptsächlich die Produktionsseite. Wichtig ist bei diesen feministischen filmtheoretischen Ansätzen die Frage, welcher Platz für die Zuschauerin im Film bereitgestellt wird. (Hipfl 1995: 150) Bei Mulvey kann sich die Frau nur in transvestitischer Art und Weise den Blick borgen, bei Doane kommt sie in Form von Maskerade zu der Distanz, die sie braucht, um einen Film sehen zu können. Beide Perspektiven schreiben eher einen Status quo fest, als dass sie zu Veränderungen anregen würden. Psychoanalytische Methoden wurden in der Folge zunehmend kritisiert. Andere Kategorien, wie etwa Klasse oder Rasse, konnten mit Psychoanalyse nicht erfasst werden, zudem wurden historische Belange und Kontexte vernachlässigt: "However, critics have found the totalizing perspective, characteristic of psychoanalytically informed approaches, problematic because of its closed, ahistorical and decontextualized method." (Janes 2000: 97) Diese textbasierten Analysen ließen keinen Platz für ein aktives empirisches Publikum. Deshalb wandte sich ein Teil der feministischen Filmkritikerinnen zunehmend von psychoanalytisch fundierten Ansätzen ab, da diese scheinbar keine für Frauen befriedigende Positionen und Lesarten zulassen:

Der Einfluß der Freudschen und Lacanschen Psychoanalyse war zwar zunächst für die Filmwissenschaft zentral geworden, weil sie einen Erklärungszusammenhang zwischen kulturellen Repräsentationsformen wie dem Film und der Entwicklung einer Subjektidentität - die vorwiegend über die Kategorie Geschlecht läuft - zu liefern imstande waren. Die Grenzen des psychoanalytischen Ansatzes liegen jedoch gerade darin, daß er nicht zur Erklärung anderer Unterschiede zwischen Individuen, wie Klasse oder Rasse, herangezogen werden kann und aufgrund seiner ahistorischen Anlage Überlegungen zu möglichen alternativen Leseformen, die sich aus dem Sehkontext ergeben könnten, ausschließt. (Warth 1992: 75)

Das theoretische Feld bewegte sich nach den Theorien Mulveys und Doanes zum Teil weg von der Kino-Psychoanalyse zu einer Analyse, die auf den Theorien der Cultural Studies aufbaut, um Raum für mehr Widerstand für Zuschauerinnen zu finden:

Such a break offers one way out of the apparent impasse which the powerful and influential work of Mulvey and Doane seemed to produce. Faced with a 'cine-psychoanalysis' which produced so little space for resistance by its female spectators, feminist film theory seemed to have two options. The first, suggested in Doane's concept of masquerade and spectatorial play, was to wrest from psychoanalysis a view of spectatorship and cinematic pleasure which would be less tied to the Oedipal trajectory. The second was to look elsewhere for theoretical ground from which to argue the possibility and/or reality of women's resistance. (Thornham 1997: 66)

Einerseits begann ein Teil der feministischen TheoretikerInnen neue Aspekte aus der Psychoanalyse zur Untersuchung der Filme heranzuziehen, wie etwa die Fantasietheorien, die später im Detail besprochen werden, andererseits wurde woanders nach einer theoretischen Basis gesucht, die Frauen mehr Handlungsspielraum zugesteht. Diese wurde in den Cultural Studies gefunden.

Cultural Studies

1964 entstand an der Birmingham University das "Centre for Contemporary Cultural Studies" unter der Leitung von Richard Hoggart. Als Kultur wurde einerseits eine Art zu leben, andererseits die unterschiedlichsten kulturellen Praktiken bezeichnet. Eine interdisziplinäre Methodologie wurde entwickelt, die Textanalyse und einen Fokus auf den historischen und sozialen Kontext kombinierte. Sowohl die theoretische als auch die politische Seite sollten bei Analysen bearbeitet werden. Stuart Hall übernahm die Leitung dieses Zentrums in der bedeutenden Phase von 1968 - 79. Die Frage verlagerte sich von einem Was zu einem Wie bezüglich kultureller Systeme, die Grundlage für Theorien über ideologische Macht von kulturellen Institutionen, Texten und Praktiken wurde geschaffen. Der textuelle Fokus der Cultural Studies ist beträchtlich weiter als der der Filmtheorie und umfasst beispielsweise auch Sport, Fernsehen, Musikvideos und andere Bereiche der Pop-Kultur und der Massenmedien, die vorher vernachlässigt wurden. Kultur ist in diesem Kontext als Alltagskultur zu verstehen, ein besonderes Augenmerk wird auf das Alltägliche gelegt. Die Bedeutungskonstruktion auf der Rezeptionsseite steht im Vordergrund, ganz im Gegensatz zur filmtheoretischen Richtung.

Die 'angeeignete Kultur', die Frage, welche Bedeutung die Medien für die Menschen haben, steht hier im Mittelpunkt. Medieninhalte repräsentieren eine Vielzahl möglicher Bedeutungen, deren Konkretisierung erst in der Rezeption erfolgt. Die Frage nach der Bedeutungskonstruktion ist jedoch immer in die bestehenden Machtverhältnisse eingebunden, entsprechend wird auch von einem 'Kampf um Bedeutungen' gesprochen. (Hipfl 1995: 151)

Die unterschiedlichen sozialen und gesellschaftlichen Faktoren, wie etwa Geschlecht, Klasse und Alter, führen zu verschiedenen Interpretationen der Medieninhalte. Die Rezeption wird nicht als ein unmittelbares Übernehmen der Inhalte gesehen, sondern als aktiver Prozess, der ein Lesen gegen den Strich ermöglicht. Die Methodik der Cultural Studies besteht in qualitativen, ethnografischen Methoden, wie etwa offene Interviews oder teilnehmende Beobachtung. Es geht um die Frage, was reale Menschen als ZuschauerInnen mit den Filmen machen, bevorzugtes Medium der Untersuchungen ist das Fernsehen.

In den 70er Jahren operierte Filmtheorie ohne ein Konzept des sozial und historisch positionierten Zusehenden, Massenkommunikationsforschung wiederum arbeitete ohne ein Konzept des Textes. Medientexte wurden als transparente Botschaften verstanden, deren Bedeutungen ungefiltert von der Rezeptionsseite aufgenommen werden.4 Stuart Hall hat 1973 mit seinem Text 'Encoding and Decoding in the Television Discourse' ein neues Modell der Text-LeserInnen-Beziehung vorgestellt:

Hall's model sees the communicative process as 'a structure produced and sustained through the articulation of linked but distinctive moments'. These moments - of production ('encoding'), text ('programme as 'meaningful' discourse') and reception ('decoding') - are 'relatively autonomous' in relation to the whole process. Each is a 'determinate' moment - that is, each has its own structures and processes, whether institutional (in the case of the moment of production) or semiotic (in the case of the text) which will be productive of meaning. Each is the site of struggle - over which meanings about an event or narrative will be 'encoded' by the producers, which meanings will be 'structured in dominance' in the text, and which meanings will be read off ('decoded') by the audience/spectator. (Thornham 1997: 70).

Das Modell von Stuart Hall beschäftigt sich demnach mit der Produktion des Textes, mit dem Text selbst und mit der Rezeption des Textes. Jedes dieser drei Momente hat seine eigenen Strukturen und Prozesse, ob institutionell oder semiotisch, und jedes ist ein Ort des Kampfes über Bedeutungen. Texte haben Bedeutungen, die von der dominanten Ideologie bevorzugt werden, aber diese Bedeutungen werden durch Randgruppen in der Gesellschaft angefochten. Texte sind demgemäß 'polysemic', das heißt offen für mehr als eine Bedeutung, auch wenn die dominante kulturelle Ordnung versuchen wird, ihre eigenen Klassifikationen der sozialen, kulturellen und politischen Welt dem Text aufzuerlegen. Auch das Publikum ist in den Kampf um Bedeutungen verwickelt. Je nach sozialer Formation kann die LeserInnen/ZuseherInnen-Position sehr unterschiedlich ausfallen, beabsichtigte Bedeutungen können auf RezipientInnenseite verhandelt oder sogar verkehrt werden. Der Umgang mit Medien wird als aktiv gesehen, Lesen gegen den Strich ist eine Möglichkeit des Widerstands. (Hipfl 1995: 151, Thornham 1997: 68 - 71) Hall stützt sich bei seinem Modell auf das Hegemonie-Konzept von Antonio Gramsci:

In Gramsci's use, 'hegemony' refers to the processes whereby a dominant social group maintains this dominance politically and culturally, not through repressive means but by mobilizing the consent of subordinate groups to its explanations and definitions of social reality, so that they seem merely 'common sense'. (Thornham 1997: 70)

Erklärungen und Definitionen von sozialer Realität erscheinen als gesunder Menschenverstand. Erreicht wird dieser Konsens durch dominante soziale Gruppen nicht mittels repressiver Maßnahmen, sondern es wird versucht, einen Konsens über Bedeutungen zu bilden, der auch von anderen Gruppen übernommen wird, eben als gesunder Menschenverstand, und der die weitere politische und kulturelle Dominanz sichert. Kultur ist ein wichtiger Bereich für die Aufrechterhaltung sozialer Ungleichheiten durch ideologische Mittel, aber auch ein Bereich des Kampfes.

Kritik an der zeitgenössischen Filmtheorie, die von seiten der Cultural Studies (David Morley) kam, bezog sich auf die Isolation, die die Text-Rezipierende-Begegnung von allen historischen und sozialen Strukturen isoliert und darüber hinaus von anderen Texten. David Morley kam im Rahmen der Studie "The 'Nationwide' Audience" (1980) zu dem Schluss, dass die soziale Klasse weder der einzige, noch der wichtigste Faktor für die Position zur Sendung war. Cultural Studies, von der klassen-basierten Analyse später wieder abkommend, bot für Feministinnen einen neuen Ansatz zur Text-LeserInnen-Beziehung, der über den Text-Determinismus psychoanalytischer Analysen hinausgeht. Feminismus veränderte in der Folge die Cultural Studies und umgekehrt.

Soap Operas und 'Womens Genres' in den Cultural Studies

Um das Vergnügen der Zuschauerin untersuchen zu können, wurden auch in den Cultural Studies bevorzugt Genres zur Untersuchung herangezogen, die sich bevorzugt an ein weibliches Publikum wenden, ähnlich wie in der feministischen Filmtheorie, wo das Melodrama zum Brennpunkt eines Teils der Analysen wurde (Mulvey, Doane). Die Untersuchungen von Soap Operas und auch von Liebesromanen haben die Filmtheorie nachhaltig beeinflusst. Ein Beispiel für eine Analyse, die über Textpositionen hinaus zu den tatsächlichen Leseweisen von Frauen ging, ist Dorothy Hobsons (1982) "Crossroads: 'The Drama of a Soap Opera'." Sowohl die Produktions- als auch die Rezeptionsseite wurden untersucht. Sie verwendete eine ethnografische Forschungsmethode und sah die Sendungen mit dem weiblichen Publikum vor Ort. Dadurch konnte sie beobachten, dass die Zuseherinnen die Programme in einer zerstreuten Weise sahen und während des Fernsehens auch im Haushalt tätig waren. Außerdem wurden die Folgen nicht getrennt, sondern in Verbindung mit anderen Sendungen rezipiert. Bei diesen Ergebnissen macht es wenig Sinn, sich ausschließlich auf den Text zu konzentrieren und die Zuseherinnen-Seite außer Acht zu lassen. (Thornham 1997: 74)

Janice Radway publizierte 1984 in den USA eine Studie über Liebesromane und ihre Leserinnen: "Reading the Romance". Obwohl Radway nicht mit den Britischen Cultural Studies verbunden war, ist dieser Beitrag für die feministischen Cultural Studies sehr wichtig geworden. Die Methode war eine Kombination von Textanalyse und ethnografischer Forschung. Sie fasst zusammen, dass jeder populäre romantische Roman damit beginnt, dass die patriarchale Kultur ihre weiblichen Mitglieder nicht befriedigen kann. Aber die magische Lösung, bei der der männliche Protagonist fähig wird, die Frau zufriedenzustellen, produziert eine Bestätigung der patriarchalen Kultur. Die Leserinnen sahen den Akt des Lesens als Erklärung der Unabhängigkeit, da sie so Raum für sich selbst schaffen konnten und nicht wie sonst so oft für andere Familienmitglieder da sein mussten. Radway kam auf zwei neue Kategorien: Lesen als Interpretation und Lesen als kulturelle Handlung, letzteres eine gänzlich neue Erkenntnis dieser Zeit. (Thornham 1997: 74 - 77)

Der psychoanalytische Ansatz, wie er beispielsweise bei Mulvey und Doane zu finden ist, wurde stark kritisiert, da kein Platz für die Frau in diesem theoretischen Rahmen zu finden ist und die Unterdrückung der Frau fortgeschrieben wird. Theoretikerinnen wie Tania Modleski versuchen einen anderen Weg einzuschlagen: widerständige Diskurse in und um den Frauen-Film werden identifiziert. Auch wenn die Stimme der Frau in Filmen, die im Zentrum der Narration eine Frau haben, leise ist, kann sie Kritik an der patriarchalen Ordnung ausdrücken. Die Repression der Frauenstimme ist meist unvollständig. "It is the feminist critic's task to identify and locate that repressed voice, not to participate in its silencing." (Thornham 1997: 57) Von Doane kommt wiederum die Kritik, dass der Versuch, die weibliche Stimme im Film zu finden, der kritischen Funktion des Feminismus nicht dient und damit der Blick auf die dominanten Bedeutungen des Textes verloren geht. Doane meint weiter, dass der patriarchale Text nur seine eigene Idee von Weiblichkeit konstruiere. Problematisch ist hier die Frage, was eine authentische weibliche Stimme im Sinne von Modleski sein soll, ein essentialistisches Verständnis von Weiblichkeit kann dieser Art von Theorie vorgeworfen werden. Eine einfache Wiederholung eines patriarchalen Dualismus ist die Folge.

Jüngere Theorien, die vor allem von den Cultural Studies beeinflusst wurden und sich eher dem Medium Fernsehen widmen, gehen zwar von im Text verankerten Zuschauendenpositionen aus, die die Zuschauenden im Sinne einer dominanten Ideologie konstruieren, allerdings muss die Intention des Textes nicht mit der Lesart der realen, sozialen Zuschauenden übereinstimmen. Textlich verankerte Zuschauenden - bzw. LeserInnen-Positionen und reale RezipientInnen werden gegenübergestellt. Alternative Lesarten werden dadurch möglich. Allerdings stellten Forscherinnen wie Warth bald fest, dass die Analyse von Interviews ebenfalls eine Art Textanalyse darstellt:

Die Änderung der Blickrichtung vom Text auf die realen Zuschauerinnen, die mit der Verschiebung von der Textanalyse zur Methode ethnografischer Interviews einhergeht, bringt jedoch ihrerseits, wie wir in einer Studie zu amerikanischen Soap Opera-Zuschauerinnen im Rahmen eines Forschungsprojektes feststellen mußten, gravierende Probleme mit sich, denn auch bei der Analyse der Interviews handelt es sich ja in gewisser Weise um Textanalysen und nicht um wie auch immer geartete Wahrheiten. (Warth 1992: 76)

Ien Angs ethnographische Analyse der Serie Dallas bietet eine weitere Analyse der Text-LeserInnen-Beziehung. Sie wertet geschriebene Antworten statt Interviews aus. Auch sie widmet sich der schwierigen Beziehung zwischen Feminismus, Frauen und dem Text, der an ein weibliches Publikum gerichtet ist. Ang stützt sich auf feministische Filmtheorie zum Thema Melodrama bei ihrer Untersuchung der TV-Serie. Wie beim Melodrama der feministischen Filmtheorie bietet auch die Soap Opera ihren SeherInnen multiple Identifikationsmöglichkeiten, die widersprüchlich sein können. Soap Operas haben kein Happy End wie die Romane von Radways Studie. Die Probleme sind zyklischer Natur. Lust kann vor allem durch den Einsatz von Fantasie aus diesen Serien gewonnen werden. Ang bezieht sich auch auf Mulveys Studien zum Melodrama, Ang sieht allerdings keinen direkten Bezug von der Position des Subjekts in der Kultur zu den Positionen, die vom Text angeboten werden, und sie tritt nicht für die Zerstörung der populären Freuden wie Mulvey ein. Melodramatische Fantasie sieht sie nur als einen möglichen Diskurs bzw. eine mögliche Subjektposition, die es in zeitgenössischer Kultur für weibliches Publikum gibt, deren Identität das Resultat verschiedener besetzter Subjektpositionen eines Moments in der Geschichte ist.

Radway wurde von Ang kritisiert, ihre feministische Forschung zur Bekehrung von Frauen zum Feminismus zu benützen. Während Ang Radway für ihren rekrutisierenden Ansatz kritisiert, fällt Ang in die Kategorie, die versucht, in populären Texten progressives Potenzial zu identifizieren. Dabei handelt es sich nicht zuletzt um den Versuch, eine Brücke zwischen feministischen Theoretikerinnen und "anderen" Frauen zu schlagen. Mary Ann Doane und andere kritisieren, dass das Publikum oder die Subkultur dieser ethnografischen Analysemethode genauso abstrakt ist wie die weibliche Zuseherin der psychoanalytischen feministischen Filmtheorie. Bei Ang verschwimmen die Kategorien Text und Publikum. Befürchtet wird ein Wandel der Zuwendung vom 'bösen' Text zum 'guten' Publikum in der feministischen Forschung der 80er Jahre. Thornham merkt etwa kritisch an, dass der Text selbst, auch wenn er in verschiedensten Kontexten rezipiert wird, weiterhin erkennbar bleibt:

The fact that I may 'construct' the text differently when I watch it in different contexts - in an academic context, say, or at home with my family - does not alter the fact that the text itself remains recognizable through these changing contexts. (Thornham 1997: 80).

Mit der Annahme, dass es so viele verschiedene Interpretationen wie Zusehende gibt, geht zudem der politische Druck verloren. Das Problem mit der Untersuchung, was sich Menschen ansehen, ist laut Ang, dass nie untersucht wird, was Menschen gerne sehen würden. Dazu kommt auf der kritischen Seite, dass nichts inhärent Progressives im Vergnügen liegt, auch wenn es endlich für Frauen gefunden wurde. (Thornham 1997: 80)

Film- und Fernsehforschung - Annäherung von Filmtheorie und Cultural Studies

Film- und TV-Analysen haben sehr unterschiedliche theoretische Ursprünge. Bei der Filmanalyse mit psychoanalytischen Grundlagen ist es problematisch, dass historische Besonderheiten des Textes, soziale oder institutionale Kontexte und das Publikum nicht ausreichend berücksichtigt werden. In theoretischen Arbeiten über Fernsehen wird oft der Text nicht ausreichend analysiert. Die Schwierigkeit, diese Theorien zusammenzuführen, liegt hauptsächlich darin, den textuell konstruierten Zusehenden der Filmtheorie und das in der Kultur konstruierte soziale Subjekt der Fernsehforschung zusammenzubringen. Annette Kuhn sieht die Ursache in der unterschiedlichen Struktur und im unterschiedlichen Status von Film und Fernsehtext. Fernsehtext ist in einen Fluss von Fernsehprogrammen eingebettet, während Film, zumindest im Kino, eine relativ diskrete Einheit bildet. Die Fernsehsendung wird zeitlich umrahmt und eventuell von anderen Programmen durch Umschalten auf andere Sender oder Werbung unterbrochen. Die Aufmerksamkeit ist nicht so konzentriert wie im Kino, obwohl diese Aufmerksamkeit von Grossberg angezweifelt wurde:

Cinema spectators, argues Grossberg, perhaps never viewed popular films in the absorbed way which is assumed by film theory, and the pleasures and meanings which they took from cinema were always mediated intertextually: by film magazines, by star images and by other forms of popular culture. (Thornham 1997: 160)

Grossberg meint weiter, dass neben dieser zweifelhaften Konzentration auch Informationen aus anderen Kanälen die Art der Rezeption beeinflussen. Trotzdem bilden sowohl das Film-Melodrama als auch die Soap Opera Narrationen, die an ein weibliches Publikum gerichtet sind, mit ein Grund, weshalb eine Annäherung zwischen den zwei Theoriesträngen in den 90er Jahren zu finden war:

In den 90er Jahren schließlich führte - nicht zuletzt unter dem Einfluß der Cultural Studies - das gemeinsame Interesse für Fragen der Zuschauerschaft in ihrer 'gendered dimension' zu einer tendenziellen Annäherung zwischen feministischer Film- und Fernsehforschung. (Braidt/Jutz 1999: 379)

Kuhn meint, dass das soziale Publikum zu Zusehenden im Sinne der Filmtheorien wird, und zwar in dem Moment, in dem sie sich in die Prozesse und das Vergnügen von Bedeutungskonstruktion während des Ansehens eines Films oder eines TV-Programms einlassen. Andererseits werden einzelne ZuseherInnen durch den sozialen Akt des Konsumierens von Repräsentationen zu einem sozialen Publikum. Auch wenn uns der Text keine eindeutige Position liefert, von der er gelesen werden muss, so benutzen wir als LeserInnen den Text doch, um unsere Vorstellung von unserer Identität zu konstruieren und zu bestätigen. Die Aufgabe der Textkritik ist es zu untersuchen, welche Lesarten der Text möglich macht, hier können Ergebnisse von ethnografischen Studien beitragen. Gledhill weist darauf hin, dass diese Aufgabe nicht neutral ist, die Kritik selbst generiert neue Zyklen der Bedeutungsproduktion. (Thornham 1997: 81 - 84)

Cultural studies, with its attention to questions of hegemony and popular culture, shares a cultural-political agenda with ideological film criticism, though the two differ in their objects and methods of analysis. For example, cultural studies tends to concern itself with the uses consumers make of popular cultural texts rather than with these texts' internal ideological workings, and has been less interested in cinema than in other popular media forms. Nonetheless, some recent feminist scholarship has attempted to combine the approaches of cultural studies and ideological film analysis. This move has proved especially productive in readings of cultural texts which explore overt and subtextual themes and images relating to gender and sexual difference as these are produced through figurations of the body. (Kuhn 1999: 148)

Annette Kuhn spricht hier von Versuchen, die zwei Theoriestränge Film- und Fernsehforschung zusammenzubringen. Valerie Walkerdine war eine der ersten, die diesen Versuch gewagt hat. Walkerdine untersucht in ihrer Arbeit 'Video Replay: Families, Film and Fantasy' (1986) das Video Rocky II (1979), gesehen von einer Arbeiterfamilie, und kombiniert dies mit einer Kritik ihrer eigenen Rolle als akademische Zuseherin. Walkerdine geht wie andere davon aus, dass die Position, die im Text für Zusehende / Lesende produziert wird, nicht mit der Position der aktuell Zusehenden identisch ist. Sie versucht, Psychoanalyse, Ethnografie, Fantasie und gelebte soziale Praktiken zusammenzubringen. Sie kommt zu dem Schluss, dass Fantasie in häuslichen Beziehungen genauso eine Rolle spielt wie in der Rezeption von Filmen und auch die Forschenden belegen einen Fantasieraum, innerhalb dessen verschiedene Fiktionen produziert werden. (Thornham 1997: 85 - 86)

Die Hinwendung zu den Cultural Studies wird zum Teil sehr kritisch betrachtet, der Sinn für das Spezielle am Filmtext geht verloren. Politische und theoretische Kategorien, wie Text oder Weiblichkeit, verschwimmen. Die Schwierigkeit besteht im Zusammenhalten von Text- und Publikumslesarten. Die Kategorie Frau wird ebenfalls immer unbestimmter, andere Unterscheidungsmerkmale wie Klasse, ethnische Zugehörigkeit oder sexuelle Orientierung treten zunehmend in den Vordergrund, womit die soziale Zuseherin zu einer genauso problematischen Figur wird wie die vom Text konstruierte Zuseherin:

And, as the category of 'real women' itself becomes less certain - crossed by differences of class, location, race, ethnicity, sexual orientation - the 'female spectator' as social subject becomes as theoretically problematic as her textual counterpart. (Thornham 1997: 90)

Trotz dieser und methodischer Probleme hat der Versuch, psychoanalytische Filmtheorien und auf Cultural Studies basierende Diskussionen zusammenzubringen, sich als sehr fruchtbar erwiesen.

Men's Studies

And while the majority of feminist research in this country [A nm.: USA] continues to focus on the important questions of women's labor, reproductive rights, histories, racial and ethnic identities, economies, politics, and so on, there is an increasing understanding that many of the issues that affect women's lives cannot be adequately understood without a companion understanding of the intricate interrelationships between the constructions of women's and men's lives by and through the gender system. (Jeffords 1993b: 197)

Männlichkeit ist in den 90er Jahren immer mehr in den Mittelpunkt des theoretischen Interesses gerückt. Besonders nach Judith Butlers Gendertheorien war ein vermehrtes Auftreten von Forschungsarbeiten in diesem Bereich zu verzeichnen, auch Männlichkeit wurde als sozial konstruiertes und inszeniertes Geschlecht zum Thema. Bei Untersuchungen zur Weiblichkeit blieb Männlichkeit oft gänzlich unerforscht, das Männliche blieb unsichtbar und verschwand hinter dem universellen Subjekt. (Brunotte 1998: 198) In ihrem Buch 'Screening the Male. Exploring Masculinities in Hollywood Cinema' meinen die HerausgeberInnen Cohan und Hark, dass Filmtheorien, die auf Mulveys Theorien basieren, das Zeigen des Männlichen nicht behandelten, obwohl das klassische Hollywoodkino einen beträchtlichen Aufwand betrieb, um Männlichkeit darzustellen:

Generally speaking, the feminist film theory based on Mulvey's analysis of visual pleasure, though critiquing both the feminine spectator implied by her theoretical model and the psychoanalytic assumptions that inspired it, has by and large minimized or taken for granted the complex and considerable cultural investment which classical Hollywood cinema has historically expended in the display of the male, especially as his figure on screen calls into question the stability and unity equated with 'masculinity' and in the diegesis by the gaze of the male actor. (Cohan 1993: 1)

Weiters kritisieren sie, dass der Zuschauer und der männliche Darsteller in diesem Theoriekomplex nicht nur einheitlich, sondern auch zufrieden mit einer voyeuristischen und fetischistischen Rolle sei: "On the contrary, in much of it the male spectator and his cinematic surrogate appear, not only unified and coherent, but quite comfortable as well, thank you, secure with their life on the screen as voyeur and fetishist." (Cohan 1993: 2) Die Men's Studies machten in der Folge Männlichkeit sichtbar und zum Forschungsobjekt. Begonnen haben die Men's Studies in den USA, über Großbritannien und Frankreich kamen Studien der Männlichkeit im größeren Rahmen auch in den deutschsprachigen Raum, allerdings gab es hier auch schon vorher vereinzelte Studien zum Mann. Ein wichtiger und vielzitierter Männerforscher des deutschsprachigen Raumes ist Klaus Theweleit, der bereits in den 70er Jahren zum Männlichkeitsbild veröffentlichte. Seine Studien über Männlichkeit im Nazi-Regime unter dem Titel "Männerphantasien" (1977/78) veröffentlichte er in zwei Bänden. In diesen Büchern untersuchte er das Männlichkeitsbild der Soldaten des faschistischen Nazideutschlands, ebenso das dazu passende vorherrschende Weiblichkeitsbild. Claudia Springer bezieht sich beispielsweise in ihren Untersuchungen des Cyborgfilms auch auf Klaus Theweleit, besonders der Cyborg des Films The Terminator wird mit Vorstellungen der Soldaten Theweleits in Verbindung gebracht. (Vgl. Kapitel Terminator, T-101) Ein anderer Theoretiker, der bereits in den 80er Jahren das Bild des Mannes in das Zentrum seiner Analysen stellte, ist Richard Dyer, der Darstellungen von Pin-up-Boys untersuchte.

Richard Dyers Pin-ups

Richard Dyer ist ein Gendertheoretiker mit dem thematischen Schwerpunkt Männlichkeit, er untersuchte Mitte der 80er Jahre Darstellungen von Pin-up-Boys. Dabei wird die "to-be-looked-at-ness" von Mulvey, die diesen Begriff Frauen im klassischen Hollywoodfilm zuschrieb, bei Männer-Repräsentationen untersucht. Doch Dyer stellte fest, dass Männer, die zu Bildern werden, in einer Weise posieren, in der sie den Status des Blickobjekts leugnen. Eine Gegenstrategie, um Männer dem kontemplativen Blick zu entziehen, ist es, Aktivität in die Bilder zu bringen: "In Bildern von Männern muss jedoch jeder Anteil an Passivität verleugnet werden, wenn man innerhalb der herrschenden Gleichsetzung von Männlichkeit mit Aktivität bleiben will. Aus diesem Grund sind Bilder von Männern oft Bilder von Männern, die etwas tun." (Dyer 1986: 15) Muskeln zeigen zumindest Spuren vergangener Aktivität, Muskelmänner gelten nicht zuletzt deshalb als Schönheitsideal. Dyer geht auch auf die Fotografien von Eadweard Muybridge ein, der wissenschaftliche Studien des weiblichen und männlichen Körpers im Amerika der 1870er und 1880er in Fotobänden herausbrachte. Frauen und Männer wurden dabei unterschiedlich behandelt, Männer wurden dabei bevorzugt in Arbeits- und Sporthaltungen gezeigt. (Dyer 1986: 15) Bei seiner Untersuchung von Pin-ups fällt Dyer auf, dass die Models oft verkrampft versuchen, an das mystische übermächtige Bild des Phallus heranzureichen, was besonders auf den männlichen Akt zutrifft:

Das führt zur größten Unstimmigkeit in der bildlichen Darstellung von Männern. Denn der Penis kann sich nicht mit dem Phallus messen und sich niemals zu dessen mystischer Bedeutung emporschwingen. Daher kommt das Übertriebene, fast Hysterische, das so vielen Bildern vom Mann zu eigen ist. Die geballten Fäuste, die hervortretenden Muskeln, die markigen Backenknochen, die ganze Inflation phallischer Symbole - all das strebt nach etwas, das sich kaum jemals erfüllen läßt: der Verkörperung des phallischen Mysteriums. (Dyer 1986: 18)

Die Darstellungen des nackten Mannes haben selten etwas von Leichtigkeit oder Selbstverständlichkeit. Diese Thesen von Dyer zum Mann als Bild wurden auch von FilmtheoretikerInnen aufgenommen. Im Film etwa gibt es kaum längere Großaufnahmen von Männern, denn das wäre mit einer passiven Haltung gleichzusetzen. Anfang der 80er Jahre veröffentlichte Steve Neale einen Text über Männlichkeit im Film, diese Arbeit fungiert als eine Art Basistext der weiteren Untersuchungen dieses Themas.

Steve Neales Untersuchung von Männern im Film

Steve Neale unternimmt in seinem Essay "Masculinity as spectacle" (1983) einen ersten Versuch, Mulveys Argumente im Kontext von Filmen zu verwenden, die spektakuläre Formen von Männlichkeit zeigen, wie beispielsweise der Western oder auch Musicals. (Cohan 1993: 3) Steve Neales Artikel "Masculinity as Spectacle. Reflections on men and mainstream cinema" ist für die Darstellung von Männlichkeit im Film ein Basistext, ähnlich Laura Mulveys Artikel "Visual Pleasure and Narrative Cinema" für die Erforschung der Bilder von Weiblichkeit im Kino. Der 1983 erschienene Artikel stützt sich auf Thesen dieses Artikels von Mulvey und legt diese auf Darstellungen von Männlichkeit um. Vor diesem Artikel wurden die Bilder von Männlichkeit im Kino kaum explizit untersucht, nur innerhalb der Homosexuellenbewegung gab es einiges zum Thema:

Inasmuch as there has been discussion of gender, sexuality, representation, and the cinema over the past decade then, that discussion has tended overwhelmingly to center on the representation of women, and to derive many of its basic tenets from Mulvey's article. Only within the gay movement have there appeared specific discussions of the representation of men. (Neale 1983: 9)

Die Bilder und Funktionen heterosexueller Männlichkeit im Mainstream-Kino blieben undiskutiert, heterosexuelle Männlichkeit wurde als strukturierende Norm in Beziehung zu den Bildern von Frauen und homosexuellen Männern gesehen. Außerhalb dieser zwei theoretischen Kreise, feministische Filmtheorie und Homosexuellenbewegung, wurde Männlichkeit noch weniger diskutiert. (Neale 1983: 9) Neale behandelt in seinem Artikel Identifikation im Kino und sieht diese keineswegs als simple Identifikation von Frauen mit weiblichen Figuren und Männern mit männlichen Figuren im Film: "Identifications are multiple, fluid, at points even contradictory." (Neale 1983: 10) Er beschäftigt sich mit zwei Typen des Schauens, die auch bei Mulvey vorkommen: Voyeurismus und Fetischismus. Voyeurismus kommt durch eine gewisse Distanz zwischen Zusehendem und Bild zustande. Neale entdeckt, dass auch Männer diesem voyeuristischen Blick ausgeliefert sind, beispielsweise in Kriegsfilmen, Gangster-Filmen oder dem Western, sowohl von Zusehenden als auch von anderen männlichen Charakteren im Film. Auch den fetischistischen Blick findet er auf Männer gerichtet. Allerdings sind die Männerkörper laut Neale selten als erotische Objekte im Bild: "We see male bodies stylized and fragmented by close-ups, but our look is not direct, it is heavily mediated by the looks of the characters involved. And those looks are marked not by desire, but rather by fear, or hatred, or aggression". (Neale 1983: 18) Steve Neale meint mit Mulvey, dass der Blick im Mainstream-Kino grundsätzlich männlich ist, einer der bedeutendsten Gründe, warum Erotisches in der Beziehung von Zusehenden zum männlichen Bild ständig unterdrückt wird:

Although I have sought to open up a space within Laura Mulvey's arguments and theses, to argue that the elements she considers in relation to images of women can and should also be considered in relation to images of men, I would certainly concur with her basic premise that the spectatorial look in mainstream cinema is implicitly male: it is one of the fundamental reasons why the erotic elements involved in the relations between the spectator and the male image have constantly to be repressed and disavowed. (Neale 1983: 19)

Fantasietheorien

Während sich ein Teil der feministischen FilmtheoretikerInnen im Anschluss an Mulveys und Doanes Theorien den Cultural Studies zuwandten, gab es andere, die sich erneut der Psychoanalyse zuwandten. Freuds Theorien wurden wieder als Basis verwendet, besonders ein Essay von 1919, "Ein Kind wird geschlagen", ein Text, auf den sich bereits Mary Ann Doane bei ihrer Untersuchung der weiblichen Zuseherin stützte. Allerdings hatte die Arbeit diesmal eine andere Bedeutung. In dem Text ist von multiplen und veränderlichen Subjektpositionen in der Fantasie die Rede. Die Beschreibungen der mobilen Genderidentifikationen in der Fantasie boten eine neue Möglichkeit, psychoanalytische Theorien in die Filmtheorie aufzunehmen. "If fantasy can be seen to offer shifting and multiple positions for the fantasizing subject, then so, too, might the 'dream factory' of cinema." (Thornham 1997: 95) Die ZuschauerInnenposition wird nicht mehr als primär von der Geschlechtszugehörigkeit bestimmt gesehen. ForscherInnen wie Constance Penley sehen zwar weibliche und männliche Positionen in der Fantasie, die allerdings keineswegs aufgrund eines biologischen Geschlechts eingenommen werden müssen. Constance Penley meint aufbauend auf Freuds Beschreibungen von Fantasie, dass Identifikationen von Zusehenden komplexer zu verstehen sind, als bisher angenommen. Die Frage nach der weiblichen Zuseherin verliert auf der Ebene des Unbewussten an Bedeutung, die unbewusste Identifikation mit Filmcharakteren ist nicht unbedingt auf das Geschlecht der Zusehenden beschränkt:

Extending this idea [Freud's description of fantasy) to film has shown that spectatorial identification is more complex than has hitherto been understood because it shifts constantly in the course of the film's narrative, while crossing the lines of biological sex; in other words, unconscious identification with the characters or the scenario is not necessarily dependent upon gender. (Penley 1990: 121)

Fantasietheorien beschäftigen sich hauptsächlich mit Horrorfilmen, Melodramen und Pornographie, diese Genres werden auch body genres bezeichnet. Den ZuschauerInnen wird in den Fantasietheorien ein relativ großer Spielraum gegeben, feministische Kritik läßt sich ob der Offenheit dieser Ansätze allerdings nur erschwert formulieren. (Hipfl 1995: 155)

Heute

Film hat mit dem Entstehen von Fernsehen, Video und digitalen Technologien, die Filme transportieren, wie beispielsweise DVD oder streaming media im Internet, die eindeutige Zuordnung zum Kino verloren. Gemeinsamkeiten sind in den Vermittlungsstrukturen vorhanden, die Produktions-, Distributions- und Rezeptionsweisen unterscheiden sich allerdings. Klassische Filmtheorien setzen die spezielle Situation im Kinosaal voraus, die heute nur eine von vielen Möglichkeiten darstellt, einen Film zu sehen:

Classical film theory holds that a necessary condition of this imbrication of spectatorial and diegetic spaces is a distinctive type of viewing situation, involving a large cinema screen viewed in a darkened cinema auditorium. However, given that the cinema auditorium is now only one of a number of possible venues for viewing films, the classical configuration of diegetic and spectatorial space must be regarded as historically and culturally specific. (Kuhn 1999: 7)

Dennoch besitzen diese unterschiedlichen Medien gemeinsame Grundlagen des audiovisuellen Erzählens und Darstellens. (Braidt/Jutz 1999: 367) Seit den 90er Jahren rückt die Genderforschung immer mehr in den Mittelpunkt der Analysen, Forschungen aus Homosexuellen-Bewegungen rücken Untersuchungen von Gender im Film in ein neues Licht, die Kategorien Frau und Mann erscheinen als Dualismus, der viele Spielarten im Umgang mit Gender vernachlässigt:

Gender als Ausdruck für das Geschlecht in seiner kulturellen, historischen und sozialen Dimension betont sowohl den Repräsentations- als auch den Konstruktcharakter geschlechtlicher Identitäten. Die selbstverständliche Ineinssetzung von 'Frau' und 'weiblich' (wie auch jene von 'Mann' und 'männlich') ist demzufolge zu hinterfragen. In weiterer Hinsicht trägt die Einführung des Genderbegriffs dem Anwachsen von gay und lesbian studies Rechnung. (Braidt/Jutz 1999: 385)

Arbeiten der queer theory leisteten bereits einen großen Beitrag zu feministischen Filmtheorien. Als queer wird dabei alles definiert, das abseits der heterosexuellen Norm existiert. Die Natürlichkeit, die heterosexueller Genderidentität anhaftet, wird von Judith Butler als ein Effekt gesehen, der durch wiederholte imitative Performances entstanden ist. (Thornham 1997: 133 -134) TheoretikerInnen wie Judith Butler und Teresa de Lauretis stellten in den 90er Jahren ein Genderkonzept vor, das zu neuen Debatten führte: "Geschlecht als performative, diskursive Kategorie nimmt Abschied vom biologisch/anatomischen, in seiner 'Essenz' erfassbaren Geschlecht und eröffnet auf diese Weise der feministischen Debatte neue Perspektiven." (Braidt/Jutz 1999: 385) Diese neuen Perspektiven umfassen besonders auch die Auseinandersetzung mit sexueller Orientierung. Andere TheoretikerInnen versuchen, die Aspekte race, class und gender bei Untersuchungen zu berücksichtigen. Der klassischen feministischen Filmtheorie wurde vorgeworfen, dass sie von einem sehr dezidierten sozialen Standpunkt aus spricht, und zwar von einer Position der weißen, heterosexuellen Mittelschicht - die Kategorie Frau wird verallgemeinert und als universal gesehen, Unterschiede werden ignoriert. TheoretikerInnen wie Jacqueline Bobo oder bell hooks, die sich mit der Rolle der schwarzen Frau beschäftigen, machten diesen Umstand sichtbar und brachten entscheidende neue Impulse in das Forschungsfeld. Bisher ausgeschlossene Gruppen sollen in den Diskussionen berücksichtigt werden, die Kategorie Frau erscheint als historisch und kulturell spezifisches Konzept. Desweiteren wird es schwierig, nur einen Begriff von Differenz, die Geschlechterdifferenz, zu privilegieren. Ien Ang und Joke Hermes sehen Gender nur als eine von vielen Achsen, entlang der im Prozess des Zuschauens Identität konstruiert wird, eine Genderpositionierung kommt zum Teil zum Tragen, zu einem anderen Teil aber nicht, sexuelle Differenz ist nicht immer im Spiel. (Thornham 1997: 165, Warth 1992: 76 - 77)

Weiters wird verstärkt versucht, Untersuchungen des Textes und der Rezeptionsseite noch mehr zu verknüpfen, da Arbeiten wie jene von Walkerdine, die weiter oben vorgestellt wurde, bisher nur vereinzelt auftreten. Hipfl lokalisiert 1995 noch immer eine deutliche Trennung der Arbeiten, die mit psychoanalytischen Methoden arbeiten, und solchen, die zu den Cultural Studies gerechnet werden. (Hipfl 1995: 167) Die verschiedenen Ansätze sind nicht einfach zu vereinen. Doch, wie Hipfl meint, "auch in ethnografischen Arbeiten werden nicht 'reale' Zuschauerinnen erfasst, sondern es werden die Zuschauerinnen von den Forscherinnen konstruiert." (Hipfl 1995: 169) Dabei wird den Zuschauerinnen gerne eine widerständige Rolle zugeschrieben. Deshalb erscheint es Hipfl wichtig, die Position der ForscherInnen jeweils mitzureflektieren. "Zunehmend wird eine fruchtbare Weiterentwicklung dieses Forschungsbereiches darin gesehen, dass es zu einer stärkeren Verbindung der beiden Zugänge kommt." (Hipfl 1995: 169) Vorteile beider Ansätze können so genutzt werden. (Hipfl 1995: 167 - 169, Braidt/Jutz 1999: 385 - 386) In Österreich, etwa an der Universität Wien, gibt es derzeit Bestrebungen, sowohl die Filmwissenschaften, als auch Gender Studies und Cultural Studies zu institutionalisieren, interdisziplinäre Module sollen entwickelt werden, ein Schritt, der in den anglo-amerikanischen Ländern schon vor längerem gesetzt wurde. Eine Ende des akademischen jet-lag in diesen Bereichen ist somit in Sichtweite gerückt.

2 Cyborgs im Film

Geschichten mit fiktiven künstlichen Menschen gibt es seit langer Zeit. Ein bekanntes Beispiel ist etwa die Figur des Golems aus jüdischen Legenden des 16. Jahrhunderts, von der Stummfilmzeit bis heute wurde der Stoff der Golem-Geschichte immer wieder verfilmt. Fritz Langs Film Metropolis (1927) mit der Roboter-Frau Maria ist das einflussreichste der frühen Filmwerke, die künstliche Wesen in das Zentrum der Narration stellten. Einer der weiteren Meilensteine dieses Science Fiction Subgenres ist Forbidden Planet (1956), der zu vielen Diskussionen führte. In den 70er Jahren entstanden viele Filme, die sich mit dem möglichen Einfluss von künstlicher Intelligenz auf das Leben der Menschen beschäftigen. Computer wurden zu dieser Zeit immer wichtiger und begannen, das Leben vieler zu beeinflussen. Einige der Filme dieser Zeit sind Westworld(1973), The Stepford Wives(1975) und Demon Seed(1977). Filme der 80er Jahre, wie etwa Blade Runner, zeigen die Grenze zwischen Menschen und künstlichen Wesen als sehr fragil, sie können nicht auf den ersten Blick unterschieden werden. (Telotte 1995: 18 - 19) Die Cyborg-Figur wurde nach Donna Haraways "Manifesto for Cyborgs" von 1985 sowohl in den Cultural Studies als auch in den Gender Studies sehr wichtig, die Verbindung zwischen Menschen und Maschinen wurde mit Hilfe dieser Metapher neu gedacht. Telotte meint, dass das Bild des künstlichen Menschen in Form von Robotern, Androiden, Cyborgs und ReplikantInnen das Kino in den letzten zwei Dekaden dominiert hat. In seinem Buch "Replications" bezeichnet er die Interaktion zwischen den Menschen und dem Technologischen als das Kernstück des Science-Fiction-Genres, in der Figur der Roboter, Androiden und Cyborgs hat das Genre Science Fiction ein Bild für zeitgenössische Begriffe des Selbst gefunden und eine effektive Metapher für Andersheit, welche bei heutigen Diskussionen über Gender, Ethnie und sexuelle Orientierung so wichtig ist. (Telotte 1995: 5 - 7, Kirkup 2000: xiii)

Haraways Cyborg-Metapher

A cyborg is a cybernetic organism, a hybrid of machine and organism, a creature of social reality as well as a creature of fiction. (Haraway 1991b: 149)

Haraway beschreibt die Cyborg5 in ihrem Manifest von 1985 einerseits als Wesen der Fiktion, andererseits als Wesen der sozialen Realität, sie geht davon aus, dass bereits viele Menschen Cyborgs sind. Auch Hayles und Dery meinen in Anlehnung an Haraway, dass Cyborgs bereits existieren und gehen von etwa 10 % der US-Bevölkerung aus, die im technischen Sinne Cyborgs sind, da sie beispielsweise elektronische Herzschrittmacher, künstliche Gelenke, implantierte Kontaktlinsen oder künstliche Haut verwenden. (Hayles 1995: 322, Dery 1996: 23)

Donna Haraway behandelt in dem Artikel die Problematik, die bereits am Ende des Kapitels Filmtheorien und Gender besprochen worden ist, und zwar die Kategorien Frau und Mann als universelle Kategorien zu verwenden. Identitäten erscheinen widersprüchlich und partiell, Gender erscheint ihr genauso wenig als Basis für einen Glauben an eine essentielle Einheit geeignet wie andere soziale Kategorien:

It has become difficult to name one's feminism by a single adjective - or even to insist in every circumstance upon the noun. Consciousness of exclusion through naming is acute. Identities seem contradictory, partial, and strategic. With the hard-won recognition of their social and historical constitution, gender, race, and class cannot provide the basis for belief in 'essential' unity. There is nothing about being 'female' that naturally binds women. There is not even such a state as 'being' female, itself a highly complex category constructed in contested sexual scientific discourses and other social practices. Gender, race, or class consciousness is an achievement forced on us by the terrible historical experience of the contradictory social realities of patriarchy, colonialism, and capitalism. (Haraway 1991b: 155)

Haraways Cyborg-Manifest ist nicht nur eine Kritik am westlichen Weltbild, sondern unter anderem auch eine Kritik an Theorien von Ökofeministinnen, die eine Dichotomie zwischen einer organischen und einer technologischen Welt weiterschreiben. (Lykke 1996: 23, Dery 1996: 244) Haraways Cyborg ist ein Versuch, mit Hilfe der Cyborg-Metapher einen Weg aus Dualismen durch einen neuen vereinenden Mythos zu finden, sie verkörpert die Konzeption eines fragmentierten, partialen und unabgeschlossenen Selbst. Ihre Cyborg beschreibt sie als ein hybrides Wesen, das sowohl Organismus als auch Maschine ist, Cyborgs treten als Wesen einer Post-Gender-Welt auf:

The cyborg is a creature in a post-gender world; it has no truck with bisexuality, pre-oedipal symbiosis, unalienated labour, or other seductions to organic wholeness through a final appropriation of all the powers of the parts into a higher unity. (Haraway 1991b: 150)

Haraway geht auf die problematische Herkunft der Cyborgs ein, die aus einem militärischen Umfeld und innerhalb eines patriarchalen kapitalistischen Systems entstanden sind. Cyborg ist ein Begriff, der in den 60er Jahren von Manfred Clynes geprägt wurde. Modifizierte Menschen sollten produziert werden, um Raumfahrten auch in der für Menschen feindlichen Umgebung des Weltalls möglich zu machen. Der organische Körper der Cyborgs ist entweder genetisch konstruiert oder besteht zu einem Teil aus organischem Material, zum anderen Teil aus nichtorganischen mechanischen oder elektronischen Implantationen oder Prothesen. Haraway meint zu der militärischen Herkunft der Cyborgs weiter, dass illegitime Nachkömmlinge oft besonders untreu gegenüber ihrer Herkunft sind und ihre Herkunft schlussendlich unwesentlich ist. (Kirkup 2000: 8, Sim 1998: 219, Haraway 1991b: 151) Die Grenzen zwischen Mensch und Tier lösen sich laut Haraway auf, Sprache, Werkzeuggebrauch, soziales Verhalten - nichts davon konnte überzeugend die Grenze zwischen Mensch und Tier aufrechterhalten, sie wird darüber hinaus zunehmend als unbedeutend betrachtet. Genauso sieht sie die Grenze Mensch - Maschine als durchlässig, Maschinen wirken zum Teil lebhafter als Menschen. In Blade Runner etwa erscheinen die ReplikantInnen weit lebendiger als ihre menschlichen ZeitgenossInnen. In einer Cyborg-Welt sieht Haraway eine Chance, dass Menschen keine Angst mehr haben, Verbindungen mit Tieren und Maschinen einzugehen, partielle Identitäten und widersprüchliche Standpunkte stellen kein Problem mehr dar. (Haraway 1991b:152 - 154) "The cyborg is a kind of disassembled and reassembled, postmodern collective and personal self. This is the self feminists must code." (Haraway 1991b: 163) Für FeministInnen sieht sie eine große Chance im Zusammenbrechen von klaren Grenzen zwischen Organismus und Maschine und ähnlichen Grenzen, die das westliche Selbst strukturieren. Matrizen der Herrschaft könnten gleichzeitig zusammenbrechen und neue Möglichkeiten eröffnen. (Haraway 1991b: 174)

Haraway's essay has been rightly criticised for its tendency towards technological determinism and the level of generality in its political analysis, but the persuasiveness and force of its utopian vision is, nonetheless, undeniable. (Wolmark 1999: 5)

Das Cyborg-Manifest war der Auslöser für einen regelrechten Boom der Beschäftigung mit der Cyborg-Metapher im anglo-amerikanischen Raum. Das Zitat von Wolmark zeigt die Bandbreite der Reaktionen auf Haraways Artikel auf, der oft kritisiert wurde, aber dennoch eine überzeugende Vision bot, an die viele TheoretikerInnen in der Folge anknüpfen konnten.

Balsamo: Cyborgs im Film

Cyborgs are the postmodern icon. From children's plastic action figures to RoboCop's titanium exoskeleton, cyborg-ian artifacts will endure as relics of an age obsessed with replication. (Balsamo 2000: 149)

Eine weitere wichtige Theoretikerin, die sich mit dem Thema Cyborg beschäftigt, ist Anne Balsamo. 1988 veröffentlichte sie ihren Artikel "Reading Cyborgs Writing Feminism", den sie im Jahr 1996 in ihrem Buch "Technologies of the Gendered Body. Reading Cyborg Women" aktualisierte und erweiterte (Balsamo 2000, Balsamo 1996a). Sie untersucht Cyborg-Bilder im Film, Cyborgs schreibt sie den Status einer wichtigen postmodernen Ikone zu. Sie werden als Symbol sowohl von technik-kritischer als auch von technik-freundlicher Seite verwendet. Balsamo sieht sie als Produkt von kulturellen Ängsten und Wünschen. Cyborgs repräsentieren eine Andersheit, die die Stabilität der menschlichen Identität in Frage stellt:

Variously used as a symbol of anti-technological sentiments or of the possibilities of 'better living through chemistry' cyborgs are a product of cultural fears and desires that run deep within our psychic unconscious. Through the use of technology as the means or context for human hybridization, cyborgs come to represent unfamiliar 'otherness,' one which challenges the connotative stability of human identity. (Balsamo 2000: 149).

Balsamo beschäftigt sich auch mit Haraways Ansatz. Sie meint, dass Donna Haraway wie andere TheoretikerInnen, etwa Michel Foucault, den Körper als kulturellen Text interpretiert. Der Körper wird dabei als diskursive Konstruktion gesehen und kann deshalb gelesen werden, Gender erscheint in diesem Kontext als konstruierter Effekt, der auf der Ebene des Körpers produziert wird.6 (Balsamo 1996b: 35) Balsamo bezeichnet Haraways Cyborg-Manifest als neue Fiktion der feministischen Identität, die Beziehung von feministischen Theorien zu Technik und Wissenschaft wird durch Haraways Artikel neu bewertet. (Balsamo 2000: 152) Jedes Cyborg-Bild konstruiert implizit eine Gegenüberstellung von Maschinen und Menschen, wobei abwechselnd sowohl Ähnlichkeiten als auch Unterschiede hervorgehoben werden:

Consider a continuum which has at one extreme the characteristics associated with machines and technology and, at the other extreme, the characteristics of humans and organic society. How are the end points identified? Machines are rational, artificial and durable; humans are emotional, organic and mortal. Every cyborg image constructs an implicit opposition between machine and human; at once repressing similarities and highlighting distinctions. This is the science fictional character of the cyborg - it is a hybrid, but the specific traits which mark its human-ness and machine-ness vary widely. (Balsamo 2000: 149)

Bei den Cyborgdarstellungen variieren die spezifischen Kennzeichen für Menschlichkeit bzw. Maschinenhaftigkeit jedoch beträchtlich. Anne Balsamo geht auf die Nützlichkeit der Cyborg-Metapher von Haraway im Kontext ihrer Repräsentationen im Science-Fiction-Film ein. In der Mehrzahl der Repräsentationen findet Balsamo dominante Ideologien bestätigt, wobei das herkömmliche Verständnis von Menschen, Maschinen und Gender reproduziert wird. Die Ambiguität des Mensch-Maschine-Konstrukts, wie von Haraway beschrieben, kann Balsamo nicht finden. In den Mainstream-Filmtexten (The Terminator, RoboCop, Blade Runner) findet sie Genderstereotype lediglich untermauert. (Balsamo 2000: 156) Allerdings ist sie der Meinung, dass weibliche Cyborgs mehr dazu tun, den Dualismus Mensch und Maschine herauszufordern, weil Weiblichkeit konventionell als weniger kompatibel mit Technologie kodiert wird als Männlichkeit. Sowohl Frauen als auch Cyborgs teilen ihre Konstruktion als Anderes.

Cyborg images reproduce cultural gender stereotypes. I want to argue, however, that female cyborg images do more to challenge the opposition between human and machine than do male cyborgs because feminity is culturally imagined as less compatible with technology than is masculinity. (Balsamo 2000: 151)

Als ein Beispiel nennt sie die Replikantin Rachael aus Blade Runner, der Film wird im nächsten Kapitel, Blade Runner, im Detail besprochen.

Holland: Das kartesianische Weltbild im Cyborgfilm

Samantha Holland behandelt in ihrem Artikel "Descartes Goes to Hollywood: Mind, Body and Gender in Contemporary Cyborg Cinema." von 1995 besonders den kartesianischen Dualismus im Cyborg-Film, das heißt die Körper-Geist-Trennung, die über so lange Zeit der traditionellen Philosophie als Basis diente. Kartesianismus bezeichnet die Philosophie von Descartes (=Cartesius) und seinen NachfolgerInnen, wobei das menschliche Bewusstsein, der Körper-Geist-Dualismus und mathematischer Rationalismus eine besondere Rolle spielen. Macauley meint, dass die kartesianische Familie über Plato und Descartes bis zu Kybernetik und Künstlicher Intelligenz Geschichten produziert hat, die von Geistern ohne Körper erzählen: "The Cartesian Family (grandfather Plato, Descartes and progeny: Cybernetics, Cognitive Sciences, Artificial Intelligence, Robotics and Cyberpunk tales) has been telling us best-selling stories for a long time: minds without bodies, mental skills rather than embodied and situated collective performances." (Macauley 1995: 437) Viele Filme beschäftigen sich mit dieser philosophischen Thematik, aber wenige so explizit wie der Cyborgfilm. Auswirkungen von Technik auf das menschliche Selbst werden hervorgehoben. Die Beziehung von kartesianischen Dualismen der traditionellen Philosophie und dem Gender-Dualismus wird im Cyborgfilm besonders interessant:

Many contemporary films take up and enter into the traditionally philosophical debates surrounding the so-called 'mind-body problem' and the nature of the human 'self', but few do so more explicitly than those centring on the representation of what is popularly referred to as a cyborg. With their human/machine hybrids, these films foreground questions of dualism and personal identity especially clearly, and highlight contemporary concerns about the effects of technology on the human 'self' in the present and the future. The cyborg film is particularly interesting when considering the relationship between the Cartesian (or Cartesian-influenced) dualisms of traditional philosophy and those dualisms of gender that, arguably, underlie and inform such a conceptual division. (Holland 1995: 157)

Auch Samantha Holland kann in aktuellen Cyborgtexten die androgynen Wesen Donna Haraways nicht finden, die Gendergrenzen bedeutungslos werden lassen. Während die Grenzen zwischen Mensch und Technik verschwimmen, werden Gendergrenzen weit weniger flexibel behandelt. Repräsentationen von Technik sind seit langer Zeit geschlechtlich kodiert>7, Diskussionen über Genderrollen haben sich oft implizit an Descartes' System der Unterscheidung von Geist und Körper angelehnt, um ihre Positionen zu rechtfertigen. Samantha Holland weist darauf hin, dass Cyborgs im Film nicht nur in menschlichen Körpern auftreten, sondern alle sehr weiblich oder sehr männlich in Erscheinung treten:

After all, if we look at the Terminator, RoboCop, Eve 8 (in Eve of Destruction) or Cherry 2000, it is clear that each and every one of them has a highly gendered appearance in addition to the fact that they have bodies - rather than just minds/computers - at all. While it may be understandable that cyborgs have humanoid bodies and even the appearance of human beings - especially when they are used as 'infiltration units' - this does not in itself fully explain or justify the highly muscled and exaggeratedly gendered nature of their bodies. Rather, the cyberbodies are represented in such a highly gendered way to counter the threat that cyborgs indicate the loss of the human bodies, where such a loss implies the loss of the gendered distinctions that are essential to maintaining the patriarchal order (which is based on exploiting difference). (Holland 1995: 159)

Während es noch verständlich ist, dass Cyborgs in menschlicher Form auftreten, besonders wenn sie als Infiltrationseinheiten wie in den Terminator-Filmen benutzt werden, ist nicht ganz klar, warum so übertriebene weibliche oder männliche Körper eingesetzt werden. Holland geht davon aus, dass diese Art der übertrieben geschlechtlichen Körper einen Ausgleich zu der Bedrohung bilden, die von Cyborgs ausgeht, und zwar der des Verlustes des menschlichen Körpers. Dieser Verlust impliziert den Verlust der Gender-Unterscheidungen, die die Basis für die Erhaltung der patriarchalen Ordnung darstellen, welche wiederum auf der Ausbeutung von Differenz basiert. Trotzdem sieht sie die Repräsentationen nicht als einfache Stereotype, sie können als einfache Verstärkungen der traditionellen Gendervorstellungen gelesen werden oder als hysterische Überkompensationen für eine Krise der Definitionen von Gender:

However, there are complexities surrounding the representation of gender in the films: they are not simply stereotypical representations of masculine men and feminine women. Most notably, the pumped-up hyper-masculine bodies of the male cyborgs can be read either as straight reassertions of hegemonic masculinity, or as hysterical over-compensation for a masculinity in crisis. (Holland 1995: 166)

Weiter meint Holland jedoch, dass die Konstruiertheit der Cyborgs selbst eine Konstruiertheit von Gender offenlegt, egal wie stereotyp die Cyborgs in bezug auf Gender in Mainstream-Filmen, wie etwa den Terminator-Filmen, gezeichnet werden. (Holland 1995: 166)

Springer: Die Geschichte von Technik und Gender

Technology has no sex, but representations of technology often do. (Springer 1996: 8)

Technik hat kein Geschlecht, aber Repräsentationen von Technik werden oft geschlechtskodiert gezeigt - auch Cyborgs im Film werden in Körpern gezeigt, die meist eindeutig geschlechtskodiert sind. Claudia Springer zeichnet in ihrem Buch "Electronic Eros. Bodies and the Desire in the Postindustrial Age" eine Geschichte der Verbindung von Technik mit Genderrollen auf. (Springer 1996) Mechanische Objekte werden seit Jahrhunderten mit weiblicher oder männlicher sexueller Charakteristik in Verbindung gebracht, Repräsentationen von Maschinen wurden lange Zeit dafür benutzt, Ideen über sexuelle Identität und Genderrollen auszudrücken. Vor dem industriellen Zeitalter wurde Mechanik oft eher als mystisch denn als physikalisch kräftig wahrgenommen, die Funktionsweisen der Automaten waren versteckt. Erst während des 16. Jh. wurde begonnen, Mechanik zu demystifizieren, Illustrationen und Texte erklärten die Funktionsweise der Maschinen. (Springer 1996: 100) Im 17. und 18. Jahrhundert wurden mit der Aufklärung Menschen als erhaben über Tiere und vom Menschen Gemachtes definiert, sie wurden als etwas Einzigartiges und mit Vernunft Gesegnetes gesehen. Während der Industrialisierung änderte sich die Beziehung Mensch - Maschine allerdings. Maschinen wurden zunehmend als überlegen über den menschlichen Körper betrachtet, die Unterscheidung zwischen Mensch und Maschine hatte sich verändert. Maschinen des Industriezeitalters wurden oft mit Männlichkeit verglichen, Schiffe beispielsweise als weiblich kodiert. Im späten 20. Jh. wurde die Grenze zwischen Mensch und Maschine noch unklarer, besonders durch die zunehmende Abhängigkeit der Menschen von Technologie. Vergleiche des Menschen mit der Maschine wurden alltäglich, Menschen identifizierten sich mit Maschinen und beschrieben sich selbst als maschinenartig. (Springer 1996: 17 - 18) Das Konzept der Verbindung von Maschinen mit Menschen wurde mit der Vorstellung von Cyborgs, teils Maschine und teils Mensch, noch einen Schritt weitergetragen. Heute findet sich diese Figur auf allen Ebenen unserer Kultur wieder:

The idea of human interchangeability with machines has been pushed even further by those who imagine that humans and machines are merging to form a new hybrid entity: a cybernetic organism, or cyborg. The figure of the cyborg - part human and part machine - is now common in fiction, films, television, comic books, magazines, computer games, and video games and can also be found in the works of scientists and contemporary cultural theorists. (Springer 1996: 18)

Roboter sind im Gegensatz zu Cyborgs gänzlich mechanische Figuren in beliebiger Form und Größe und repräsentieren die Ängste des Industriellen Zeitalters, Cyborgs sind dagegen durch das Überschreiten von Grenzen definiert:

Robots represent the acclaim and fear evoked by industrial-age machines' ability to function independently of humans, but cyborgs incorporate rather than exclude humans, and in so doing they erase the distinctions that previously were assumed to distinguish humanity from technology. Transgressed boundaries, in fact, define the cyborg. (Springer 1996: 58)

Darstellungen von Robotern wurden oft in Science Fiction eingesetzt, meist als gefährliche Wesen, die eine Bedrohung für die Menschheit darstellen. Die Vorgänger der Roboter waren Automaten. Sie gehörten zu einer Zeit, in der Maschinen noch mystisch waren, Roboter zum Industriezeitalter der Fabriken. Springer meint, dass unser Informationszeitalter das Konzept von Technik als unverständlich und mystisch wieder zurückbringt. Computerhardware mit ihren mikroskopisch kleinen Teilen ist unsichtbar, für Laien bleibt die Funktionsweise und Komplexität des Rechners ein Geheimnis. (Springer 1996: 101-2) Computer werden heute abwechselnd mit klassischen weiblichen oder männlichen Metaphern versehen. "The design of a computer does not immediately evoke either male or female attributes; if anything, it presents a bland and asexual surface." (Springer 1996: 9) Der Computer bietet eine blanke Oberfläche, auf die beliebig projiziert werden kann. Im Gegensatz zu den Maschinen des Industriezeitalters funktioniert elektronische Technik leise und relativ passiv, trotzdem leben alte Metaphern für die Darstellung von Technik im Informationszeitalter weiter. Heute werden Computer nach Power, also Kraft, verglichen, obwohl es bei den Prozessoren um Rechengeschwindigkeit und nicht um physische Kraft geht.

Hans Moravec beschreibt in seinem Buch "Mind Children" die Möglichkeit, dass in der Zukunft der Geist eines Menschen auf einen Rechner transferiert werden kann und somit der Körper eines Menschen keine Rolle mehr spielt. Mehrere Kopien eines Menschen werden möglich, herkömmliche Ordnungskategorien wie Gender und Ethnie verlieren an Bedeutung. Moravec steht hier exemplarisch für eine Gruppe von TheoretikerInnen, die diese Art von Mensch-Computer-Uploads als mögliche zukünftige Entwicklung darstellen. (Moravec 1988: 112) Ganz im Gegensatz zu den Software-Cyborgs von Hans Moravec, die auf einen Körper verzichten können, wird in Mainstream-Filmen allerdings Körperlichkeit noch betont, womit auch Genderfragen in den Vordergrund rücken:

In heightening gender difference popular culture's cyborg imagery has not caught up with scientist Hans Moravec, who tells us that there will be no genders in the mobile computers that will retain human mental functions on software once the human body has become obsolete, except perhaps 'for some theatrical reason. I expect there'll be play, which will be just another kind of simulation, and play may include costume parties'. (Springer 1996: 67)

Bei elektronischer Technik ist weniger physische Kraft gefragt als Miniaturisierung und Schnelligkeit. Obwohl sich Technologie in den letzten Jahrzehnten sehr verändert hat, hängen Repräsentationen von künstlichen Wesen oft an anachronistischen Konzepten des unbesiegbaren schwer bewaffneten Cyborgs. Springer deutet dies als Widerstand gegen Neuerungen, die elektronische Technologien mit sich gebracht haben:

Electronic technology no longer evokes the metaphor of externally visible musculature; instead, its bodily equivalents are the concealed and fluid internal systems. Moreover, in their interaction with humans, computers offer a radically new relationship, one that no longer fortifies physical prowess. It is the miniaturization and stasis of electronic technology and the passivity of the human interaction with computers that these hypermasculine cyborgs resist. (Springer 1996: 111)

Springer lokalisiert Cyborg-Filme innerhalb der größeren diskursiven Konflikte über Gender-Metaphern in unserer Kultur. Dabei werden des Öfteren Metaphern der industriellen Vergangenheit herangezogen, um das neue elektronische Zeitalter filmisch zu beschreiben. Neue elektronische Technologien haben einen Wandel der Darstellungen von Technik in einem Teil der popkulturellen Texte inspiriert, doch in anderen Texten werden Konventionen der industriellen Vergangenheit der westlichen Gesellschaft wiederverwertet. Letztere tendieren laut Springer dazu, die neue postmoderne soziale Ordnung abzulehnen und auch alle Veränderungen, die mit ihr gekommen sind. Auch bei den Terminatoren der Terminator-Filme wird eine geschlechtskodierte Darstellung der Cyborgs gewählt, obwohl der Mikroprozessor im T-101 in jeder beliebigen Verpackung arbeiten könnte. Springer verbindet diese Art der gewalttätigen Cyborgbilder mit einem diskursiven Anachronismus, Metaphern des 19. Jahrhunderts werden heraufbeschworen, um Veränderungen der neueren Zeit zu verleugnen:

Our postmodern age is marked by discoursive anachronisms that date from the exigencies of the industrial and resolutely patriarchal nineteenth century. Violent, forceful cyborg imagery participates in contemporary discourses that cling to nineteenth-century notions about technology, sexual difference, and gender roles in order to resist the transformations brought about by the new postmodern social order. (Springer 1996: 100)

Der Film The Terminator verwendet etwa verschiedenste Metaphern in der Repräsentation von Technik. Die Intelligenz der Maschinen der Zukunft wird zwar als Bedrohung identifiziert, allerdings wird diese Gefahr durch physische Kraft gezeigt.

Despite the concealed and mysterious intricacy of computers, cyborg imagery in the RoboCop and Terminator films relies on an external rather than an internal concept of mechanization. RoboCop and the Terminator, like robots, are distinguished by their large size and physical power, even though technology has become smaller and more passive since the industrial machines that inspired the idea of the robot. (Springer 1996: 102)

Claudia Springer beschäftigt sich in ihrer Analyse der Cyborgs auch eingehend mit Donna Haraways Cyborg-Metapher. Springer meint über Haraway, dass diese so wie einige andere feministische Theoretikerinnen versucht, Technik in feministischer Weise zu redefinieren. Als weiteres Beispiel nennt sie Valie Export. "Cyborg imagery so far has not widely realized the ungendered ideal Donna Haraway theorizes." (Springer 1996: 66) Auch Springer ist der Meinung, dass sich die Bilder von Cyborgs im Mainstream-Film bis jetzt noch nicht an das Ideal von Donna Haraway angenähert haben.

Film-Untersuchungen

Die nun folgenden drei Kapitel sind der praktische Teil dieser Arbeit über Cyborgs im Film. Darin werden die konkreten Repräsentationen des künstlichen Menschen untersucht. Sowohl Blade Runner als auch die zwei Filme der Terminator-Reihe beschäftigen sich zentral mit dem Thema Cyborgs. Diese Filme waren Gegenstand vieler theoretischer Untersuchungen, besonders Mitte der 90er Jahre. Ungefähr zehn Jahre nach der Veröffentlichung des Cyborg-Manifests von Donna Haraway kam es zu einem regelrechten Boom8 der theoretischen Beschäftigung mit der Cyborg-Metapher, die vorher beschriebenen Theorien sind nur eine kleine Auswahl davon. Die genannten Filme wurden dabei besonders häufig zur Analyse herangezogen, ganz im Gegensatz zum Genre Science Fiction an sich, das, wie bereits erwähnt, von filmtheoretischer Seite grundsätzlich bisher eher vernachlässigt wurde. Hier werden diese drei Filme im Detail vorgestellt. Die wichtigsten Theorien, die zu diesen Filmtexten entstanden sind, stehen im Mittelpunkt. Aufbauend auf die Analyse dieser vieldiskutierten Filme folgt eine kritische Betrachtung des Filmes I.K.U.- ein Film aus dem Jahr 2000, der die Cyborgmetapher von Haraway besser als die ersten drei Filme widerspiegeln kann. Filmtheoretisch ist dieser Film jedoch bisher unerschlossen. In den folgenden Kapiteln gehe ich jeweils auf die Produktionsbedingungen der Filme ein, wobei Rahmenbedingungen aufgezeigt werden, die für die richtige Einordnung der Filme wichtig sind. Fragen bezüglich der Finanzierung, den beteiligten Personen, dem kommerziellen und filmkritischen Erfolg werden beantwortet. Eine kurze Zusammenfassung des Plots der Filme erleichtert das Verständnis der anschließenden Analyse der Filme im Detail, wobei folgende Forschungsfragen beantwortet werden: Wodurch wird die Grenze zwischen Mensch und Maschine gekennzeichnet? Wie werden Technik und Gender dargestellt? Wird auf eine genderspezifische Darstellung bei den Cyborgs verzichtet? Kann bei den Cyborgs von Post-Gender-Wesen gesprochen werden?

Blade Runner

Blade Runner gehört zu den meistdiskutierten Filmen im Internet. Vor allem die Frage, ob der Protagonist des Films, Rick Deckard, ein Mensch oder ein Cyborg sei, wird mit einer unvergleichlichen Ernsthaftigkeit und Ausdauer diskutiert. Beginnen werde ich mit den Produktionsbedingungen und der Geschichte des Films. Anschließend wird das Weiterschreiben des Mythos Blade Runner im Internet behandelt. Die Grenze zwischen Mensch und Maschine wird als unbestimmbar gezeigt, Erinnerungen nehmen als identitätsstiftendes Element eine wichtige Rolle ein, Photografien sind Zeugen einer Vergangenheit. In Blade Runner sind sowohl Replikantinnen als auch Replikanten zu finden, Genderfragen stehen im Mittelpunkt des letzten Teils dieses Kapitels.

Produktionsbedingungen und Plot

Ridley Scott hatte sich bereits mit seinen außergewöhnlichen TV-Werbungen einen Namen gemacht bevor er sich dem Spielfilm zuwandte. Seine Werbungen haben beinahe soviel Aufmerksamkeit erregt wie Alien und Blade Runner, beispielsweise eine Werbung für Apple Computer. (Bergstrom 1991: 34) Die Produktion von Blade Runner war sehr chaotisch. Blade Runner sollte von einer kleinen Firma namens Filmways Pictures produziert werden, das Budget wurde ursprünglich mit 13 Millionen US-Dollar veranschlagt. Hampton Fancher produzierte basierend auf dem Buch "Do Androids Dream of Electric Sheep" mindestens acht verschiedene Drehbücher für den Film, doch die Zusammenarbeit mit dem Regisseur Ridley Scott war problematisch. Am Ende wurde noch ein zweiter Drehbuchautor hinzugezogen: David Peoples. Dieser ist auch für den Begriff Replikant als Bezeichnung für die Cyborgs des Films verantwortlich. Die Rechte für den Titel des Films wurden von William Burroughs gekauft, da der Titel von seinem Buch "Blade Runner: A Movie" übernommen wurde, diese Idee wiederum stammte von Fancher. Doch sobald das Skript Ende 1980 fertig war, zog sich Filmways von dem Projekt zurück. Der Produzent Michael Deeley fand drei neue Partner, The Ladd Company, Sir Run Run Shaw und Tandem Productions. Das Budget wurde erst mit 21,5 Millionen US-Dollar veranschlagt und später auf 28 Millionen US-Dollar erhöht. (Bukatman 2000: 18) Mit Alien, dem Film, den Ridley Scott unmittelbar vor Blade Runner gemacht hatte, wurde er zum neuen Regie-Star in Hollywood. Mehr als 100 Millionen US-Dollar hatte dieser Film eingespielt. Das Einspielergebnis des ersten Wochenendes von Blade Runner war mit nur ca. sechs Millionen US-Dollar katastrophal (IMDb 2002), insgesamt kam es zu einem Verlust von 12 Millionen US-Dollar. Der Grund für diesen finanziellen Flop wurde vor allem in der kritischen Haltung von ZuseherInnen und FilmkritikerInnen gesehen.

Philip K. Dick schrieb den Roman 'Do Androids Dream of Electric Sheep' im Jahre 1968. Dick war ein sehr produktiver Science-Fiction-Autor, insgesamt schrieb er zwischen 1952 und 1982 über 40 Romane und ungefähr 120 Kurzgeschichten. (Schnelle 1997: 6) Nach dem Erscheinen des Films Blade Runner gab es ein regelrechtes Dick-Revival, doch kurz vor der Premiere von Blade Runner starb Dick an einer Herzattacke im Alter von 53. Nach seinem Tod wurden noch einige andere seiner Werke verfilmt. Der Schauspieler Harrison Ford war bereits vor Blade Runner ein Star, zwischen Scott und Ford gab es ebenfalls viele Probleme. Für Sean Young (Rachael) und Rutger Hauer (Roy Batty) bedeutete der Film einen Karriereschub, auch Daryl Hannah (Pris) war bislang nur in Nebenrollen zu sehen gewesen. Joe Turkel, der den Konzernchef Tyrell verkörpert, war vorher schon als Barkeeper in Stanley Kubricks The Shining zu sehen, Aufnahmen aus diesem Film wurden auch für die Version von Blade Runner verwendet, in der es ein Happy End für Rachael und Deckard gibt und sie mit dem Auto durch eine grüne Landschaft fahren.9Eine besonders wichtige Rolle spielen auch in diesem Science-Fiction-Film Spezialeffekte. Die Arbeiten in diesem Bereich, hauptsächlich gestaltet von Douglas Trumbull, tragen entscheidend zum 'Look-and-Feel' des Films bei. Er baute zum Beispiel ein über zwei Meter hohes Modell der Tyrell Pyramide, eines der auffälligsten Gebäude im Film Blade Runner. Trumbull hat sich später von Hollywood-Produktionen abgewandt, weil er weiter experimentieren wollte, und ist heute einer der Vize-Präsidenten der IMAX Corporation. (Bukatman 2000: 24 - 28) Blade Runner zeichnet sich durch einen "Retrofitted look" aus, die Szenerie wirkt zugleich neu und abgenutzt:

No-thing is lost in these films; every-thing remains. And 'remaindered,' things begin to look both shabby and newly strange, begin to serve new functions, to adhere together in new combinations and take on a new 'style'. Syd Mead, Blade Runner's visual consultant, speaks of 'retrofitted utilization'. (Sobchack 1997: 263)

Der Film bietet einen Kontrast zu den sauberen, geometrisch aufgebauten Bildern anderer Science-Fiction-Filme, wie etwa 2001 (1968). (Bergstrom 1991: 34)Grant weist darauf hin, dass populäre Science-Fiction-Filme wie etwa The Terminator fast ausschließlich spektakuläre Action und somit hauptsächlich sinnliches Spektakel bieten. Andere Science-Fiction-Filme, wie etwa Blade Runner, beschäftigen sich laut Grant auch nur vorgeblich mit humanistischen Botschaften, im Vordergrund stehen überwältigendes Design und Spezialeffekte, Charaktere bleiben relativ unentwickelt. (Grant 1999: 28) Die Architektur in Blade Runner wurde oft diskutiert: "The postmodern aesthetic of Blade Runner is thus the result of recycling, fusion of levels, discontinuous signifiers, explosion of boundaries, and erosion". (Bruno 1990: 185) Bruno bezeichnet den "retrofitted look" von Blade Runner als postmoderne Ästhetik, die das Ergebnis etwa von Recycling darstellt.

Im Ranking der Top-250-Movies in der Internet Movie Database ist Blade Runner im Jänner 2002 auf Nummer 66 zu finden, der Film ist trotz Anfangsproblemen mittlerweile zu einem großen Erfolg geworden und erlangte Kult-Status. (IMDb 2002)

Plot

Los Angeles 2019. In der düsteren Stadt wohnen nur mehr jene, die Gesundheitstests nicht bestanden haben oder es sich nicht leisten können, in den Kolonien im Weltraum zu leben. Die Stadt ist voll von blinkenden Werbungen. Der Blade Runner Rick Deckard hat den Auftrag, vier genetisch konstruierte Cyborgs zu töten. Diese ReplikantInnen, Pris, Zhora, Roy Batty und Leon, sind von einer Kolonie im Weltraum geflüchtet, um ihren Schöpfer, Dr. Tyrell, zu finden. Das Leben der ReplikantInnen der Nexus-6 Generation ist auf vier Jahre beschränkt. Tyrell soll ihnen helfen, ihr Leben zu verlängern. Allerdings ist es ReplikantInnen nicht erlaubt sich auf der Erde aufzuhalten, bei ihrer Flucht haben sie zudem Menschen ermordet. Um den neuen Voight-Kampff-Test auszuprobieren, der die Grenze zwischen Mensch und ReplikantIn markieren soll, fährt Deckard zur Tyrell-Corporation. Der Plan ist es, den Test erst an einem Menschen, Rachael, durchzuführen. Nach einem außergewöhnlich langen Test wird klar, dass Rachael ebenfalls eine Replikantin ist. Sie wurde mit Erinnerungen der Nichte von Dr. Tyrell ausgestattet und fühlte sich nicht zuletzt deshalb bis zu diesem Zeitpunkt selbst als Mensch. Erinnerungen dienen den Cyborgs als emotionaler Puffer, wodurch sie besser handhabbar werden sollen. Bilder stützen diese Erinnerungen. Deckard verliebt sich im Laufe des Films in die Replikantin Rachael, gleichzeitig ist er auf der Jagd nach den anderen ReplikantInnen. Deckard findet erst Zhora und erschießt sie nach einer kurzen Verfolgungsjagd, worauf hin Deckard von Leon mit einer Waffe bedroht wird. Rachael rettet Deckard das Leben indem sie Leon erschießt. Roy Batty gelingt es, zu Dr. Tyrell vorzudringen, der sich in einem Gebäude aufhält, das einer riesigen Pyramide gleicht und aus mehreren hundert Stockwerken besteht. Da auch Tyrell keine Lösung für das Problem der so kurzen Lebensdauer für Roy und seine Freunde hat, tötet Roy Tyrell. Währenddessen hat Deckard Pris erledigt. Am Ende kommt es zu einem langen Kampf zwischen Roy und Deckard in einem riesigen verfallenen Hochhaus, wobei Roy Deckard am Ende das Leben rettet und aufgrund seiner genetisch kodierten begrenzten Lebenszeit stirbt. Rachael und Deckard flüchten gemeinsam aus der Stadt.

Die Charaktere bei Blade Runner sind nicht so eindeutig als gut oder böse definiert wie es bei anderen Science-Fiction-Filmen oft gehandhabt wurde: "These works dichotomised good and evil and sent them into pitched battle. Blade Runner's world was neither so certain nor so resolved: it offered a framework of doubt." (Bukatman 2000: 34) Besonders die Frage, ob Deckard selbst ein Replikant oder ein Mensch ist, lässt Diskussionen zu Blade Runner selbst nach 20 Jahren nicht abreißen.

Versionen und Internet-Fangemeinde

Es gibt verschiedenste Versionen10 von Blade Runner. Reaktionen des Publikums und der KritikerInnen auf erste Testvorführungen in Dallas und Denver im März 1982 fielen katastrophal aus: "Most critics missed an overtly humanist side to the film - a clear indication as to what being human was and what it meant." ( Bukatman 2000: 34) Doch gerade das Stellen dieser philosophischen Fragen nach der Bedeutung des Mensch-Seins, und nicht das Beantworten, ist eine große Stärke des Films und führte zu endlosen Diskussionen über den Film. Tandem jedoch bestand auf Änderungen. Zwecks kommerzieller Verwertbarkeit wurden erklärende Voice-Overs von Deckard und ein Happy-End eingefügt. Für diese Schlussszene wurde übriggebliebenes Bildmaterial von einem anderen Film verwendet, und zwar von Stanley Kubricks The Shining. Zum zehnjährigen Jubiläum der Originalausgabe von Blade Runner wurde der Director's Cut veröffentlicht. Die Voice-Overs wurden wieder gänzlich gestrichen, ebenso das Happy-End. Eine kurze Szene mit einem Einhorn wurde hinzugefügt: "Its one addition, in which Deckard dreams of a unicorn, seemed in context to suggest that the central character was himself a replicant and thus overturned all prior audience assumptions about stable human identity and the dividing lines between self and other." (Brooker 1999: 58) Diese Einhorn-Szene ist für viele der Beweis, dass Deckard ein Replikant ist, da Gaff, ein Polizistenkollege von Deckard, ebenfalls ein Einhorn vor seiner Tür zurücklässt und dieser scheinbar seine Träume kennt. Vor allem auf Video war der Director's Cut ein sensationeller Erfolg, Blade Runner wurde zu einer der meistgeliehenen Videokassetten auf dem Markt. (Bukatman 2000: 34)

Indeed the video market has been crucial to the action cinema, which existed for so long within the low- to medium-budget end of feature-film production. A different kind of success is possible for both films and stars within the video market. Here movies get a second chance to make money and reach a different audience to those which they might address in the cinema. (Tasker 1993: 56)

Auf dem Videomarkt bekommen Filme eine zweite Chance, Geld einzuspielen. Es wird möglich, eine andere, zusätzliche Publikumsschicht zu erreichen.

Internet-Fangemeinde

Die Geschichte des Science-Fiction-Films Blade Runner lebt auch heute noch weiter. Einerseits wurde durch den Director's Cut anfang der 90er Jahre der Blade Runner-Hype verstärkt, aber auch Sekundärtexte wie CD-ROMs, Comics und Romane wie beispielsweise Blade Runner 2: The Edge of Human und Replicant Night von William K. Jeter schreiben die Geschichte weiter. 1997 wurde das Spiel Blade Runner von den Westwood Studios herausgegeben. Zum bevorzugten Primärtext der Fangemeinde wurde der Director's Cut. Material von Fans, oft sehr detail- und einfallsreich, ist ein weiterer Baustein zum Weiterleben der Figuren des Films. Diese Texte sind im Fall von Blade Runner weniger nostalgische Archivkollektionen als ergänzende Erzählungen, die die Grenzen des ursprünglichen Textes erweitern. Star Wars und Alien haben laut Brooker einen ähnlichen Status erlangt, allerdings sind die Diskussionen beispielsweise bei Alien weit weniger rigide und nicht mit solcher Ernsthaftigkeit verbunden. Die Grenzen zwischen professionellen und amateurhaften Produktionen verwischen im Internet, die offizielle Webpage des Films hat nicht automatisch einen höheren Status als eine gute Fanseite. Im Falle von Blade Runner liegt das Schwergewicht der Diskurse im Netz auf der Entdeckung von Wahrheiten, die sich auf den Primärtext stützen. Es wird versucht, aus vagen Andeutungen im Film Wahrheiten zu generieren. Die Geschichte des Films Blade Runner wird im Internet aktiv weitergeschrieben, ein Fan des Films zu sein kann dadurch auch bedeuten, die Narration des Films zu erweitern:

The hypertext of 1998 has, it becomes clear, very nearly caught up with the ESPERs and Voight-Kampff machines of 2019, and these sites make full use of that similarity to transform reading and viewing into writing and participating. You are no longer simply a fan of Blade Runner: you are part of the world of Blade Runner or even a blade runner yourself. (Brooker 1999: 60)

Mit einer sehr detailierten Recherche wird der Film beinahe Bild für Bild zerlegt und analysiert. Fragen und Antworten werden auf verschiedensten Plattformen im Internet sehr ernst genommen, Referenzen auf Szenen der zwei Filme oder auch auf Interviews mit Harrison Ford oder Ridley Scott sollen die Beweise liefern. (Brooker 1999: 61) Die Frage, ob Deckard selbst ein Replikant ist oder nicht, beschäftigt die Fangemeinde seit Jahren. Angeheizt wurde die Debatte durch ein Statement des Filmemachers im Juli 2000, wonach er ein Replikant sei. (Brooker 1999: 50ff, BBC News 2000) Die mystische Aura des Films wird dadurch verstärkt, dass auch im Director's Cut viele Ungereimtheiten zu finden sind. Die Anzahl der geflüchteten ReplikantInnen bleibt etwa unklar: "Even the director's cut retains 'mistakes', some considered deliberate and others - like the numerous contradictions over the exact number of escaped replicants - further expressions of the obscurity which has given the film its aura of myth." (Brooker 1999: 59) Diese Widersprüchlichkeiten werden von theoretischer Seite meist eher hervorgehoben als aufgelöst, definitive Antworten werden beispielsweise sowohl bei Judith B. Kermans Textsammlung zum Film als auch bei Scott Bukatmans BFI Buch vermieden. (Brooker 1999: 58 - 59, Kerman 1997a, Bukatman 2000)

Grenze Mensch - Maschine

'More human than human' is our motto. (Tyrell in Blade Runner zu Deckard)

In Blade Runner wird Technik auf verschiedensten Ebenen dargestellt. Die Stadt, in der der Film spielt, ist mit ihren blinkenden Werbungen und dem Flugverkehr der 'Spinners' (Autos, die auch fliegen können) ein einziges Technikgewühl. Der Voight-Kampff-Test wird mit einer besonderen Maschinerie durchgeführt. Die Esper-Maschine ist eine Art Computer, mit der Photos im Detail, auch dreidimensional, betrachtet werden können. Deckard etwa studiert mit dieser Maschine Leons Fotos und findet dabei in einem Spiegel versteckt das Foto der Replikantin Zhora. (Kerman 1997b: 16) Die künstlichen Wesen des Films Blade Runner bestehen aus genetisch konstruiertem Biomaterial. Sie sind mittels Technik im Labor entstanden, im Film spielt etwa ein Augenlabor eine Rolle. Es handelt sich bei diesen Cyborgs nicht um eine Verbindung von maschinellen mit biologischen Teilen, sondern die biologischen Komponenten selbst sind künstlich erschaffen worden. Die Bedrohung, die von den ReplikantInnen ausgeht, ist nicht mit der Gefahr in den Terminator-Filmen vergleichbar, in denen die gesamte Menschheit auf dem Spiel steht. Nichts deutet darauf hin, dass die Welt bedroht wäre, es handelt sich nur um einen Aufstand einiger SklavInnen in den Weltraumkolonien:

Though the film's plot suggests that the cyborgs pose no real threat of extinction, the movie itself introduces a very real and troubling threat - not so much to the characters in the film, but to the stability of the notion of the human that underwrites our actions, beliefs, meanings. Everything in the course of Deckard's 'detection' of the replicants leads him - and his audience - to a selfdetection of a different and disturbing sort: namely, the recognition of the undecidable nature of the opposition between human and its technological double. (Pyle 1993: 234)

Bedroht ist viel mehr die Stabilität der Bedeutung des Begriffs Mensch, Deckards Untersuchungen decken vor allem die Ununterscheidbarkeit des Gegensatzes zwischen Mensch und künstlichen Wesen auf. Die ReplikantInnen können nur mit erheblichen Schwierigkeiten von den Menschen des Films unterschieden werden, ganz im Gegensatz zu den Terminator-Filmen. (Bergstrom 1991: 35) Auch Bukatman meint, dass künstliche Wesen Definitionen der natürlichen Menschlichkeit in Frage stellen:

Synthetic human narratives, from Pygmalion to Pinocchio to Terminator 2, have always challenged, or at least made explicit, definitions of 'natural' humanity and its role or function. Defining the human provides most of Blade Runner's philosophical focus. Deckard gives empathy tests to suspected non-humans. Indeed, he might or might not be a replicant himself: 'How do you know you haven't retired a human by mistake?' Rachael asks him. 'Have you ever taken the test yourself?' (Bukatman 2000: 64 - 65)

Viele Diskussionen zum Film Blade Runner kreisen um das Thema, ob Deckard ein Replikant ist. Bukatman findet es wichtiger, diese Frage zu stellen als die Antwort zu finden. Und wenn Rachael Deckard danach fragt, ob er selbst jemals den Voight-Kampff-Test bestanden habe, geht es vielleicht weniger um seinen Mensch-Status als um seine Empathie-Fähigkeit, welche der Test finden soll. (Bukatman 2000: 80 - 83, Cavallaro 2000: 14) In Blade Runner spielen viele Tests eine Rolle. Es gibt einerseits Tests, die zwischen Mensch und Replikant unterscheiden sollen, andererseits solche, die entscheiden, wer gut genug ist, um in die neuen Welten emigrieren zu dürfen. Bukatman sieht diese Tests als Indikatoren für eine Krise der Definition des Menschlichen:

The novel and the film are filled with tests: there are tests to determine who's human, who's fit to reproduce, who's fit to emigrate. The obsession with boundaries, definitions and standards indicates that these definitions are in crisis. In Dick's novel, the Voight-Kampff scale measures empathic response - but there is discussion that human schizophrenics, those suffering from a 'flattening of emotional affect', would also fail the test. (Bukatman 2000: 69)

Der Voight-Kampff-Test ist eine Kombination von Methoden eines psychologischen Tests, eines Lügendetektors und eines Iris-Tests. Durch die Beobachtung von Veränderungen etwa der Pupille werden die emphatischen Reaktionen der Testpersonen gemessen, um so ReplikantInnen von Menschen unterscheiden zu können. Der Test ist allerdings nicht fehlerlos, auch einige schizophrene Menschen könnten ihn nicht bestehen. (Kerman 1997b: 19, Zons 2000: 280) Dabei wird entschieden, wer pensioniert wird: "It is called 'retirement', a word which connotes exclusion from the productive and active social order." (Bruno 1990: 190) Interessanterweise gibt es sowohl in den Terminator-Filmen als auch in Blade Runner keine Lebensformen zwischen dem Dualismus Mensch-Cyborg, wie etwa Menschen mit den künstlichen Augen, die für die ReplikantInnen entwickelt wurden. Im Film Blade Runner sind Menschen weit nicht so leidenschaftlich wie die künstlichen Wesen, die Cyborgs erscheinen menschlicher als Menschen. Claudia Springer meint in einem Artikel über Filme der 90er Jahre, dass menschliche Wesen im Science-Fiction-Film längst ihre Einzigartigkeit an Roboter, Androiden und Cyborgs verloren hätten:

Human beings in science-fiction films have already lost their uniqueness to robots, androids, and cyborgs. Replicants - genetically engineered androids -were touted as 'more human than human' by their corporate creators in the 1982 film Blade Runner, and the film's contrast between dejected humans resigned to a dreary existence dictated by corporate greed and the replicants' passionate intensity proves the motto depressingly true. (Springer 1999: 203)

Während die Menschen als EinzelgängerInnen gezeichnet werden, wie etwa Tyrell oder J. F. Sebastian, treten die ReplikantInnen als eine Gruppe von Freunden auf. Die Nachricht des Todes von einer von Ihnen führt etwa zu Bestürzung bei den anderen. Empathische Anteilnahme findet sich vielmehr bei den ReplikantInnen als bei den Menschen des Films. Die ReplikantInnen gehen Allianzen mit Menschen ein und sind auch untereinander gut vernetzt. Pris und Roy etwa gewinnen Sebastians Freundschaft, der ihnen in der Folge hilft, zu Tyrell vorzudringen. Rachael verbündet sich mit Deckard, wenn sie ihm das Leben rettet, indem sie einen anderen Replikant, Leon, tötet. Scott Bukatman bezieht sich in seinem Buch über Blade Runner auch auf Donna Haraway, und zwar besonders auf eine Stelle in ihrem Manifest, in der sie Maschinen als weit lebendiger beschreibt als Menschen:

Donna Haraway redefined the value of the cyborg in ways that are more relevant to Blade Runner's ambiguities. In her well-known 'manifesto for cyborgs' she argued for a feminist rereading of technological being in a world that has blurred distinctions between organism and machine. This is a 'border war' with high stakes: 'Our machines are disturbingly lively,' she noted (and this is Deckard's problem in a nutshell), 'and we ourselves frighteningly inert'. (Bukatman 2000: 73, Haraway 1991b: 152)

Der auffälligste Unterschied zwischen Menschen und ReplikantInnen ist die Lebenszeit von vier Jahren. Es bleibt unklar, ob es sich dabei um einen Sicherheitsmechanismus handelt, wie der Polizist Bryant am Anfang des Films erklärt, oder um ein Problem der Herstellung, das noch nicht gelöst werden konnte. Tyrell erklärt dem Replikanten Roy: "You were made as well as we could make you. The light that burns twice as bright, burns half as long." Nur Rachael scheint diese beschränkte Lebenszeit nicht zu haben, in einer Version mit Voice-Over meint Deckard, dass Tyrell ihn über die unbeschränkte Lebenszeit von Rachael informierte. (Bukatman 2000: 65, Kerman 1997b: 21) Den ReplikantInnen wird fehlendes Einfühlungsvermögen unterstellt, womit ihnen Rationalität zugeschrieben wird. Trotzdem ist das emotionale Leben der ReplikantInnen ab der ersten Szene, wo Leon einen Blade Runner erschießt, offensichtlich. Im Laufe des Films verstärkt sich diese Tendenz. Die Unterlegenheit der ReplikantInnen beruht lediglich auf gesetzlichen Bestimmungen und der beschränkten Lebenszeit:

They are not just physically and intellectually superior to humans; in the dehumanised world that Blade Runner presents, replicants are 'more human than human', just as Tyrell proclaims. Their inferior status is arbitrary, solely a function of legal definition and the 'fail-safe mechanism' of a severely restricted lifespan. (Bukatman 2000: 77)

Einerseits werden in Blade Runner herkömmliche Konzepte vom Menschlichen in Frage gestellt, andererseits ist der Film in Gender und ethnischen Aspekten sehr traditionell. "In many ways, of course, the film is very traditional (that is, reactionary) regarding gender and racial politics." (Bukatman 2000:74) Ängste vor urbanen ethnischem Pluralismen sind bemerkbar, besonders Asiaten werden auf eine rassistische Art und Weise dargestellt. Obwohl die Stadt einen Mix verschiedenster Kulturen darstellt, sind alle Hauptpersonen weiß. Bukatman erklärt die rassistischen Tendenzen damit, dass Anfang der 80er Jahre Japans expandierender ökonomischer Einfluss zu Wellen von hysterischem Rassismus in den USA führte. (Bukatman 2000:74)

In this disturbance between categories normally kept distinct (human/non-human), another dimension is added to the standard representation of differentiation by gender in mainstream fiction film. Where the basic fact of identity as a human is suspect and subject to transformation into its opposite, the representation of sexual identity carries a potentially heightened significance, because it can be used as the primary marker of difference in a world otherwise beyond our norms. (Bergstrom 1991: 35)

In Bezug auf Gender bemerkt Janet Bergstrom, dass die Repräsentationen von sexueller Identität besonders in Filmen hervorgehoben werden, die andere Kategorien, wie etwa die Grenze zwischen Mensch und Maschine, weniger rigide zeigen. Trotzdem meint Bergstrom weiter, dass sexuelle Differenz unvorhersehbar gezeigt wird, klassische Muster sexueller Zuschreibungen sind Änderungen unterzogen:

The value of sexual difference in these films, however, is postclassical in that it is unpredictable. The standard use of female identity to reinforce male (dominant, institutional) identity is no longer a regular pattern of narrative development. As narrative forms have moved away from the dominance of classical story motivation and structure, so too have classical patterns of sexual definition become subject to change. (Bergstrom 1991: 36)

In Blade Runner gibt es sowohl weibliche als auch männliche ReplikantInnen: Pris, Zhora, Roy, Leon, die Hauptprotagonistin Rachael und eventuell Deckard. Anne Balsamo untersucht in ihrem Artikel "Reading Cyborgs Writing Feminism" (1988) die Anwendbarkeit der Post-Gender-Cyborgmetapher von Haraway auf Repräsentationen im Science-Fiction-Film.11 Sie analysiert, bis zu welchem Grad Genderstereotype weitergeschrieben werden. Im Falle von The Terminator und Blade Runner kommt sie zu dem Schluss, dass Genderstereotype untermauert werden. Allerdings meint sie weiter, dass weibliche Cyborgs den Dualismus Mensch-Maschine weit mehr in Frage stellen als männlich kodierte Repräsentationen künstlicher Wesen, da Weiblichkeit konventionell als weniger kompatibel mit Technik kodiert wird wie Männlichkeit. (Janes 2000: 98, Balsamo 2000: 150 - 151) Deshalb sieht sie in der Figur der Rachael in Blade Runner eher eine Herausforderung an kulturelle Konventionen als etwa in der Figur des Terminators, obwohl sie ein tendenziell klassisches Frauenbild verkörpert. Sie geht davon aus, dass weibliche Cyborgs Vorstellungen der Beziehung zwischen Weiblichkeit und Technik verändern.

Rachel, the melancholy replicant from Blade Runner, is a recent female cyborg whose constructed 'nature' supposedly contradicts the myth of natural female identity. Not only is her body genetically constructed, she's been given memory implants borrowed from a 'real' woman. Rachel thinks she's human - she has memories of a mother, piano lessons, the birth of spider babies. (Balsamo 2000: 150)

Identität durch (prothetische) Erinnerungen

If we give them the past we create a cushion or pillow for their emotions and consequently we can control them better. (Tyrell zu Deckard in Blade Runner)

In Blade Runner werden Erinnerungen zu einer wichtigen Ressource für die Erschaffung von Identität. Tyrell erklärt, dass bei den ReplikantInnen eigenartige Verhaltensweisen entdeckt wurden; da sie nur wenige Jahre leben, sind sie emotional sehr unerfahren und haben nur wenig Zeit, Erfahrungen auf diesem Sektor zu sammeln. Durch eine Vergangenheit sollen die ReplikantInnen besser kontrollierbar werden, Erinnerungen werden zum Puffer für Gefühle. (Zons 2000: 281, Featherstone 1995: 4) Das Thema der Erinnerung ist zentral in Blade Runner. Einerseits zeigt der Film die Abhängigkeit der Menschen und ReplikantInnen vom Material, das Spuren der Vergangenheit in sich trägt. Für die Bildung von Identität erscheinen Hilfsmittel wie etwa Fotos sehr wichtig. Andererseits zeigt der Film, dass Erinnerungen nicht unbedingt der Beweis für gelebte Erfahrungen oder eine individuelle Vergangenheit sein müssen. Rachael etwa muss erkennen, dass ihre Bilder, die sie an ihre Kindheit erinnern, eigentlich für die Erinnerungen der Nichte von Tyrell stehen. Eine Schlüsselszene in diesem Kontext ist die Szene, in der Rachael Deckard ein Bild präsentiert, das ihre Mutter und sie als Kind zeigt, womit ihre menschliche Existenz bewiesen werden soll. Doch Deckard verwirft den Beweis und erzählt ihr eine ihrer Kindheitserinnerungen, die die Erinnerungen der Nichte von Tyrell sind und Rachael implantiert wurden. Allerdings umgibt sich auch Deckard mit vielen alten Familienfotos. Die Frage bleibt, ob seine vielen Fotos echt sind oder ob nicht auch seine Existenz auf künstlichen Erinnerungen basiert. Die ReplikantInnen sind mit "falschen" Erinnerungen programmiert, die eine weitere Auflösung des persönlichen Raums darstellen, sogar diese so privaten Territorien werden unsicher. (Bukatman 2000: 29) Die Fotografien kreieren eine Ersatzgeschichte, die den künstlichen Ursprung der ReplikantInnen überlagert. Allerdings ist es wichtig zu erkennen, dass auch für die Menschen Erinnerungen nicht gegeben sind, sondern ausgewählt, verzerrt oder auch zerstört werden können. Unsere Vergangenheit ist also bis zu einem gewissen Grad ebenfalls Konstruktion, damit auch unsere Identität. Die Tyrell Corporation hat für ihre Nexus 6 ReplikantInnen eine Fiktion von Zeit und Geschichte entworfen und in Form von Fotografien konserviert. Durch dieses Aufzeigen der Konstruiertheit von Geschichte werden Erinnerungen als Garanten der Wahrheit entwertet: "Memories are no more indelible than the paper a photograph is printed on; history is devalued as a guarantor of truth, stability and unified meaning. Photographs are constantly invoked as signs, but they are ultimately empty signs, signifiers of nothing." (Bukatman 2000: 80) Da synthetische Menschen, hier ReplikantInnen, essentialistische Konzepte von Identität in Frage stellen, zeigt sich Identität als Konstruktion, das Resultat von bewussten oder unbewussten sozialen und physikalischen Techniken: "But the value of Blade Runner as it exists, along with so much of Philip Dick's work, is that it makes us unreal - we are forced, or at least encouraged, to confront our own constructedness, and by confronting our selves, to remake them." (Bukatman 2000:80)

Reproduktion und Identität

Mary Ann Doane beschäftigt sich in ihrem Aufsatz "Technophilia: Technology, Representation, and the Feminine." von 1990 mit der Verbindung der Bedeutung von Erinnerungen und der Mutter in Blade Runner. Doanes Artikel baut auf die Psychoanalyse auf, besonders auf Kristeva; Reproduktion ist ihr Kernthema. Sie findet in Science-Fiction-Filmen eine Obsession auf Themen der Reproduktion, verbunden mit Fragen der Repräsentation und Geschichte. Sie meint, dass eine biologische Mutter einen eigenen Ursprung garantieren kann, neue Reproduktionstechnologien bieten diese Sicherheit nicht. Auch Bruno geht auf die Bedeutung der Mutter als Garant für eine eigene Geschichte ein, die für die Bildung von Identität wichtig sei: "The mother is necessary to the claiming of a history, to the affirmation of an identity over time." (Bruno 1990: 191) Doane interessiert sich besonders für den Einfluss von technischer Reproduktion auf psychoanalytische Kategorien der Identifikation und der sexuellen Differenz, weiter für die Verbindung zwischen Subjektivität und Wissen. Sie meint, dass neue Reproduktionstechnologien eine massive Bedrohung des Patriarchats darstellen. Doch während ein Teil der Science-Fiction-AutorInnen Technik für die Destabilisation von Genderkategorien heranzieht, gibt es auch einen anderen Teil, der versucht, konventionelle Auffassungen von Weiblichkeit weiterzutragen:

Although it is certainly true that in the case of some contemporary science-fiction writers - particularly feminist authors - technology makes possible the destabilization of sexual identity as a category, there has also been a curious but fairly insistent history of representations of technology that work to fortify - sometimes desperately - conventional understandings of the feminine. A certain anxiety concerning the technological is often allayed by a displacement of this anxiety onto the figure of the woman or the idea of the feminine. This has certainly been the case in the cinema, particularly in the genre which apparently privileges technophilia, science fiction. (Doane 1999: 20)

Doane meint, dass Ängste in bezug auf Technik auf die Figur der Frau oder auf die Vorstellung von Weiblichkeit projiziert werden, ganz besonders im Science-Fiction-Film. In Blade Runner zeigt sich laut Doane der Terror der mutterlosen technologischen Reproduktion, der durch die ReplikantInnen repräsentiert wird, als Angst über den Verlust von eigener Geschichte, Sicherheit und Wissen: "Here the terror of the motherless reproduction associated with technology is clearly located as an anxiety about the ensuing loss of history." (Doane 1999: 27) Eine andere Art der Reproduktion wird im Film in den Vordergrund gestellt, und zwar die Fotografie, die mit der technischen Reproduktion von Menschen in Verbindung steht. Der Status der Fotografie als Beweis einer eigenen Geschichte wird ebenfalls in Frage gestellt. Die zunehmende Unsicherheit von Kategorien der Differenz unterwandert die Basis des Wissens als solche: "Destabilization of categories of difference - not knowing how to 'tell the difference' (between human and non-human) - fundamentally undermines the basis of knowledge altogether." (Janes 2000: 95) Eine Szene in dem Film hebt Doane besonders hervor, wobei ein Kameraschwenk über Deckards Apartment über einem Klavier eine große Anzahl von Fotos zeigt, Zeugen einer Vergangenheit. Eines davon gehört Leon, dem Replikanten. Deckard untersucht dieses Foto in einer Maschine, der ESPER-Maschine, die er mit seiner Stimme steuern kann. Deckard ist ein Blade Runner, sein Job ist es, ReplikantInnen von Menschen zu unterscheiden. "To know in Blade Runner is to be able to detect difference - not sexual difference, but the difference between human and replicant." (Doane 1999: 28)

Es gibt zwar keine verkörperten Mütter in Blade Runner, aber das Konzept des Mütterlichen, die Verbindung zum Wissen über Ursprünge und subjektive Geschichte, sind trotzdem in diesem Filmtext wirksam, wie Doane meint. Bereits in der Eröffnungsszene wird einer der ReplikantInnen, Leon, bei einem Voight-Kampff Test nach seiner Mutter gefragt. Leon antwortet: 'Let me tell you about my mother', schießt auf den Tester und flüchtet. "The replicants are objects of fear because they present the humans with the specter of a motherless reproduction, and Blade Runner is at one level about the anxiety surrounding the loss of history." (Doane 1999: 29) Die ReplikantInnen sammeln Fotos, sowohl eines der Fotos von Leon als auch ein Foto von Rachael bekommt eine wichtige Bedeutung im Film. Letztere möchte Deckard davon überzeugen, ein Mensch zu sein. Sie selbst ist lange Zeit davon überzeugt, ein Mensch zu sein, später bekommt sie Zweifel: "With Rachael the system has reached perfection. She is the most perfect replicant because she does not know whether she is one or not." (Bruno 1990) Erreicht wird diese Unsicherheit im Film durch das Vorhandensein einer Erinnerung. Sie zeigt Deckard ein Foto, das sie und ihre Mutter zeigt. Doch Deckard verwirft den vermeintlichen Beweis ihrer eigenen Erinnerungen und damit ihrer menschlichen Identität mit dem Hinweis, dass ihre Erinnerungen implantiert und nicht ihre eigenen seien, sondern die der Nichte von Tyrell. Doane meint über Rachael:

Yet, Rachel can be conceived only as a figure drawn from an earlier cinematic scene - 1940s film noir - the dark and mysterious femme fatale with padded shoulders and 1940s hairdo, as though the reinscription of a historically dated genre could reconfirm the sense of history that is lost with technologies of representation. What is reproduced as ideal here is an earlier reproduction. (Doane 1999: 31)

Rachael erinnert an die Figur der femme fatale des Film Noir der 40er Jahre. Doane meint, dass dieses Wiederaufgreifen eines historischen Genres den Sinn für Geschichte, der mit der Idee der technologischen Reproduktion gefährdet ist, zurückbringen könnte.

Prothetische Erinnerungen

Alison Landsberg prägte den Begriff der 'prothetischen Erinnerungen', womit Erinnerungen gemeint sind, die nicht von den erlebten Erinnerungen einer Person kommen, sondern implantiert sind. Sie meint, dass Erinnerungen als generative Kraft in Erscheinung treten, eine Kraft, die nicht zurücktreibt sondern vorwärts. (Landsberg 1995: 175 - 177) Landsberg sieht das Kino als einen Ort der prothetischen Erinnerungen. Während in Dicks Roman 'Do Androids Dream of Electric Sheep?' Einfühlungsvermögen zur Unterscheidung von Mensch und Replikant dient, wird im Film das Fehlen einer Vergangenheit und somit von Erinnerungen zentral. (Landsberg 1995: 183) Die Verbindung zwischen Fotos und Erinnerungen ist ein Thema von Blade Runner. Das Kindheitsfoto Rachaels hat scheinbar nichts bewiesen. Trotzdem hat es einen Bezug zu den Erinnerungen, die Rachael prägen: "We might say that while the photograph has no relationship to 'reality', it helps her to produce her own narrative. While it fails to authenticate her past, it does authenticate her present." (Landsberg 1995: 185) In einer späteren Szene, in der Rachael in Deckards Wohnung Klavier spielt, meint Rachael, dass sie sich an Klavierstunden erinnern könne, sie aber nicht wisse, ob es ihre oder Erinnerungen von Tyrells Nichte seien. Deckard meint darauf nur, dass sie schön spiele, wodurch er die Unterscheidung zwischen 'echt' und prothetisch ablehnt. Da sie gut spielen kann, spielt es kaum eine Rolle, ob sie die Klavierstunden genommen hat oder nicht.(Landsberg 1995: 185) Im Director's Cut des Films gibt es eine Szene am Klavier, in der Deckard von einem Einhorn träumt. Ein Polizist, der im Film des öfteren kleine Origami-Figuren bastelt, hat am Ende des Films eine kleine Einhorn-Figur vor der Wohnung Deckards hinterlassen. Dadurch drängt sich die Frage auf, ob auch die Erinnerungen von Deckard implantiert sind und er somit ein Replikant ist. Diese Frage bleibt unbeantwortet, die Grenze zwischen ReplikantInnen und Menschen verschwommen.

Memories are central to our identity - to our sense of who we are and what we might become - but as this film suggests, whether those memories come from lived experience or whether they are prosthetic seems to make very little difference. Either way, we use them to construct narratives for ourselves, visions for our future. (Landsberg 1995: 186)

Landsberg sieht Erinnerungen als zentral für unsere Identität, ob sie aber aus erlebten Erfahrungen kommen oder prothetisch seien, mache wenig Unterschied. Landson bezieht sich bei ihrem Verständnis von der persönlichen Vergangenheit auch auf Haraways Cyborg Manifest:

As Donna Haraway has powerfully argued with her articulation of cyborg identity, we need to construct political alliances that are not based on natural or essential affinities. Cyborg identity recognizes the complicated process of identity formation, that we are multiply hailed subjects, and thus embraces the idea of 'partial identities'. The pasts that we claim and 'use' are part of this process. (Landsberg 1995: 179)

Landsberg hebt besonders die Idee der partiellen Identitäten bei Haraways Cyborgs hervor, ein 'Benutzen' der Vergangenheit ist ein Teil des Prozesses der Identitätsfindung.

Diskursive Machtaufteilung

One of the founders of Soviet cinema, Lev Kulesov, in what has become a famous declaration, asserted that film must be regarded at its most basic level as a language: 'The shot must operate as a sign, a kind of letter.' Deconstructive analysis works not only to recover the importance of the shot as 'a kind of letter,' it attends to the instances at which this 'letter' may undo the narrative and thematic structures that are its effects, its 'projections.' (Pyle 1993: 230)

Nicht nur der Inhalt eines Filmes, auch seine Sprache ist kodiert, wie schon Lev Kulesov bemerkte. Die Filmsprache trägt entscheidend zur Verteilung der diskursiven Macht im Film bei.12 Charaktere erhalten symbolische Macht nicht nur auf narrativer Ebene, sondern auch durch den Einsatz spezifischer Filmtechniken. Diese zwei Ebenen können sich sowohl gegenseitig verstärken als auch gegeneinander arbeiten. Vor allem drei Punkte werden in diesem Kapitel behandelt: die Einführungen der Charaktere, die Sound-Ebene und der Blick. Die Einführung einer Filmfigur ist entscheidend, da die Figuren bereits in den ersten Bildern eine Position im Film zugedacht bekommen. Point-of-View-Shots lassen das Publikum die Filmwelt mit den Augen einer Figur des Films sehen, die subjektive Kamera nimmt dabei die Position einer Figur ein; im Bild ist, was die Figur sieht. (Bordwell 1997: 481) Die Position im Text, wer also die Position des Subjekts und wer die des Objekts einnimmt, ist eine zentrale Frage bei der Untersuchung von Mulvey von 1975. Autorität wird allerdings nicht nur durch die Bilder, sondern auch durch den Ton vergeben. Auf der Sound-Ebene ist besonders das Verhältnis Bild-Sprache interessant, eine Off-Stimme etwa steht für eine sehr mächtige Position, während das Gesehen werden ohne eine Stimme zu haben von Mulvey als relativ machtlos definiert wurde. Off-Sound bezeichnet Akustisches, das nicht in direktem Zusammenhang mit dem Bild steht, beispielsweise ein Kommentar, wie er im Dokumentarfilm üblich ist. Mit Voice-Over-Stimme wird eine Stimme bezeichnet, bei der die Figur zwar sichtbar ist, aber nicht sichtbar spricht, sondern vielmehr Gedanken hörbar werden. Im Film Noir ist diese Art der Stimme beispielsweise immer wieder zu finden.

Das Auge und der Blick haben in Blade Runner eine besondere Bedeutung, wie Pyle treffend zusammenfasst. Schon die ersten Bilder zeigen ein blickendes Auge, wobei unklar bleibt, zu wem dieses Auge gehört:

The motif of the eye and its gaze runs throughout the movie: the eye superimposed over the city in the film's opening shot, the eye magnified in the 'Voight-Kampff,' the eye of the owl perched in Tyrell Corporations Headquarters, the eyes genetically engineered and grown in the subzero lab, the lenses of various microscopes, the photograph enhancers, the gaze of panopticon devices and advertising projections, even the eyes of Tyrell himself, shielded by thick spectacles and blinded in the Oedipal inversion of Roy's dramatic patricide. (Pyle 1993: 236)

Der Blick und das Auge sind in Blade Runner immer wieder betont.  Beim Voight-Kampff-Test spielt die Pupille eine wichtige Rolle, die Augen der Eule in der Tyrell-Pyramide und die genetisch konstruierten Augen in der "Eye World" sind weitere Beispiele dieses Fokus auf dieses Sinnesorgan und das Visuelle.

Deckard wird im Regen sitzend eingeführt. Die Hauptfiguren des Films werden mit neutraler Kamera eingeführt, d. h. nicht aus dem Blickwinkel einer Filmfigur.  Er wartet vor einem Straßenstand mit asiatischem Essen darauf, einen Platz zu bekommen. Die Kamera nimmt zweimal seine Blickposition bzw. seinen Point-of-View ein. Er blickt auf einen Zeppelin in der Luft, der Werbung für die neuen Kolonien außerhalb der Erde zeigt. Anschließend wird aus seiner Perspektive sichtbar, wie ihn der asiatische Koch heranwinkt. Ansonsten wird der Point-of-View-Shot kaum eingesetzt. Die Wirkung der Off-Stimme kann bei Blade Runner besonders gut beobachtet werden. In einigen Versionen gibt es einen sehr exzessiven Einsatz der Erzählerstimme. Da nach einer ersten Testvorführung die Zuschauenden Probleme hatten, den Inhalt der Geschichte zu verstehen, wurden ganz im Stile des Film Noir viele Erklärungen mit Deckards Stimme eingefügt. Im Director's Cut, der zehn Jahre nach der ersten Version ins Kino kam, wurden die Voice-Over-Stimmen wieder völlig entfernt. Die Voice-Over-Erzählungen sind nur eines der vielen Elemente des Film Noir der 40er und 50er Jahre, die in diesem Science-Fiction-Film verwertet werden. Auch die femme fatale Rachael und das Setting in Los Angeles erinnert an dieses Genre. (Bukatman 2000: 20) Im Director's Cut bleibt die Figur des Protagonisten Deckard eher auf Distanz. Da Deckard allerdings während der Voice-Over-Stimme der anderen Fassung im Bild bleibt, es sich dabei also nicht um eine Off-Stimme handelt, verleiht ihm diese Stimme keine machtvollere Position und dient eher dazu, dem Verlauf der Geschichte besser folgen zu können und die Figur Deckards durchsichtiger zu präsentieren.

Was die 'to-be-looked-at-ness' angeht ist bei der Einführung der Hauptpersonen des Films eine eindeutige Differenzierung entlang der Geschlechtergrenzen festzustellen. Lange Einstellungen bei den ersten Auftritten von Rachael und Pris geben genügend Zeit, die Körper der Replikantinnen genau von oben bis unten zu betrachten. Rachael ist in den Räumlichkeiten der Tyrell-Pyramide das erste Mal zu sehen. Der Sound ändert sich einige Sekunden vor ihrem ersten Auftreten signifikant und bereitet ihren Anblick vor. Anschließend nimmt die Kamera ihren Blickwinkel ein, sie sieht in Richtung Deckard, der sich noch unbeobachtet fühlt. Während sie den großen Saal in Richtung Deckard betritt, gibt es viel Zeit, Rachael von oben bis unten zu betrachten. Die extravagante Kleidung und das puppenhafte Gesicht von Rachael laden zum Betrachten ein. Sie trägt oft Mäntel mit großen Kragen, die ihr Gesicht umrahmen und ihr bildhaftes Aussehen unterstreichen, sie wird dadurch zum perfekten Blickobjekt. Diese Art von "to-be-looked-at-ness" ist besonders oft im Film Noir bzw. Gangsterfilmen zu finden. Tyrell, der kurze Zeit darauf eingeführt wird, ist erst kurze Zeit nur Stimme, was seine machtvolle Position in diesem Film von Anfang an zeigt. Seine Stimme ist bereits hörbar, bevor er sichtbar wird. Dieser kurze Moment, in dem Tyrell nur Stimme ist, unterstützt seine Autorität mit filmtechnischen Mitteln. Ganz im Gegensatz zu Rachael ist Tyrell nur sehr klein im Bild und dadurch nicht so gut zu betrachten wie zuvor Rachael. Die gesuchten ReplikantInnen, die von den Off-World-Kolonien geflüchtet sind, werden größtenteils auf einem Bildschirm am Polizeirevier sichtbar, wenn Deckard Bilder aus der Polizeidatenbank präsentiert werden. Nur Leon wird bereits in der ersten Szene sichtbar, als er während eines Voight-Kampff-Tests einen Kollegen von Deckard, Holden, erschießt, nachdem dieser ihn nach seiner Mutter gefragt hatte. Gefährliche leise Musik setzt kurz vor dem Aufscheinen des Bildes von Roy Batty auf dem Bildschirm des Polizeicomputers ein, der besonders gefährlich ist. Batty trägt immer wieder Gedichte vor, auch seine letzten Worte vor seinem Tod spricht er sehr poetisch aus: "Attack ships on fire off the shoulder of Orion. I watched c-beams glitter in the dark near the Tanhauser Gate. All those moments will be lost in time. Like tears in rain. Time to die." (Roy zu Deckard in Blade Runner).

4     Terminator 1 + 2

Der erste der beiden Terminator Filme entstand 1984, der zweite Teil, Terminator 2 - Judgment Day folgte 199113. Die zwei Filme eignen sich besonders gut zur Analyse des unterschiedlichen Stellenwertes von Technik und Gender in den 80er bzw. 90er Jahren, obwohl sich die Filme sowohl auf der Erzählebene als auch im filmtechnischen Bereich sehr ähnlich sind. Vor allem durch die Darstellungen der Cyborgs T-101 und T-1000 lassen sich die Unterschiede des Umgangs mit Gender und Technik im Laufe der Zeit gut ablesen. Technik tritt in den Filmen vor allem als Bedrohung auf, die zwar von der künstlichen Intelligenz Skynet ausgeht, verkörpert wird diese Bedrohung allerdings von den Cyborgs T-101 und T-1000. Die Grenze zwischen Mensch und Maschine ist in den Terminator-Filmen sehr eindeutig gezogen, der Dualismus bleibt eindeutig und unzweifelhaft aufrecht, auch wenn die Terminatoren in menschlicher Form auftreten.  Eine zentrale Figur beider Filme ist ein Cyborg, der Terminator T-101. Der T-101 wird von Arnold Schwarzenegger gespielt, der vorher bereits in der Bodybuilding-Welt bekannt war, ein Umstand, der erheblichen Einfluss auf die Filme ausübt. Der T-101 tritt in einer männlichen Form auf, von Androgynität keine Spur - Körperlichkeit wird betont, die Metapher des Postgender-Cyborgs spiegelt sich in dieser konkreten Repräsentation eines künstlichen Wesens kaum wieder. Sarah Connor, die weibliche Hauptrolle in den zwei Filmen, durchläuft eine Entwicklung von einer unscheinbaren Kellnerin zu einer muskulösen Actionheldin. Der T-1000 tritt nur in Terminator 2 - Judgment Day auf und verkörpert einen gänzlich anderen Cyborgtypus wie der T-101. Nach der Analyse dieser drei Hauptcharaktere des Films widme ich mich der Aufteilung der diskursiven Autorität in den Filmen, Sarah Connor dominiert den Film auf dieser Ebene, besonders im zweiten Teil.

The Terminator (1984): Produktion und Plot

Der Regisseur James Cameron, der bis dahin nur bei wenig beachteten Produktionen Regie führte, schrieb mit Gale Ann Hurd, der Produzentin des Films, das Buch zu The Terminator. Die Produktionsfirma nannten sie Tech Noir, eine Disko in The Terminator trägt den gleichen Namen. Das 107 Minuten lange Action Movie ist der erste einer Reihe sehr erfolgreicher Science-Fiction-Filme von James Cameron. Das Budget des ersten Teiles lag bei ca. 7 Millionen US-Dollar, was für eine Hollywoodproduktion vergleichsweise wenig ist und war. Der bereits als Bodybuilder erfolgreiche Arnold Schwarzenegger stellt den Terminator T-800 bzw. T-10114 dar und wird mit diesem Film als Schauspieler berühmt. Die weibliche Hauptrolle, Sarah Connor, spielt Linda Hamilton, Michael Biehn stellt Kyle Reese dar. Doch letztere waren nicht so erfolgreich: "The Terminator spectacularly succeeded in making Arnold Schwarzenegger a star. It spectacularly failed to make stars of the ostensible heroes of the film, Michael Biehn and Linda Hamilton." (French 1996: 7) Bei dem relativ kleinem Budget musste der Film mit wenigen Spezialeffekten auskommen. Der einzige teure Spezialeffekt, der zum Einsatz kam, war Stan Winstons Modell des Metall-Skeletts des Terminators, das am Ende des Films gezeigt wird. Allerdings ist der sparsame Einsatz von Spezialeffekten auch ein Vorteil, denn "state-of-the-art computer graphics date so quickly" (French 1996: 63) Besonders erfolgreich war der Film im Videoverleihmarkt, der Mitte der 80er Jahre gerade erst im Entstehen begriffen war. Trotz seines Erfolges hat der Film teilweise den Flair eines B-Movies:

The absence of a major publicity campaign accompanying the release of The Terminator was itself an advantage because there was no hype which critics and filmgoers felt impelled to resist. Despite having been immediately acclaimed and having become a commercial success, it has the air of a B-picture underdog, of a cult film. (French 1996: 62)

Es gab relativ wenig Werbung für den Spielfilm, was French als Vorteil bezeichnet, da kein Hype dem Movie vorausging, der zu einem voreingenommenen Publikum geführt hätte.

Plot

That Terminator is out there. It can't be bargained with. It can't be reasoned with. It doesn't feel pity, or remorse, or fear. And it absolutely will not stop, ever, until you are dead. (Kyle Reese zu Sarah Connor in The Terminator)

Im Jahr 2029 gibt es einen Krieg zwischen Skynet, einem Computersystem, und den Menschen. Der Führer des menschlichen Widerstandes ist John Connor. Um ihn zu vernichten und den Krieg zu gewinnen, sendet Skynet einen Terminator in die Vergangenheit, in das Jahr 1984 in Los Angeles. Dessen Auftrag ist es, die Mutter von John, Sarah Connor, zu finden und zu töten, und zwar noch bevor John gezeugt wird. Auch John Connor sendet jemanden in der Zeit zurück, Kyle Reese, um Sarah zu warnen und zur Seite zu stehen. Eine Verfolgungsjagd beginnt, die erst mit der Vernichtung des Terminators durch Sarah endet.

Terminator 2 - Judgment Day (1991): Produktion und Plot

Der zweite Teil der Terminator Filme war in der Herstellung weit kostspieliger, das Budget von ca. 100 Millionen US-Dollar beträgt mehr als das zehnfache des ersten Terminator-Films. Bereits am Eröffnungswochenende wurde die Hälfte der Produktionskosten wieder eingespielt. (IMDb 2002: http://us.imdb.com/Business?0103064) Terminator 2 - Judgment Day war noch erfolgreicher als der erste Teil. Regie führte wieder James Cameron, diesmal leitete er auch die Produktion, das Buch schrieb er mit William Wisher. Arnold Schwarzenegger spielt das gleiche Terminator-Modell wie im ersten Teil. Linda Hamilton ist wieder Sarah Connor, für die Rolle in Terminator 2 - Judgment Day hat sie sichtbar viel trainiert und einiges an Muskeln aufgebaut. Der junge John Connor wird von Edward Furlong dargestellt, Terminator 2 - Judgment Day ist sein Debüt als Schauspieler. Robert Patrick spielt den T-1000, das neue Modell eines Terminators aus Flüssigmetall. Der große Erfolg des Films wurde nicht zuletzt durch die Computeranimationen dieses neuen Terminators von Industrial Light & Magic ausgelöst. Vor allem die zu Anfang der 90er Jahre neue Technik des Morphens, die zuvor unbekannte Bilder produzierte, begeisterte das Publikum. Von Terminator 2 - Judgment Day liegen unterschiedliche Versionen für verschiedene Länder vor, die Spiellänge variiert hauptsächlich nach Länge und Ausführlichkeit der Gewaltszenen, nicht zuletzt auch abhängig vom Distributionskanal (Film, TV, Video usw.). Diese Arbeit bezieht sich auf den 152 Minuten langen Director's Cut des Films. Terminator 2 - Judgment Day ist im Gegensatz zum ersten Teil voll mit zu Anfang der 90er Jahre innovativen, teuren Spezialeffekten. Der Film beginnt wie der erste Teil im Jahre 2029 in Los Angeles. Schon in dieser ersten Szene werden die verbesserten technischen Mittel des Films bezüglich Sound und Spezialeffekten hör- und sichtbar. Beide Filme sind nach wie vor sehr beliebt, im Ranking der besten Filme der Internet Movie Database sind beide Terminator-Filme unter den ersten 200 zu finden. (IMDb 2002)

Plot

Zehn Jahre sind vergangen seit Sarah Connor von einem Terminator aus der Zukunft hätte beseitigt werden sollen. Jetzt wird ihr Sohn, John Connor, von einem neueren Modell eines Cyborgs bedroht. Dieser Terminator, der T-1000, besteht aus flüssigem Metall und wurde aus dem Jahre 2029 von Skynet geschickt. Aber auch diesmal ist es dem menschlichen Widerstand gelungen, eine Hilfe für John und Sarah in der Zeit zurückzuschicken, und zwar ein älteres Modell eines Terminators, den T-101. Skynet ist ein Weltsicherheitscomputer, der 1997 zu einer eigenständigen künstlichen Intelligenz mit Bewusstsein mutiert. In Panik wird versucht, diesen Rechner einfach abzuschalten. Skynet löst daraufhin einen Atomkrieg aus, der die Menschheit vernichten soll (Judgment Day -Tag der Abrechnung)15. 1995 steht die Welt zwei Jahre vor diesem Atomkrieg.

Grenze Mensch - Maschine

The film The Terminator presents one of the most familiar and frightening visions of cyborg characterization. Arnold Schwarzenegger portrays a cyborg killing machine - a man-machine hybrid from one possible post-nuclear war future in which machines, outraged by human incompetence, set out to annihilate the remnants of humanity. Sent to earth in human flesh, he deftly outfits himself with weapons and leathers. As his battle with humans wages on, his flesh burns way, and he is reborn out of the flames as pure machine, pure technological will to murder. The film works to represent the Terminator's transformation from remotely human to fully machine. (Balsamo 2000: 150)

In den Terminatorfilmen werden Cyborgs als klar vom Menschen zu unterscheidende Wesen dargestellt, auch wenn sie in der äußeren Form menschen-ähnlich sind. Träume, Wünsche und Schmerzen gibt es für sie nicht, einzig die Verfolgung des programmierten Ziels, einerseits die Beschützung und andererseits die Vernichtung von Menschen, bestimmt ihre Handlungen. Die Grenze zwischen Mensch und Maschine bzw. Cyborg ist klar gezogen. Balsamo betont in ihrem Zitat die Transformation von der ohnehin kaum menschlichen Erscheinung des Terminators zur Maschine.

In The Terminator gibt es einen Cyborg, den Terminator T-101. Er ist eine Killermaschine mit ruckelnden, maschinenähnlichen Bewegungen und einem massiven muskulösen männlichen Körper. Immer wieder sind Bilder aus seiner Perspektive zu sehen, es wird klar, dass dieses Wesen einen anderen Blick auf die Welt hat als die Menschen: "The Terminator's otherness is already apparent because of the computerized images that represent its point of view. This emphasizes the extent to which the Terminators do not 'see' as we do - where 'seeing' has both literal and metaphorical weight." (Holland 1995: 161) Später, wenn der Terminator im ersten Teil bereits seine menschliche Erscheinung verloren hat und nur mehr ein Metallskelett des Cyborgs nach einer Explosion übrig bleibt, sind die Point-of-View Shots nicht mehr computerisierte Bilder. Das Publikum muss von seiner Andersheit nicht mehr überzeugt werden. Samantha Holland sieht in der Darstellung des Terminators ein kartesianisches Bild des Körper-Seele-Dualismus bestätigt, dem Terminator wird der menschliche Status verweigert, es handelt sich um ein rein materielles Objekt ohne Identität: "The Terminator is not endowed with the status of human precisely because it is a purely >material(ist) object with no self-identity." (Holland 1995: 159) Der Terminator hat nicht den Status eines Menschen. Balsamo geht davon aus, dass menschliche Züge bei den Cyborgs die Differenz zwischen Mensch und Maschine zusätzlich stärken:

Signs of human-ness and, alternatively, signs of machine-ness function not only as markers of the 'essences' of the dual natures of the hybrid, but also as signs of the inviolable opposition between human and machine. This is to say that cyborgs embody human characteristics that reinforce the difference between humans and machines. With The Terminator, his 'covering' of human flesh which enables him to time travel, serves as his primary human characteristic. (Balsamo 2000: 149)

Cyborgs sind zwar mit menschlichen Charakteristiken ausgestattet, aber wie es am Beispiel des Terminators T-101 sichtbar wird, dessen Menschlichkeit primär aus seiner menschlichen Haut besteht, betonen diese menschlichen Züge vielmehr den Unterschied zwischen Mensch und Maschine als dass sie die Grenzen verwischen. Es wird klar, dass menschliches Aussehen und Handeln noch lange nicht ausreichen, um ein Mensch zu sein.

In Terminator 2 gibt es zwei Cyborgs, einerseits den neueren T-1000 aus Flüssigmetall, andererseits den T-101 des ersten Teils, diesmal allerdings mit der Mission, Sarah und John Connor zur Seite zu stehen. Der T-1000 kann verschiedenste Formen annehmen, seine bevorzugte ist die eines freundlichen Polizisten, wodurch er sich sehr gut in L.A. bewegen kann. Menschen fassen schnell Vertrauen zu ihm und es ist ihm ohne Probleme möglich, auf Polizeidaten zuzugreifen. Er nimmt allerdings auch andere menschliche und auch nicht-menschliche Formen an. Die Pflegemutter von John, Sarah, ein Wärter im Irrenhaus, sie alle werden vom T-1000 imitiert. Es gibt keine Genderfixierung für ihn, nicht zuletzt deshalb wird ihm auch keinerlei humaner Status zugeschrieben. Der T-101 des zweiten Teils wird diesmal etwas menschlicher dargestellt. Zum einen wird er zum Beschützer von John und Sarah und damit der Menschen, zum anderen hat er die neue Fähigkeit des Lernens. Obwohl er nun lernen kann, verlässt er sich doch strikt auf seine Programmierung, wodurch von einem kartesianischen Selbst mit autonomer Identität nicht gesprochen werden kann. Der T-101 versteht beispielsweise nicht, warum er Menschen nicht töten soll, gehorcht aber trotzdem: "Significantly, it never really understands why John Connor will not let it kill human beings, although it obeys his orders and refrains from so doing." (Holland 1995: 159) Wenig überraschend, denn ein kartesianisches Selbst bzw. eine Seele kann nicht erworben werden. Ein weiteres Zeichen seiner Maschinenhaftigkeit ist sein fehlendes Schmerzempfinden. Der Terminator kann zwar Schmerzen wahrnehmen, aber er fühlt sie nicht, wie er John in einer Szene erklärt: "I sense injuries. The data could be called pain." und später: "I know now why you cry, but it is something that I can never do." (Holland 1995: 163, Willis 1997: 123) Bilder des Shutdowns des Systems des T-101 aus seiner Sicht am Ende von Terminator 2 lassen letzte Zweifel über seinen Maschinen-Status in der sentimentalen Szene, in der Sarah den Terminator in Flüssigmetall versenkt, schwinden. Obwohl er sich in dieser Szene für die Menschheit opfert, da durch seine Vernichtung der zukünftige Atomkrieg verhindert werden kann, wird am Ende durch diese Shutdown-Szene klar, dass es sich trotz vieler menschlicher Züge bei dem Wesen um eine Maschine handelt. Holland kommt in ihrer Untersuchung verschiedenster Cyborgfilme zu dem Schluss, dass nur Cyborgs, die in der Narration mit einem 'Selbst' ausgestattet sind, Träume oder Flashbacks haben. Die Terminatoren haben keinerlei Visionen dieser Art, auch dieser Mangel markiert sie als von den Menschen verschieden. (Holland 1995: 161) Die Terminatoren haben weder Geist noch Seele und können beides auch nicht erwerben. Die Terminator-Filme zeigen auf, dass das Menschsein nicht nur eine Sache der Erscheinung ist. Cyborgs in anderen Filmen wie etwa RoboCop, wo das Gehirn eines ehemaligen Menschen das Zentrum des Cyborgs bildet, stellen sich als weit menschlicher dar. Das Vorhandensein zumindest eines biologischen Teils eines Menschen, in diesem Falle des Gehirns, wird zum Unterscheidungsmerkmal. (Holland 1995: 160)

Technik in den Terminator-Filmen

Technik wird in Science-Fiction-Filmen meist entweder problematisiert oder gefeiert. Samantha Holland entdeckt besonders zwei Ängste bezüglich Technik im Cyborgfilm: die Angst, durch Maschinen ersetzt zu werden und die Angst, dass Menschen zu Maschinen werden. (Holland 1995: 160) Die Terminator-Filme beschäftigen sich mit beiden Ängsten, doch besonders mit der Angst, dass die künstliche Intelligenz Skynet die Menschheit ausrotten könnte. Springer meint, dass die Intelligenz der Maschinen der Zukunft zwar als Bedrohung identifiziert wird, sichtbar wird diese allerdings durch physische Kraft.16 Kyle Reese erklärt zwar, dass die Bedrohung in der Zukunft von der künstlichen Intelligenz Skynet ausgehen werde, manifest wird diese Bedrohung jedoch in der Figur des Terminators, der sich auf Gewalt verlässt und weniger auf Intelligenz. Metaphern der industriellen Vergangenheit werden herangezogen, um das neue elektronische Zeitalter filmisch zu beschreiben: "Cyborg films exist within our culture's larger discursive conflict over gendered metaphors for technology. The films sometimes betray signs of confusion when they try to depict a new electronic age using imagery from the industrial past." (Springer 1996: 106) Sowohl in den Terminator-Filmen als auch in Blade Runner wird Technik nicht mit blitzblanken sauberen Oberflächen wie in Raumschiff Enterprise (Star Trek) gezeigt, sondern schmutzig, ver- oder gebraucht. The Terminator zeigt die Angst vor der Verschwörung von Technik gegen die Menschen und ist eher technikfeindlich angelegt. Das Verteidigungssystem Skynet entwickelt ein Bewusstsein und beginnt in Selbstverteidigung einen Atomkrieg gegen die Menschheit. Der Terminator selbst ist eine Technik, die sich gegen die Menschen richtet. Auch in Alltagssituationen erweist sich Technik als unzuverlässig: "In smaller ways, throughout the film, we see that our machines never seem to work as they should. Phones are broken, and even when Sarah Connor gets through to the police she is put on hold." (French 1996: 48) Der Anrufbeantworter gibt dem Terminator den Aufenthaltsort von Sarah preis, der Walkman von Ginger, der Mitbewohnerin Sarahs, verhindert, dass sie den Kampf ihres Freundes mit dem Terminator hört. Aufgrund dieser Szenarien sieht Goldberg in einem Artikel über Arnold Schwarzenegger, dass The Terminator ein Anti-Technik Film wäre. (Goldberg 1995: 239) Allerdings gibt es Technik, die den Menschen bereits im ersten Film eine Hilfe ist: Waffen, Autos, die Hydraulikpresse am Ende des Films, mit deren Hilfe Sarah den Terminator zerstört. Skynet wird zudem erst gegen Menschen aktiv, nachdem die künstliche Intelligenz von Menschen angegriffen wird. Auch Constance Penley sieht den Film nicht so technikfeindlich wie Goldberg oder French. Maschinen geben dem Film Textur und Substanz, sie werden nicht zerstörerisch gezeigt, weil sie böse Absichten haben, sondern weil sie kaputt gehen können oder auch falsch benutzt werden:

Machines provide the texture and substance of this film: cars, trucks, motorcycles, radios, TVs, time clocks, phones, answering machines, beepers, hair dryers, Sony Walkmen, automated factory equipment. The defence network computer of the future which decided our fate in a microsecond had its humble origins here, in the rather more innocuous technology of the film's present. Today's machines are not, however, shown to be agents of destruction because they are themselves evil, but because they can break down, or because they can be used (often innocently) in ways they were not intended to be used. (Penley 1990: 117)

Kyle Reeses Fähigkeiten beruhen auf seinem technischen Geschick im Umgang mit Autos, Waffen und selbstgebastelten Bomben, Fähigkeiten, die sich auch Sarah Connor im Laufe des Films aneignet. Die Maschinen in der Fabrik in der Schlussszene können den Terminator ablenken. Der Film zeigt laut Penley die partielle und zwiespältige Verschmelzung von Technik und Menschen: "While the film addresses an ultimate battle between humans and machines, it nonetheless accepts the impossibility of clearly distinguishing between them." (Penley 1990: 118)

In Terminator 2 wird Technik je nach Gebrauch gut oder böse dargestellt und versagt nicht mehr so oft wie im ersten Teil. Ein Terminator fungiert als Helfer, der andere als Killer. In Terminator 2 kommt es zu vermehrter Akzeptanz von Technik und zur teilweisen Vermenschlichung des T-101. Technik ist hier sowohl Bedrohung als auch Hoffnung. Daraus könnte geschlossen werden, dass in den 90er Jahren Technik weit weniger bedrohlich gesehen wurde als noch in den 80er Jahren, der Entstehungszeit des ersten Teils.

Der T-101: Schwarzenegger, Bodybuilding & Gender

Der Terminator T-101 steht im Zentrum der Narration der zwei Terminator-Filme. Es handelt sich um einen Cyborg, der in einer sehr männlichen Form auftritt. Verkörpert wird er von Arnold Schwarzenegger, einer der berühmtesten Figuren im Bodybuilding der 80er Jahre, doch auch heute noch findet sich sein Bild immer wieder auf den Titelseiten von Bodybuilding-Zeitschriften. In Terminator verfolgt der T-101 Sarah Connor, um die Geburt ihres Sohnes, einer Schlüsselfigur des erfolgreichen menschlichen Widerstands gegen die Maschinenherrschaft der Zukunft, zu verhindern. Der Cyborg tritt in einer sehr brutalen Form auf, Muskeln und Kraft sind intellektuellen Fähigkeiten überlegen, Körperlichkeit steht im Vordergrund. In Terminator 2 - Judgment Day ist der T-101 in einer konträren Rolle zu finden, der des Beschützers von Sarah Connor und ihres Sohnes John.

Arnold Schwarzenegger

Arnold Schwarzenegger hätte im ersten Terminator-Film die Rolle von Kyle Reese übernehmen sollen, doch er wollte unbedingt den bösen Cyborg spielen. Gale Ann Hurd und James Cameron entschieden sich schlussendlich dazu, den Bodybuilder den Terminator T-101 spielen zu lassen, eine Schlüsselentscheidung für den Erfolg des Films. French bezeichnet The Terminator als Schwarzenegger-Film: "And of course The Terminator is inescapably a Schwarzenegger picture, the Schwarzenegger picture, the film more than any other that turned him both into a cult and into a major international star." (French 1996: 30) Bei den World Stunt Awards 2001, der ersten Preisverleihung dieser Art, wurde Arnold Schwarzenegger mit dem Ehrenpreis für den besten Action-Schauspieler ausgezeichnet, übergeben vom Terminator-Regisseur James Cameron. Wie sehr Schwarzeneggers Karriere von den Terminator-Filmen beeinflusst wurde, wird nicht zuletzt daran bemerkbar, dass bei der Preisverleihung die bekannten Terminator-Sounds gespielt werden, und er die berühmte Zeile aus dem Film - 'Hasta la vista, baby' - wieder mal zum besten gibt. (World Stunt Awards 2001) Schwarzenegger war im Jahre 1984 bereits 36 und seine Karriere hatte schon verschiedene Phasen durchgemacht, in der Bodybuilding-Welt war er ein Star und hatte einige der wichtigsten Titel der Szene mehrmals gewonnen. Deshalb ist es wenig überraschend, dass sein Starimage vorrangig über seinen Körper definiert wurde. Seither spielte er in unzähligen Spielfilmen mit und produzierte auch zwei Filme, trotzdem bleibt seine Person in der Öffentlichkeit mit der Rolle des Terminators unweigerlich verbunden. (Silva 1991: 28 - 45, Tasker 1993: 82)

Arnold Schwarzeneggers schauspielerische Leistungen in The Terminator wurden als sehr dürftig betrachtet, doch um diese Maschine darzustellen waren sie laut Sean French optimal, auch den österreichischen Akzent in seinem Englisch, ein Markenzeichen des Schauspielers, bezeichnet French als besonders passend: "Cameron saw in this apparently absurd, overblown figure a poise and stillness that made apparent disqualifications, such as his accent and his inability to act, irrelevant." French betont seinen Ausländerstatus weiter, in dem er die Unaussprechlichkeit seines Namens betont: "Arnold Schwarzenegger became the most famous star in the world, keeping a name that many of his fans couldn't spell or even pronounce." (French 1996: 34) Doch gerade sein mangelhaftes Schauspiel bietet dem Publikum laut French eine gute Projektionsfläche: nichts sei so potent auf der riesigen Bildfläche des Kinos wie eine blanke Oberfläche, auf welche das Publikum beliebig Fantasien projizieren könne. Diese breit gestreuten Projektionsmöglichkeiten betont auch Mizejewski in ihrem Artikel über Bodybuilder als Spezialeffekt, Arnold Schwarzenegger wird sowohl von filmtheoretischer als auch von kulturkritischer Seite auf sehr unterschiedliche Art und Weise interpretiert:

Given his real-life Republicanism and godlike poses in popular iconographies, Schwarzenegger has been identified by cinema scholars and cultural critics as embodying meanings ranging from nationalism to fascism, and from hypermasculinity to failed paternity and queer eroticism. (Mizejewski 1999: 152)

Der T-101: Muskeln statt Software

French hat die Anzahl der Worte und Morde in The Terminator gezählt und kommt auf 74 Worte (Stimmimitationen, wie etwa beim Telefongespräch als Sarahs Mutter, nicht eingerechnet) und 27 Morde, ein Schnitt also von ca. 2,5 Worten pro Mord. Die brutale Rolle des T-101 wird anhand dieser Kennzahl sichtbar. (French 1996: 36 - 41) Ganz im Gegensatz zu den Software-Cyborgs von Hans Moravec 17, die auf einen Körper verzichten können, wird in Mainstream-Filmen Körperlichkeit noch betont. Aggressive Cyborgs sind die Regel:

Whereas the software-interfaced cyborg envisioned by scientist Hans Moravec would make the human body obsolete once human consciousness has been downloaded onto computer software, the mainstream films represent cyborgs as aggressive, bulging bodies. The cyborg's physical prowess is heightened, not abandoned, and its strength is physical, not cerebral. What these cyborgs do best is kill. (Springer 1996: 96)

Die besondere Begabung der Cyborgs liegt nicht im Bereich außergewöhnlicher Intelligenz, körperliche Überlegenheit ist eines der Hauptmerkmale von künstlichen Wesen im Mainstream-Film. Der T-101 stellt den Cyborg dar, den Springer allgemein in der Popkultur findet. Obwohl elektronische Komponenten den Hauptbestandteil der Wesen ausmachen, wird Körperlichkeit in den Repräsentationen der Cyborgs hervorgehoben. (Springer 1996: 51) Auch Tasker beobachtet die Fokussierung auf den menschlichen Körper im Cyborgfilm: "When all else fails, the body of the hero, and not his voice, or his capacity to make a rational argument, is the place of last resort." (Tasker 1993: 151) Der Körper wird als verlässlichster Bestandteil des Helden vorgestellt, während andere Elemente, wie etwa die Fähigkeit vernünftig zu argumentieren, oft versagen. Claudia Springer führt diese Art von brutalen Cyborgs, wie etwa der T-101 einer ist, auf Ängste vor elektronischer Technik zurück, Ängste, die auch schon in älteren Filmen wie etwa Metropolis (1927) Thema waren18:

To some extent the phenomenon of the rampaging filmic cyborg suggests a residual fear of technology that found similar expression in older films like Metropolis. Electronic technology's incredible capabilities certainly can evoke fear and awe, which can be translated in fictional representation into massive bodies that overpower human characters. (Springer 1996: 99)

Das unglaubliche Potenzial von elektronischer Technik wird in Repräsentationen als für menschliche Gegenspieler unbesiegbare Körper gezeigt. Diese mächtigen Körper werden im Film oft von Bodybuildern dargestellt.

Bodybuilding und Männlichkeit als Spezialeffekt

Die Geschichte von Athleten und Bodybuildern im Film geht mindestens bis zu den Tarzan-Filmen mit Johnny Weissmüller in der Hauptrolle zurück, die in den 30er und 40er Jahren in Hollywood produziert wurden. Diese Low-Budget-Produktionen wurden von der Filmkritik kaum beachtet und ihre Werbebudgets waren gering. Bereits bei diesen Filmen war neben Action die Zurschaustellung des männlichen Körpers zentral: "Indeed it is the emphasis on action in these films which both legitimates, through the affirmation of the active understanding of masculinity, and provides a narrative justification for such physical display." (Tasker 1993: 2) Der halbnackte männliche Körper wird zum passiven Schauobjekt, die actionreiche Handlung des Films stellt allerdings die herkömmliche Verbindung vom Mann zur Aktivität wieder her, und die Erzählstrukturen des Action-Kinos bieten Erklärungen für diese Zurschaustellung. Der T-101 wird nackt am Boden kauernd eingeführt, ästhetisch wie eine Fotografie von Robert Mapplethorpe, bereits die ersten Bilder von ihm zeigen seinen muskulösen männlichen Körper. Erklärt wird dies mit der Funktionsweise der Zeitmaschine, die nur menschliches Gewebe in der Zeit zurück transportieren kann. Kleider und Waffen können deshalb nicht mitgeschickt werden, womit die Erklärung für die Nacktheit des Protagonisten gegeben wäre. Yvonne Tasker beschäftigt sich in ihrem Buch 'Spectacular Bodies' eingehend mit dem Action Kino und Gender (Tasker 1993). Sie sieht den Helden des Action-Kinos mit seiner physischen Kraft und seinem guten Aussehen als einen Schlüsselaspekt des allgemeinen visuellen Spektakels dieses Genres. Erst das exzessive kinematische Umfeld der pompösen Sounds und Spezialeffekte liefert einen Kontext, der das Zurschaustellen des weißen männlichen Körpers erlaubt. Der Action-Film ist einer der privilegierten Plätze, an denen der männliche Körper sichtbar wird:

Within the action cinema the figure of the star as hero, larger than life in his physical abilities and pin-up good looks, operates as a key aspect of the more general visual excess that this particular form of Hollywood production offers to its audience. Along with the visual pyrotechnics, the military array of weaponry and hardware, the arch-villains and the staggering obstacles the hero must overcome, the overblown budgets, the expansive landscapes against which the drama is acted out and the equally expansive soundtracks, is the body of the star as hero, characteristically functioning as spectacle. Indeed it is this explosive and excessive cinematic context that provides a setting for, even allows, the display of the white male body. (Tasker 1993: 76)

Mizejewski geht noch einen Schritt weiter. Sie geht davon aus, dass Bodybuilder selbst einen weiteren Spezialeffekt im Science-Fiction-Kino darstellen. Sowohl der Science-Fiction-Film als auch Bodybuilding visualisiert Unmögliches und Unnatürliches. Durch Filmtechniken, wie beispielsweise Stunts, wird die Stärke der durchtrainierten Körper noch zusätzlich betont. Der Bodybuilding-Star ist sowohl natürlich als auch unnatürlich, sowohl biologisch als auch konstruiert. Der muskulöse Körper von Schwarzenegger verkörpert einerseits Natur, andererseits Techniken des Kinos und des Bodybuildings. Die Grenzen zwischen Technik und Körper und zwischen Natürlichem und Künstlichem verschwimmen: "The contended boundaries between technology and the body, nature and artifice - the oldest themes of science fiction - are thus repositioned through the ambiguous status of the bodybuilder star, who is both natural and unnatural, biological and constructed." (Mizejewski 1999: 153 - 154). Diese Destabilisation des Natur-Technik-Dualismus beim Bodybuilding tritt als verstärkender Faktor einer Tendenz auf, die im Science-Fiction-Genre ohnehin weit verbreitet ist. (Mizejewski 1999: 170). Bei ihrer Untersuchung einiger Action-Filme mit Arnold Schwarzenegger, unter anderem The Terminator, findet Mizejewski Männlichkeit selbst in Frage gestellt, Männlichkeit erscheint als nicht mehr als ein Spezialeffekt. (Mizejewski 1999: 154) Auch Yvonne Tasker sieht im Bodybuilder eine Figur, die Grenzziehungen zwischen Passivität und Aktivität, Weiblichkeit und Männlichkeit problematisiert. Die Instabilität der Kategorien wird sichtbar, Qualitäten werden vereint, die mit Weiblichkeit bzw. Männlichkeit assoziiert werden:

The combination of passivity and activity in the figure of the bodybuilder as action star, is central to the articulation of gendered identity in the films in which they appear. It also represents one of the distinctive qualities of these films. This combination allows us to problematise any clear set of critical distinctions between passivity, feminity and women on the one hand and activity, masculinity and men on the other. (Tasker 1993: 77)

Das Auftreten von Bodybuildern wie Sylvester Stallone oder Arnold Schwarzenegger in Filmen der 80er Jahre, wobei sich Männlichkeit auf eine vorher noch nie dagewesene Art und Weise im Film präsentiert, wurde andererseits zum Teil auch als Backlash nach dem Feminismus der 70er Jahre gewertet, und somit als Hinweis auf eine neue konservative Welle. Der muskulöse Held tritt in Opposition zum neuen Mann der 80er Jahre und allen feministischen Errungenschaften dieser Figur. (Tasker 1993: 1) Die Meinungen in Bezug auf Bodybuilding gehen in beide Richtungen - die einen meinen, Bodybuilding zeige die männliche Dominanz, andere gehen davon aus, dass Bodybuilding das Männlichkeitsbild instabil werden lasse: "If, for some, the figure of the bodybuilder signals an assertion of male dominance, an eroticising of the powerful male body, for other critics it seems to signal an hysterical and unstable image of manhood." (Tasker 1993: 80) Die Industrie, die Bodybuilding umgibt, spielt auf männliche Unsicherheiten an, analog zu der Art und Weise, in der sich die Schönheitsbranche vorwiegend an Frauen wendet. Die Beschäftigung mit ihrem Aussehen macht Bodybuilder zu 'unechten' Männern und sie werden oft mit Homosexualität in Verbindung gebracht. Stars wie Schwarzenegger karikieren kulturelle Erwartungen an den männlichen Körper, das doing-gender19, das Spielen der Männlichkeit, wird offensichtlich: "Thus critics have seen stars like Stallone and Schwarzenegger as 'performing the masculine', drawing attention to masculinity and the male body by acting out an excessive caricature of cultural expectations." (Tasker 1993: 78) Während Bodybuilding für Männer als unmännlich gilt, werden Bodybuilderinnen im Gegensatz dazu als vermännlicht bezeichnet. Für beide Geschlechter wurde die Beschäftigung als pervers charakterisiert, sowohl die Tätigkeit des Trainierens vor dem Spiegel als auch die Ergebnisse, die muskulösen Körper, überschreiten angeblich normales Verhalten der Geschlechter. (Tasker 1993: 78) Linda Hamilton hat für ihre Rolle im Terminator 2 - Judgment Day sehr viel trainiert, wodurch sie zwar nicht einer Bodybuilderin glich, aber doch muskulöser gezeigt wurde als zuvor. Mit ein Grund für einige KritikerInnen des Films, die binärem Denken sehr verhaftet sind, sie nicht als Frau zu sehen, sondern als vermännlichte Frau.

(Homo-)Sexualität als Bedrohung

Das Thema Männlichkeit im Film wurde 1983 von Steve Neale20 zum ersten Mal behandelt. Er kommt in seinen Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass der Blick aus dem Publikum auf den Mainstream-Film implizit als ein männlicher konstruiert wird. Erotisches im Zusammenhang mit männlichen Bildern ist in diesem Kontext insofern problematisch, als damit homosexuelle Gefühle im männlichen Betrachter aufkommen könnten, was eine massive Bedrohung für traditionelle Männlichkeit darstellt. (Neale 1983: 19) Springer bezieht sich in ihrer Untersuchung der Film-Cyborgs auf Neales These, dass Gewalt die Darstellung männlicher Sexualität im Film ersetzt, hervorgerufen durch das kulturelle Tabu des homoerotischen Blicks und Homophobie. Nahaufnahmen etwa, die den männlichen Körper auf der Leinwand entlangzoomen, fördern eine homoerotische Reaktion des männlichen Zusehers. Homophobie hat einen starken Einfluss auf kinematische Techniken, das Spektakel des passiven und begehrenswerten männlichen Körpers wird typischerweise durch eine Narration unterwandert, die den Körper entweder als Gewaltanwender oder Opfer von Gewalt darstellt, wodurch die Kameraführung, die den Körper zum Objekt werden lässt, gerechtfertigt wird. Die betonte Körperlichkeit der kinematischen Cyborgs kulminiert nicht in Sexuellem sondern in Gewalt. (Springer 1996: 99) Auch der T-101, der nackt eingeführt wird, tritt als extrem brutaler Cyborg in The Terminatorauf. Samantha Holland findet ebenfalls Neales Theorien in den Cyborgfilmen bestätigt. Durch eine Verbindung zu Gewalt wird verhindert, dass der männliche Körper als passives Schauobjekt zum sexuellen Lustobjekt wird:

The representation of cyborg (and other) males in the cyborg film clearly fits with Steve Neale's theory that violence displaces male sexuality (in our homophobic culture) by undermining any notion of the male body as passive spectacle through narrative intervention which justifies the camera's objectifying gaze by making him the object or perpetrator of violent action. (Holland 1995: 165)

Claudia Springer setzt asexuelle Cyborgs wie den Terminator T-101 in eine Tradition der Comic-Book-Superheros, wo ebenfalls Sex durch Gewalt ersetzt wird. Ihre erotische Anziehungskraft beruht hauptsächlich auf der Macht, die sie repräsentieren, auch sie werden trotz einer Betonung des Körperlichen, wie beispielsweise durch sehr enge elastische Anzüge eines Superman oder Batman, weniger in erotischen Szenen als in Gewaltszenen gezeigt:

Significantly, muscle-bound cyborgs in films are informed by a tradition of muscular comic-book superheroes, and like these superheroes, their erotic appeal is in the promise of power they embody. Their heightened physicality culminates not in sexual climax but in acts of violence. Violence substitutes for sexual release. (Springer 1996: 99)

Cyborgs wie der T-101 bleiben asexuell, obwohl sie extrem geschlechtskodierte Körper besitzen. Der Terminator T-101 ist zwar ein hypermaskulines Wesen, sexuelles Begehren kennt er allerdings nicht, so wie er überhaupt keine Art von Begehren kennt. Der Regisseur des Films, James Cameron, ist sich der asexuellen Wirkung des T-101 bewusst:

Orion's initial thought was that the poster of Arnold with his chest bared would make women want to come and see the movie. But I don't think anybody sees him in a sexual way in the film. They see him almost from the beginning as this implacable, sexless, emotionless machine - in the form of a man, which is scary, because he's a perfect male figure. (James Cameron in einem Interview 1985, aus Aurich 2000: 55)

Claudia Springer bezieht sich in ihren Untersuchungen des Cyborgfilms auf Klaus Theweleit und zieht Vergleiche zwischen den faschistischen Soldaten, die er in seinem zweibändigen Werk "Männerfantasien" (1977/78) untersuchte, und Cyborgdarstellungen in der Art eines Terminators T-101. Die faschistischen Soldaten, die Theweleit analysiert, töten zum einen, um die befürchtete Auflösung ihres Selbst zu externalisieren, zum anderen verachten sie nichts mehr als Frauen. Auf diese werden unklare, flüssige Ego-Grenzen und die Versuchung der sexuellen Vereinigung projiziert, welche ebenfalls mit verwischten Grenzen in Zusammenhang gebracht wird. "Theweleit argues that the protofascist fantasy of armored invincibility signifies a desire to ward off external threats of ego absorption and, simultaneously, ego dissolution from within." (Springer 1996: 111) Die Soldaten rüsten sich laut Theweleit selbst mit hartem Leder und Waffen aus, um gegen die Bedrohung durch Frauen gerüstet zu sein und ihr eigenes fragiles Selbstverständnis aufzupolieren. Faschistische Körperbilder tauchen immer wieder auf, oft auch versteckt. Auch ein Teil der Cyborgdarstellungen geht in diese Richtung: "For the Freikorps soldiers, invincibility was an unrealizable fantasy. Cyborgs like the Terminator and RoboCop realize the Freikorps fantasy in the realm of representation, making possible in fiction what can be only fantasized in fact." (Springer 1996: 109) Sexualität wird vom faschistischen Soldaten aber nicht nur ob des eventuellen Verlusts der persönlichen Grenzen gefürchtet, schreibt Theweleit, sondern auch, da Sexualität in Verbindung mit der Schaffung von Leben steht. Der Soldat allerdings ist damit beschäftigt, alles Leben zu zerstören, bevor es ihn zerstört. (Springer 1996: 118) Auch der Terminator T-101 wurde zurückgeschickt, um die Geburt von John Connor zu verhindern. Im Terminator 2 - Judgment Day tritt der T-101 allerdings in einer konträren Rolle auf.

Verwandlung vom Killer zur Vaterfigur

Watching John with the machine, it was suddenly so clear. The Terminator would never stop, it would never leave him and it would never hurt him, never shout at him or get drunk and hit him or say it was too busy to spend time with him, he would always be there. And it would die to protect him. Of all the would-be fathers that came and went over the years, this thing, this machine was the only one who measured up. In an insane world, it was the sanest choice. (Monolog von Sarah über den T-101 in Terminator 2 - Judgment Day)

Der T-101 tritt in Terminator 2 - Judgment Day zwar wieder in der gleichen hypermaskulinen Rolle auf, diesmal allerdings nicht als Killer wie im ersten Teil, sondern als Helfer für John und Sarah Connor. Was im ersten Film die größte Bedrohung des Terminators ausgemacht hat, sein unbeirrbarer Antrieb zu terminieren, wird hier neu als Vertrauen und Zuverlässigkeit bezeichnet, weshalb der T-101 zum bestmöglichen Vater wird. So wie er im ersten Teil nie aufhören würde, Sarah zu verfolgen, so wird er plötzlich zur zuverlässigen Vaterfigur, wie in obigem Monolog von Sarah klar wird. Willis sieht im ersten Teil die Kleinfamilie bedroht, während diese im zweiten Film gefeiert wird: "Moreover, the previous terminator's lawlessness distinctly targeted the middle-class world of nuclear families, a world that T2 seems intent on celebrating. " (Willis 1997: 117) Sarah Connor bildet mit dem Terminator eine relativ funktionelle Familieneinheit. Einerseits wird hier die Kleinfamilie als Einheit gezeigt, die ein heterosexuelles Paar beinhalten muss, allerdings mit einer Betonung des Wortes "choice", es gibt also eine Wahlmöglichkeit, womit auch die Verbindung von Biologie, Vaterschaft und Männlichkeit unterwandert wird. (Willis 1997: 119, Pyle 1993: 240)

Susan Jeffords untersucht in ihrem Artikel "Can Masculinity be Terminated?" Männlichkeitsdarstellungen der 80er und 90er Jahre. In den 80er Jahren wurde der (hauptsächlich weiße) männliche Körper immer öfter in den Mittelpunkt gestellt: "Throughout this period, the male body - principally the white male body - became increasingly a vehicle of display - of musculature, of beauty, of physical feats, and of a gritty toughness." (Jeffords 1993a: 245) In den 90er Jahren hingegen werden Männer laut Jeffords nicht so sehr auf eine Oberfläche reduziert, interne Vorgänge werden problematisiert, ethische Dilemmas, emotionale Traumas und psychologische Ziele stehen im Vordergrund. Im Gegensatz dazu stehen die Darstellungen der 80er Jahre von Geschick im Umgang mit Waffen, athletischen Fähigkeiten oder Kämpfen generell. Jeffords sieht die Ursache für die Darstellungen der 80er Jahre in der zunehmenden Bekämpfung von männlichen Formen der Macht dieser Zeit, besonders hervorgehobene Männlichkeit soll den männlichen Körper bzw. männliches Territorium verteidigen. Auch Jeffords weist auf die neuen Qualitäten des T-101 im zweiten Terminator-Film hin: "This father doesn't teach John about weaponry or survival skills, and doesn't freak out, like the others did, about John's role in the future. And unlike Sarah, it will always stay with him." (Jeffords 1993a: 252) Von Anfang an ist der neue T-101 im zweiten Teil vom Killer zum Beschützer geworden. Er tötet keine Menschen mehr, er verletzt sie maximal, auch schon bevor John ihm das Versprechen abnimmt, keine Menschen mehr zu töten. Der Terminator nimmt im zweiten Terminator-Film eine konträre Rolle zum ersten Film ein, French verortet diese Unterschiede in der politischen Landschaft der USA: "After the terminator of the Reagan years, this is evidently the kinder, gentler Schwarzenegger of the Bush administration." (French 1996: 64) Zum Vergleich die Einführung des T-101 in den beiden Filmen: Im ersten Teil mordet er noch brutal einen Punk, um zu Kleidern zu kommen. Im zweiten Teil geht er in eine Country Bar und in einer komödiantischen Szene begleitet vom Song "Bad to the bone" (George Thorogood) holt er sich mit Gewalt die Kleidung eines Bikers. Tote gibt es diesmal keine, nur eine Schlägerei wie sie im sozialen Umfeld dieser Bar üblich zu sein scheint. (Dery 1996: 265) Die Rolle von Arnold Schwarzenegger wurde vom ersten zum zweiten Teil von The Terminator signifikant verändert, vom Bösewicht zum Helden, zum einen durch eine parodistische Selbstbezüglichkeit im Film, zum anderen durch eine graduelle Vermenschlichung seines Charakters. Nicht zuletzt seine freundschaftliche Beziehung zu John und seine Bezeichnung als idealer Vater durch Sarah tragen dazu bei. Und selbst wenn er stirbt, passiert dies nur, um das Überleben seiner neuen Familie, Sarah und John Connor, zu retten: "In these films, families provide both the motivation for and the resolution of changing masculine heroism." (Jeffords 1993b: 200) Er tritt als Beschützer gegen den T-1000 auf. Der T-1000 kann seine Form beliebig verändern, eine furchteinflößende Flüssigkeit. Der neue Terminator T-1000 verkörpert einen Mangel an körperlicher Definition, die für Bodybuilding so wichtig ist: "Within the film Schwarzenegger's muscular solidity is played off against both the unstable qualities of the T1000 and the rather iconographically unstable figure of Linda Hamilton as Sarah Connor." (Tasker 1993: 83)

Sarah Connor

Sarah Connor ist neben dem Terminator T-101 die zweite Hauptfigur, die sowohl in The Terminator als auch in Terminator 2 - Judgment Day eine zentrale Stelle einnimmt. Auch ihre Rolle verändert sich von dem Film der 80er Jahre zum Film der 90er Jahre, allerdings nicht auf eine so radikale und überraschende Art und Weise wie die des T-101. Ihre Entwicklung von der unscheinbaren Kellnerin zur heldenhaften Kämpferin wird bereits in The Terminator vorgezeigt.

Sarah Connor wird in beiden Filmen von Linda Hamilton verkörpert. Hamiltons Person ist ebenfalls nach wie vor mit der Rolle der Heldin Sarah Connor, vor allem der vielbeachteten Sarah des Terminator 2 - Judgment Day, verbunden. Vor dem zweiten Terminator-Film war sie aus ihrer Rolle in Beauty and the Beast (1987) sehr bekannt, eine TV-Serie, die auch im österreichischen Fernsehen lief. Nach 1991 wurden ihr hauptsächlich Rollen angeboten, die der Actionheldin Sarah Connor ähneln, doch Hamilton möchte sich ein breiteres schauspielerisches Repertoire sichern, weshalb sie im in Planung befindlichen Terminator 3: The Rise of the Machines im Gegensatz zu Arnold Schwarzenegger nicht mehr mitspielen will. (IMDb 2002)

Sarah Connors Entwicklung zur Heldin

Sarah macht in The Terminator verschiedene Stufen der Entwicklung durch. Erst ist sie noch eine unscheinbare, bescheidene Teilzeit-Kellnerin und Studentin. Als sie später von Kyle Reese erfährt, dass sie eine Legende der Rebellen der Zukunft werden soll, meint sie nur, dass sie nicht mal mit dem Scheckbuch umgehen könne. Trotzdem betont Telotte Sarahs Unabhängigkeit, die bereits im ersten Film sichtbar wird, wenn auch nicht so offensichtlich wie im zweiten Teil:

She [Anm. Sarah] wears jeans, tennis shoes, t-shirts, rides a motorbike, and shows an independent, at times aggressive, attitude. Thus she wittily terms the Big Boy statue at her restaurant 'Big Buns'; plays jokes on callers with her answering machine; and when her boyfriend stands her up, simply goes out by herself. (Telotte 1995: 173)

Im Laufe des Films entwickelt sie verschiedenste Fähigkeiten und wird zur Gegnerin der Maschine. Ein Wendepunkt für Sarah ist die Verletzung von Kyle Reese, der so wie ihr Verfolger, der Terminator T-101, aus der Zukunft gekommen ist, allerdings um sie zu warnen und ihr zu helfen. Sie übernimmt die Kontrolle und beschützt den verletzten Reese, am Ende zerstört sie den Terminator T-101: "The Terminator pits the Terminator against Sarah Connor, an unassuming college student and waitress who becomes tremendously resilient and resourceful and finally triumphs when she single-handedly destroys the Terminator." (Springer 1996: 113)

Für Terminator 2 - Judgment Day hat Linda Hamilton einiges an Muskeln aufgebaut, die auch eindeutig ins Bild gerückt werden. Die Sarah Connor des zweiten Teils knüpft unmittelbar an das Ende des ersten Films an, sie ist zur Kämpferin geworden, deren Ziel es ist, die Zukunft zu ändern. Sie ist jederzeit auf einen weiteren Angriff von Cyborgs aus der Zukunft vorbereitet. Sarah schützt zum einen ihren Sohn John, zum anderen greift sie in die Geschichte ein, damit es erst gar nicht zur Maschinenherrschaft kommt und der Atomkrieg gegen die künstliche Intelligenz Skynet vermieden werden kann.21 Sie versucht eine Computerfabrik zu sprengen, die an Entwicklungen arbeitet, die entscheidend an der zukünftigen Katastrophe beteiligt sein werden. Sie wird allerdings gefasst und in eine psychiatrische Anstalt gesteckt, da ihre Geschichten von der Zukunft zu unglaubwürdig wirken. Es gelingt ihr, sich aus dem Krankenhaus zu befreien, doch noch bevor sie das Gelände der Anstalt verlassen hat, beginnt wieder eine Verfolgungsjagd. Der Gegner ist der Cyborg T-1000 aus Flüssigmetall, der T-101 des ersten Teils tritt diesmal als Helfer auf. Der T-1000 wird mit vereinten Kräften von Sarah, dem T-101 und dem jungen John Connor in einem Kessel mit Flüssigmetall vernichtet. Auch im zweiten Teil drückt sie am Ende den Knopf zur Zerstörung des mittlerweile guten Terminators T-101, womit verhindert werden soll, dass aus Teilen des Cyborgs Techniken entwickelt werden können, die zur Maschinenherrschaft führen könnten.

Sarah - eine muskulöse Actionheldin

Im Action-Genre waren Helden lange Zeit die Regel, doch Heldinnen wie Sarah sind zunehmend zu finden. Spätestens Anfang der 90er Jahre waren aktive Heldinnen wie Sarah immer öfter im Kino zu sehen, der Begriff 'Heldin' wurde im Hollywood-Action-Kino mit einer neuen, veränderten Bedeutung versehen. Linda Hamilton mit ihrer Rolle in Terminator 2 ist eine von vielen Actionheldinnen, die neue narrative Möglichkeiten für Frauen im Hollywood-Action-Kino aufzeigen, womit 'Heldin' nicht länger mit Passivität gleichzusetzen ist. (Tasker 1993: 18) In den Filmen des Regisseurs der Terminator-Filme, James Cameron, sind oft Frauen im Mittelpunkt des Geschehens zu finden: "All of his films, Aliens, The Abyss, Terminator 2, True Lies, feature weak, neurotic men and strong women." (French 1996: 48) Sigourney Weavers Ripley in den Alien-Filmen ist eine weitere sehr berühmte Actionheldin im Zentrum der Handlung. Auch unter den erfolgreichen Filmen der letzten Zeit waren viele zu finden, in denen weibliche Actionheldinnen die Hauptrolle spielten, Crouching Tiger, Hidden Dragon (2000), Charlie's Angels (2000), Lara Croft: Tomb Raider (2001) und Final Fantasy: The Spirits Within (2001) sind nur vier davon. Yvonne Tasker stellt in ihrer Untersuchung von Actionfilmen fest, dass Filme mit weiblichen Stars im Mittelpunkt des Geschehens zu einem erheblichen Anteil Filme mit einem großen Budget sind, eine Tatsache, die auch auf oben genannte neuere Filme zutrifft:

Films such as Aliens (1986), Thelma and Louise (1991) and Terminator 2(1991) have had highly publicised cinema releases. The success of these films serves to highlight the existence of a cinematic tradition which has placed women at the centre of the action narrative, a tradition that stretches back to the 1970s and beyond. As with the movies featuring male stars that have already been referred to, these new films are distinguished by their accession to big-budget status. (Tasker 1993: 3)

Weibliche Hauptrollen waren lange Zeit hauptsächlich in Positionen im Film zu finden, in denen sie eher als ergänzende Charaktere für männliche Protagonisten in der Handlung auftraten, mittlerweile besetzen sie zunehmend zentrale Rollen, Figuren, die die Erzählung beherrschen. Muskulöse Actionheldinnen wie Sarah machen sichtbar, dass sich Muskeln auch auf den weiblichen Körper einschreiben lassen, die Figur Sarah emanzipiert sich vom traditionellen geschlechtsspezifisch kodierten weiblichen Körper. Traditionell wurde Weiblichkeit sowohl auf visueller Ebene als auch in der Sprache nicht mit Muskeln in Verbindung gebracht: "Conversely, the hardness of the muscles goes against a history of representation - visual and verbal - in which the female body is imagined as soft and curvaceous." (Tasker 1993: 142)

Interpretationen der Actionheldin Sarah

Sarah wird auf verschiedenste Art und Weise interpretiert, für viele TheoretikerInnen ist die Frage bedeutend, ob in Sarahs Rolle feministische Ideen zu finden sind oder nicht. Die Figur der Sarah entzieht sich einer einzigen Interpretation und könnte auch als Verkörperung männlicher Fantasien bewertet werden. Claudia Springer deutet auf verschiedenste Lesarten der Rolle Sarahs in Terminator 2 - Judgment Day hin:

Certainly Sarah Connor fits into a long tradition of phallic women in films whose fetishized bodies are designed to ease castration fears for the male spectator made uncomfortable by the sight of a fleshy woman on screen. Nonetheless, she also provides an attractive figure in the realm of fantasy for angry women. As viewers of martial arts films know, it is enormously satisfying to experience vicariously the triumph of an underdog seeking revenge against the perpetrators of injustice. Women under patriarchy can experience the exhilarating fantasy of immense physical strength and freedom from all constraints when watching figures like Sarah Connor. (Springer 1996: 139)

Einerseits ist Sarah Connor eine Figur, deren Körper zum Fetisch wird, andererseits bietet sie eine Identifikationsmöglichkeit für Frauen im Patriarchat, die sich mit dieser starken weiblichen Figur identifizieren können, die sich ansonsten im Film nicht so oft finden lässt. Weiter meint Springer, dass Rachefantasien mächtig sind, sogar wenn sie durch Hollywoods Filmindustrie vermittelt werden. Doch Springer möchte Sarah aufgrund ihrer widersprüchlichen Darstellung weder als feministische Figur feiern noch als reines Sexobjekt interpretieren, obwohl sie Aspekte beider Seiten verkörpert. Auch Dani Cavallaro sieht Sarah Connor als Charakter, der nicht unproblematisch als männlicher Fetisch oder feministische Vision gesehen werden kann und meint, dass diese Doppeldeutigkeit typisch für Cyborgerzählungen ist. (Springer 1996: 139; Cavallaro 2000: 48) Sharon Willis untersuchte Frauenrollen in den Terminator-Filmen als auch in Thelma and Louise (1991) und geht ebenfalls auf die unterschiedliche Bewertung ein. Kämpferische Frauen wie Sarah Connor oder auch die zwei Hauptprotagonistinnen in Thelma and Louise haben eine große Medienaufmerksamkeit auf sich gezogen und wurden einerseits bejubelt, andererseits als Alptraum bezeichnet. Diese Frauenfiguren präsentieren laut Willis feminine Maskerade weit ab von Glamour oder sexueller Verführung und zeigen vielmehr die Konstruiertheit des Körpers selbst als Kostüm auf, wie sie auch bei männlichen Actionstars sichtbar wird. Willis bezeichnet diese muskulösen Frauenkörper als eine Art "Drag", in der Art wie Dragqueens glamouröse Frauen darstellen, werden hier bestimmte Männerbilder von Frauen nachgeahmt. Der Körper selbst wird als eine Art der Maskerade gezeigt:

In destabilizing contrast to their male precursors, these new presentations of the muscled female body stage a form of drag based on a masculinity that aggressively displays its difference from an anatomical base. They thus parade an interruption: where we expect them to exhibit the mark of sexuality for consumption, instead we see the body itself as masquerade. (Willis 1997: 113)

Diese Interpretationsweise von Willis weist auf "doing-gender" Theorien von Judith Butler hin.22 Judith Butler meint, dass "Geschlechtsidentität eine Art ständiger Nachahmung ist, die als das Reale gilt", wobei hier die Betonung nicht zuletzt darauf liegt, dass es sich beim Realen um eine von Konventionen geprägte Kategorie handelt. (Butler 1991: 8) Mark Dery sieht muskulöse Heldinnen als problematische Figuren in einer Art und Weise wie auch Bodybuilderinnen. Während diese einerseits den traditionellen Weiblichkeitsbegriff aufweichen, unterwerfen sie sich seiner Meinung nach andererseits maskulinen Mythen des harten Körpers, die nicht weniger einschränkend sind. Kritisch merkt er zur Figur Sarahs weiter an, dass alles, was traditionell mit Weiblichkeit in Verbindung gebracht wird, entfernt wurde. Auch Springer geht auf diese Ablehnung von allem, was als weiblich gilt, ein: "Her strength and lean, muscular physique can be appealing as a feminist alternative to helpless Hollywood women characters, but they also represent a misogynistic rejection of all things feminine." (Springer 1996: 114) (Dery 1996: 269) Yvonne Tasker geht auf die unterschiedlichsten Bewertungen der Frauen im Action-Kino von seiten der feministischen Filmkritik ein. Diese Filme wurden in verschiedenen Kombinationen von Enthusiasmus und Abscheu aufgenommen. Während sie einerseits für die zentrale Stellung der Frauenrollen gefeiert werden, sehen manche ihre Freude durch kommerzielle Ausbeutung getrübt. (Tasker 1993: 135) Zur Rezeption von Action-Filmen führt Tasker an, dass das Vergnügen, das Mainstream-Filme bereiten, weder von gleichgeschlechtlicher Identifikation noch von einem heterosexuellen Verständnis von Lust diktiert wird. Die Ablehnung von Actionfilmen durch manche feministische KritikerInnen führt sie teilweise auf die traditionelle Einteilung der Genres in weiblich und männlich zurück: "It is ironic then that a critical disapproval of the 1980s' and 1990s' action heroine may stem in part from a feminist cultural criticism which has, in seeking to legitimise various pleasures and pastimes, classified popular forms and genres into male and female." (Tasker 1993: 136) Aktivitäten und Unterhaltung in Kategorien zu teilen, die passender für Frauen bzw. Männer sind und somit auch Genres in 'weibliche' und 'männliche' zu teilen, hat eine lange Tradition. Tasker sieht in dieser Einteilung einen Beweis für die klassenbasierte, an Hochkultur orientierte Haltung eines Teils feministischer Kritik gegenüber dem Mainstream-Kino, eine Haltung, die auch in vielen anderen Bereichen von Kritik zu finden ist, wie in den Cultural Studies vermehrt aufgezeigt wurde:

Ironically a designation of 'inappropriate' images derived from a feminist critical tradition, coincides here with a more conventional sense of feminine decorum, a sense of knowing one's place within a gendered hierarchy. As much as anything, this critical trajectory reveals the operation within feminist criticism of a class-based, high-cultural, attitude towards the popular cinema, an attitude familiar from other forms of criticism. (Tasker 1993: 136)

Yvonne Tasker sieht Actionheldinnen als eine Antwort auf feministische Ideen, die vorhergehende Formeln zur Darstellung von Weiblichkeit als anachronistisch kennzeichnen. (Tasker 1993: 152) Sie ist der Meinung, dass aktive Heldinnen konventionelle Auffassungen stören, nach denen Frauen ausschließlich durch Codes der Weiblichkeit dargestellt werden sollen. Frauen kontrollieren im Action-Film Technologien, die in diesem Kontext Macht und Freiheit symbolisieren:

Cinematic images of women who wield guns, and who take control of cars, computers and the other technologies that have symbolised both power and freedom within Hollywood's world, mobilise a symbolically transgressive iconography. At the most fundamental level, images of the active heroine disrupt the conventional notion - often significantly present as an assumption within feminist film criticism - that women either are, or should be, represented exclusively through the codes of feminity. (Tasker 1993: 132)

Der oft gehörte Vorwurf, dass die Action-Heldin vermännlicht wäre, kommt von dieser Auffassung, nach der Frauen durch Codes der Weiblichkeit dargestellt werden sollen, die Logik des Dualismus Frau/weiblich - Mann/männlich wird durch diesen Vorwurf weitergetragen: "The critical suggestion that the action heroine is 'really a man' [..] stems from this assumption and represents an attempt to secure the logic of a gendered binary in which the terms 'male' and 'masculine', 'female' and 'feminine' are locked together." (Tasker 1993: 132) In diesem Sinne können auch die weiter oben angeführten Kritiken von Dery und Springer an Sarah gesehen werden, wenn sie meinen, dass alles was mit traditioneller Weiblichkeit zu tun hat, von ihr entfernt wurde. Tasker sieht darin vielmehr eine Chance als einen Kritikpunkt im Gegensatz zu diesen zwei TheoretikerInnen.

In einem Interview mit Mark Dery geht Tricia Rose auf die Figur der Sarah Connor ein: Eine Frage sei, wer Figuren wie Sarah Connor konstruiere, weiters dass männliche Vorstellungen die Handlung vorantreiben würden. Tricia Rose meint allerdings, dass nicht so sehr die Frage "Wie wurde Sarah Connor von den FilmemacherInnen konstruiert?" im Vordergrund stehe. Wichtiger sei die Frage der Rezeption:

How do the feminist graduate students I know (many of whom idolize these characters) use these women in ways that rewrite the narrative and maybe rewrite their life roles? Furthermore, how might their readings allow another generation of feminist independent filmmakers to reimagine Sarah Connor? (Dery 1994b: 221)

Sie sieht ein großes Potenzial in der Figur Sarah Connors, die unabhängige Filmemacherinnen der nächsten Generation beeinflussen könnte. Sie sieht solche Rollen als kleine Bausteine eines größeren Ganzen, diese Bilder eröffnen neue Möglichkeiten, auch wenn andererseits patriarchale Normen im Hollywoodfilm zu finden sind und Hollywood versucht, den derzeitigen Zustand zu erhalten:

These images are opening up possibilities, revising what men and women think women ought to be, even if they wind up endorsing patriarchal norms in other ways. Hollywood has to reaffirm the status quo, of course, but trust me when I tell you that just by opening those gates, they're creating a rupture they may not be able to suture. (Dery 1994b: 221)

Der T-1000: ein Wesen ohne Gender

Sarah Connors Gegner in Terminator 2 - Judgment Day ist der Terminator T-1000, im ersten Teil kommt der T-1000 noch nicht vor. Obwohl der T-1000 weniger als fünf Minuten im Film zu sehen ist, hat James Cameron den ganzen Film um ihn aufgebaut. (Macauley 1995: 441) Der T-1000 unterscheidet sich sehr vom T-101, dem älteren Modell eines Terminators, es handelt sich dabei um ein Wesen, das ausschließlich aus Flüssigmetall besteht. Das Besondere an diesem Wesen ist, dass es jedes Objekt imitieren kann, das die gleiche Masse hat. Es kann unter anderem die Form von Menschen annehmen und auch die menschliche Stimme imitieren. Der T-1000 berührt Menschen, um sie zu duplizieren und anschließend zu töten: "This ability provides the film with its violently uncanny moments of doubling, when the copy confronts and then kills the original." (Pyle 1993: 238) Der T-1000 nimmt bevorzugt die Form eines Polizisten an, was ihm nicht nur den Zugang zu Polizeidaten verschafft, sondern auch das Vertrauen vieler Menschen einbringt, beispielsweise das der Pflegeeltern von John. Manchmal verwandelt er sich in eine metallische Flüssigkeit um sich neu zu formen oder sich zu reparieren, wenn er beschädigt wird. Seine Arme können sich in scharfe metallische Werkzeuge, wie etwa Messer, verwandeln. Am Ende, wenn er sich im Metallschmelzkessel der Fabrik auflöst, nimmt er noch einmal fast alle Formen an, die er im Film schon einmal eingenommen hat - von Johns Pflegemutter zum Wärter im Irrenhaus zu einem weiteren Polizisten und schlussendlich zu seiner beliebtesten Form, ebenfalls der eines Polizisten. Sarahs Form nimmt er allerdings nicht mehr an.

Morphing & Special Effects

Tasker meint, dass Untersuchungen des Kinos oft sinnliche Erfahrungen verleugnen, während in anderen Bereichen, wie beispielsweise der Untersuchung des Kinobesuchs als soziale Praxis, wertvolle Arbeit geleistet wird. Spezialeffekte wie die Morphing-Szenen in Terminator 2, die den T-1000 zeigen,gehören zu diesen sinnlichen Erfahrungen.Das Genre Science Fiction präsentiert sich oft als Technospektakel, was auch auf die Terminator-Filme zutrifft. Wie schon in der Einleitung erwähnt, waren bei Terminator 2 - Judgment Day die morphenden Bilder des T-1000 so zum ersten Mal im Kino zu sehen: "Morphing is the computer animation technique that gave Terminator 2 much of its technodazzle, enabling the T-1000 killer android to dissolve seamlessly from a slight, feline policeman into the sinewy heroine Sarah Connor, a paunchy hospital guard, or even checkerboard linoleum." (Dery 1996: 229) Landon meint, dass Spezialeffekte, die so wichtig im Science-Fiction-Film geworden sind, die Narration des Film meist eher zum Stillstand als voran bringen, also wie eine Pause in der Erzählung wirken. Er sieht Spezialeffekte als Selbstreferenz auf Filmtechnik selbst. Besonders im zweiten Terminator-Film mit seinen Bildern des T-1000, der sich einige Male verflüssigt, kommt es immer wieder zum Stillstand der Handlung, wenn die ansonsten schnelle Narration plötzlich durch eine längere ruhige Einstellung auf die Veränderung des T-1000 unterbrochen wird.(Tasker 1993: 6; Landon 1999: 39)

Der T-1000 und Gender

Während der T-101 etwas menschlicher in Terminator 2 - Judgment Day erscheint, ist der T-1000 abgesehen von seiner menschlichen Gestalt kaum als Mensch ins Bild gerückt. Letzterer wird als flüssiges Monster in einem starken Kontrast zum harten, stabilen T-101 gezeigt. (Tasker 1993: 150) Der T-1000 ist ein Wesen aus Flüssigmetall und tritt in verschiedensten Formen auf, sowohl in weiblicher als auch in männlicher Form. Es charakterisiert Wandelbarkeit und hat kein Geschlecht. Springer geht ebenfalls auf den Kontrast der zwei Cyborgs ein und sieht die zwei Terminatoren als zwei Metaphern für industrielle und postindustrielle Technik:

In Terminator 2 the two metaphors for technology, one solid and the other fluid, explicitly do battle, thereby implicitly contrasting the metaphors attached to male and female bodies in the two-sex model. The new, more advanced terminator, the T-1000, is smaller than Arnold Schwarzenegger's original model 101 and does not have his immense physical strength. Instead, the T-1000 has the ability to transform himself into a stream of silvery liquid, and he can fashion himself into any shape, squeeze through tiny openings, and absorb punches and projectiles by molding himself around them, leaving holes where he once was. He is the embodiment of 'feminine' fluidity, and as such is a particularly frightening adversary for the 101, since he does not fight in conventionally masculine ways. More important, he represents the loss of bodily boundaries that the 101 maintains with layers of leather clothing, big guns, and motorcycles. (Springer 1996: 112)

Der T-1000 wird als Wesen gezeigt, das neben seinem Aussehen nichts Menschliches an sich hat. Nicht zuletzt seine Geschlechtslosigkeit tritt als Faktor auf, der diese Betonung auf das Nicht-Menschliche noch verstärkt.

Diskursive Machtaufteilung

The Terminator23

Die erste Einstellung zeigt den Terminator T-101 wie ein Kunstwerk, wie eine Fotografie von Robert Mapplethorpe im Bild. Sein nackter Körper wird sichtbar: "It is also important to note though that whilst Stallone, Schwarzenegger, Dolph Lundgren and others are cast as monstrous in one view, they are pin-ups in another, their bodies self-created works of art, constantly worked over and redefined." (Tasker 1993: 9) Tasker bezeichnet Schwarzenegger und andere Actionfilm-Stars als Pin-Ups, wobei sie sich vor allem auf Szenen wie diese bezieht. Es gibt ausreichend Zeit, den Körper Schwarzeneggers eingehend zu betrachten. Der Blick des Terminators wird einige Male von der Kamera eingenommen, diese Bilder sind rot eingefärbt und mit Daten-Text versehen. Der Terminator sieht nicht wie ein Mensch, wodurch die Grenze zwischen Mensch und Maschine deutlich wird. Die Point-of-View-Shots sind in diesem Fall weniger dazu geeignet, den Film aus der Sicht des Terminators zu sehen, als vielmehr die Fremdartigkeit dieser Figur zu betonen:

These signs must however be supplemented by crucial point-of-view shots: the terminator's apparent inhumanity must be confirmed not only by our seeing him (such looks could be deceiving), but by seeing for ourselves how he sees. This seals the distinction, for the point-of-view shots reveal that the terminator does not 'see' images but merely gathers 'information.' (Pyle 1993: 232)

Bestärkt werden diese Bilder durch die Szene, in der sich der Terminator das Auge aus dem Gesicht schneidet. Reese, der Mensch aus der Zukunft, der ebenfalls nackt ankommt, wirkt weniger gefasst bei seinem ersten Auftreten. Er fällt hin und wirkt hilflos im Gegensatz zum Terminator, der sehr kontrolliert erscheint. Bei Sarahs Einführung läuft friedlich-fröhliche Musik im Hintergrund, die Sonne scheint, es ist hell und freundlich, während der Terminator nachts in einer schmutzigen, verlassenen Straße ankommt. Sie trägt einen pastellfarbenen Pulli und fährt mit ihrem Moped zur Arbeit. Mulvey stellte in ihren Untersuchungen fest, dass Einführungen von weiblichen Hauptrollen im klassischen Hollywoodfilm die Figuren vor allem als Bild und Blickobjekt konstruierten. Sie wurden passiv gezeigt, oft umrahmt von einem Fenster, einer Tür oder ähnlichem. Die Einführung von Frauen im klassischen Erzählkino Hollywoods erfolgte oft über den männlichen Blick. In der ersten Einstellung ist ein Mann in eine Richtung blickend zu sehen und nach dem Schnitt ist eine Frau im Bild. Dadurch wird die weibliche Figur vom ersten Auftreten an in Beziehung zur männlichen Rolle und nicht autonom eingeführt. Der Körper der Frau wurde im klassischen Hollywoodkino zusätzlich oft durch Fragmentierungen sexualisiert. Nahaufnahmen werden dabei häufig dazu benutzt, den Körper der Frau zu scannen. Sarah hingegen wird von anfang an in einer neutralen Perspektive und aktiv gezeigt. Es gibt beispielsweise keine langen Nahaufnahmen, wodurch sie auch nicht in die Position des Schauobjekts kommt. Ein einziges Mal wird sie zum Bild, wenn Reese erst ihr Foto anschaut und ein Cut auf die schlafende Sarah folgt. Am Ende des Films führt Sarah einen Monolog, sie spricht in einen Kassettenrekorder. Die ersten Sekunden hat sie dabei eine Off-Stimme, bereits der erste Film wird am Ende von ihr dominiert.

Im Science-Fiction-Film müssen Sounds oft erst erfunden werden. Allerdings ist zu beachten, das der Sound bis auf wenige Ausnahmen, beispielsweise bei den Dogme 95 Filmen, bei den meisten Produktionen künstlich konstruiert wird. Viele dieser Sounds, beispielsweise den Klang eines Schusses im Film, sind wir bereits so gewohnt, dass sie natürlich wirken. In The Terminator gibt es einen einprägsamen Ton sobald der Terminator ins Bild kommt oder seine Anwesenheit auch nur angekündigt wird. Ein kalter, maschinenartiger, exakter Ton begleitet den Cyborg auf seinen Wegen. In der ersten Szene mit Sarah Connor ist hingegen eine fröhliche Soundkompostion zu hören, der Kontrast zwischen den zwei Musikteilen könnte kaum größer sein. Mit Sound wird so die Stimmung des Films entscheidend beeinflusst.

Terminator 2 - Judgment Day

In Terminator 2 - Judgment Day dominiert Sarah den Film von Anfang an. Bereits die ersten Bilder des Films, die einen Kampf zwischen Maschinen und einigen wenigen letzten Menschen zeigen, sind mit ihrer Stimme unterlegt. Der Off-Stimme wird, ohne auf den Inhalt zu achten, eine sehr mächtige Position zugeschrieben, to-be-heard-but-not-seen ist das Konzept, das viel Macht bedeutet, to-be-seen-but-not-heard (bzw. to-be-looked-at-ness) erscheint als das Gegenteil, eine sehr machtlose Position. Die Off-Stimme zu haben bedeutet Wissen und damit Macht.

3 billion human lives ended on August 29th, 1997. The survivors of the nuclear fire called the war 'Judgment Day'. They lived only to face a new nightmare: the war against the machines. -- The computer which controlled the machines, Skynet, sent two Terminators back through time. Their mission: to destroy the leader of the human resistance, John Connor, my son. The first Terminator was programmed to strike at me in the year 1984, before John was born. It failed. The second was set to strike at John himself when he was still a child. As before, the resistance was able to send a lone warrior, a protector for John. It was just a question of which one of them would reach him first. (Sarah Connors Einstiegsmonolog in Terminator 2 - Judgment Day)

Als sie später im Film das erste Mal zu sehen ist, trainiert sie in einer Zelle im Spital. Die ersten Shots zeigen ihre Muskeln, sie trainiert mit Klimmzügen auf ihrem aufgestellten Bett. Ihr Gesicht ist nicht sofort sichtbar. Die Kamera nimmt ihren Point-of-View im Laufe des Films wiederholt ein, etwa wenn sie den Direktor des Spitals überfällt oder ihr der Terminator T-101 das erste Mal die Hand reicht. Der T-101 wird wieder nackt vorgestellt, ähnlich wie im ersten Film. Als er aufsteht, verfolgt ihn die Kamera, bis er eine Bar betritt. Dann sehen wir seinen Blick: wie im ersten Film ein rotes Videobild, wobei verschiedenste Daten am Rand laufen. Die Reaktionen der Menschen in der Bar werden sichtbar:

Our first sight of the terminator, as in the first film, finds him crouching naked in a parking lot. When he rises, the camera follows behind Schwarzenegger until he enters a local bar. It then allows us to take up his point of view. We see the reactions of the patrons of this bar through the terminator's 'eyes,' a video screen that also registers various data across our view of these spectators as they examine Arnold. (Willis 1997: 122)

Slapstick-Sound relativiert allerdings seine brutale Vorstellung, diesmal gibt es auch nur Verletzungen, niemand wird in dieser Szene getötet. In Terminator 2 - Judgment Day ist der Sound bei der Ankunft des nun guten T-101 nicht mehr der kalte Sound wie im ersten Film. Im Hintergrund läuft die Nummer "Bad to the bone", die während der ganzen Szene der Ankunft des Terminators in der Bar dem T-101 einen komikhaften Charakter verleiht und ihr sehr viel Angsteinflößendes nimmt. Der Blickwinkel des T-101 wird im Laufe des Films ebenfalls des Öfteren eingenommen, wie eben bereits in der ersten Szene in der Bar. In der letzten sentimentalen Szene mit dem T-101, in der er in Flüssigmetall versenkt wird, ist sein Blick auf Sarah und John sichtbar, diesmal nicht rot, was seinen Blick menschlich werden lässt. Allerdings ist gleich darauf sein Shutdown in den roten Videobildern zu sehen, wodurch das Maschinenartige im letzten Moment doch noch sichtbar wird und jegliche Vermutungen, dass er zu etwas Menschlichem mutiert sei, zerstreut werden. Der Blickwinkel des T-1000 ist von der Kamera bereits eingenommen, bevor er selbst sichtbar wird. Es ist Nacht und der T-1000 ermordet bei seiner Einführung einen Polizisten, der typische kalte Terminator-Sound begleitet die Szene. Später gibt es allerdings keine Point-of-View-Shots mehr aus der Perspektive des T-1000, French sieht dies als Methode, die Identifikation des Publikums mit dem T-1000 zu erschweren:

If the lesson of The Terminator and Westworld was that to share a character's point of view is necessarily to identify with it and even feel something for it, then one of the logical methods of preventing any audience involvement with the even more advanced cyborg that pursues Schwarzenegger is to deny us any participation in his point of view. (French 1996: 18)

Auch Willis meint, dass die Vermenschlichung des T-101 durch einen immer wiederkehrenden Point-of-View des Cyborgs möglich wird, ganz im Gegensatz zum T-1000, aus dessen Sicht keine Bilder zu sehen sind:

We should note here that 'the triumph of humanism' ist intimately linked to vision as well, since the technology of the camera consistently humanizes the T101 by assigning it a point of view, while the new terminator, the T1000, seems beyond point of view. Its gaze is a mobile, mimetic, but sightless one, completely disconnected from our own, which is intermittently aligned with the T101's. (Willis 1997: 117)

Die Sounds, die den T-1000 auf seinen Wegen begleiten, sind einerseits harte technoide Sounds und andererseits Töne, die auf seine flüssige Grundsubstanz hinweisen. Hundefutter wurde langsam aus einer Dose gekippt, um den Sound für die Morphing-Szenen des T-1000 zu produzieren.

Sarahs Stimme und Sichtweise dominieren und umrahmen den Film, auch während des Filmes ist ihre Stimme zweimal aus dem Off zu hören, wenn sie etwa den Terminator im gedanklichen Monolog als den besten aller Väter bezeichnet, oder wenn sie zu Cyberdine Systems fahren, um den Chip des Terminators des ersten Films zu zerstören. Das Ende von Terminator 2 - Judgment Day ist so wie der Anfang ein Monolog von Sarah mittels Off-Stimme: "The unknown future rolls towards us. I face it for the first time with a sense of hope because if a machine, a terminator, can learn the value of human life, maybe we can too." (Sarah Connor am Ende von Terminator 2 - Judgment Day)

5     I.K.U.

I.K.U. (2000) wird auf Flyern als "japanese sci-fi porn feature" vorgestellt. Er knüpft direkt an die Narration von Blade Runner an, Filmzitate sind häufig. Der Film von Shu Lea Cheang ist der jüngste der hier besprochenen Filme. Bei I.K.U. handelt es sich im Gegensatz zu den bisher vorgestellten Filmen nicht um eine Hollywood-Produktion, das Budget war mit 500.000 US-Dollar vergleichsweise gering. (Bailey 2000: 139) Der Independentfilm aus Japan wurde aus den über 40 gesichteten Cyborg-Filmen ausgewählt, weil sich in I.K.U. Haraways Gedanken zur Cyborg relativ gut widerspiegeln. Technik spielt in Form des Internets eine zentrale Rolle. Der Film ist Teil einer größeren medienübergreifenden Geschichte, zu der auch eine Webpage gehört, auf der die Narration weitergeschrieben wird. Im Gegensatz zu Blade Runner, bei dem die Geschichte im Internet hauptsächlich durch Fans weitergeschrieben wird, geht hier die Initiative von der Produktionsseite aus. Außerdem spielt das Internet auch auf der Ebene der Narration des Films eine wichtige Rolle. Die Cyborgs des Films treten als IKU-Coder in Erscheinung. Die Frage nach der Grenze zwischen Mensch und Maschine steht im Hintergrund, die IKU-Coder Reiko und Sasaki haben Probleme wie Menschen auch und gehen ihren Jobs nach.

Produktionsbedingungen und Plot

Regie führte bei dem vollständig digital produzierten Film die in Taiwan geborene Shu Lea Cheang. Es ist ihr zweiter Spielfilm, der erste, Fresh Kill, entstand 1994. Shu Lea Cheang ist als Künstlerin vor allem für ihre Video und Online-Installationen bekannt, einige ihrer Arbeiten sind in fixen Ausstellungen zu finden, beispielsweise im Guggenheim Museum in New York, in Tokyo und in Minneapolis. (http://brandon.guggenheim.org/shuleaWORKS) Auch dieser Film kann als künstlerischer Beitrag verstanden werden: "I.K.U. is a self-described 'sci-fi indie cyberporn fantasy'. Which really only sounds like a pornographic film with pretensions. But in fact it is intended as a serious artistic statement by Shu Lea Cheang, a Taiwanese-born American-resident artist previously known for her video and online installation works." (Scheib 2001) Eines der Kunstwerke von Shu Lea Cheang ist in einer Szene des Films zu sehen. Nach I.K.U. bereitet Shu Lea Cheang ihren nächsten Film, Fluid, vor. Sextropa übernimmt die Produktion des neuen Films, der wieder ein Science-Fiction-Porno werden soll. Es handelt sich dabei um eine neue Sektion von Zentropa, einer Filmproduktionsfirma von Lars von Trier.

Die Produktion leitete Takashi Asai, für ihn war es der erste Film, der vollständig digital produziert wurde. Er ist der Gründer der auf Independent-Filme spezialisierten japanischen Produktions- und Distributionsfirma Uplink und co-produzierte die letzten vier Derek-Jarman-Filme. Asai versucht, japanische Kultur abseits der Klischees in den Westen zu transportieren. (IKU 2002: http://www.i-k-u.com/eng_h/iku/staff/asa_j.html) Kamoto Tetsuya, der aus dem Bereich der Musik-Videos kam, war für die Kamera verantwortlich. Gefilmt wurde mit einer handelsüblichen Canon-Digital-Video-Kamera. Die Aufnahmen waren bereits nach drei Wochen abgeschlossen, die Post-Produktion von I.K.U dauerte über ein halbes Jahr. Im Juli 2000 war der Film fertiggestellt. Die Spiellänge des Films ist in Japan 90 Minuten und in der USA-Fassung 73 Minuten. Diese Analyse bezieht sich auf letztere. Die Sprache des Films ist ein Gemisch aus Englisch und Japanisch, wodurch es bei fehlenden Japanisch-Kenntnissen ohne ein Nachlesen auf der Webpage schwierig wird, dem Verlauf der Geschichte zu folgen. (IKU 2002: http://www.i-k-u.com) Im Gegensatz zu den Blockbuster-Filmen, die bereits besprochen wurden, richtet sich I.K.U. an ein spezielleres Publikum, das im Kunstsektor angesiedelt werden kann. Terminator 2 - Judgment Day beispielsweise wendet sich nicht zuletzt aufgrund seiner Marktposition an die breite Masse, während sich der unabhängige Film, wie etwa I.K.U., an ein differenziertes Segment des Publikums wendet: "At the same time, T2 is also framed by its market position as a blockbuster, a category that increasingly defines itself through its address to 'everyone,' over against the 'small,' or independent, film that presumes a specific and differentiated segment of the audience." (Willis 1997: 126) Die Weltpremiere fand im Jänner 2001 beim Sundance Film Festival statt. Der Film war in der Folge noch auf einigen anderen Film Festivals etwa in den USA, Südkorea und Deutschland zu sehen. Regulär ins Kino kam der Film in Japan am 3. Mai 2001. Der IKU-Runner Dizzy wird vom Gründer des Transgender- Film-Festivals in London, Zachery Nataf, dargestellt. Er hatte laut IKU-Webpage eine Geschlechtsoperation von weiblich zu männlich und verkörpert auch im Film einen Transsexuellen. Der Prostituierte Akira spielt sich selbst. Die meisten der sieben Reiko-Darstellerinnen sind ebenfalls im Erotikfilmbereich tätig, die Drag-Queens des Films sind auch außerhalb des Films Drag-Queens. Der Bondage-Künstler Akechi Denki spielt ebenfalls sich selbst in einer Szene mit Tokyo Rose.

Plot

'I.K.U.' - This is the title of the movie. Pronounced [ai-kei-ju], it also can be read [i-ku]. This is the word that expresses orgasm in Japanese, while Western people say 'coming'. 'I.K.U.' is a Japanese movie that was produced in English. We named it 'I.K.U.', since we would like people all over the world to see this movie and experience our unique culture which is very different from that of Western countries. (IKU 2002: http://www.i-k-u.com/eng_h/iku/key_j.html)

Anfang des 21. Jahrhunderts hat die Genom Corporation Androiden geschaffen, die als IKU-Coder bekannt sind. Ihre Mission ist es, Informationen über menschliche sexuelle Erfahrungen zu sammeln. Diese Daten werden anschließend mittels Internet vertrieben. Eine dieser IKU-Coder, Reiko, wird auf eine Mission in Tokyo geschickt. Sie kann sieben verschiedene Körperformen annehmen. IKU-Runner-Units sammeln die Daten wieder ein, einer davon ist Dizzy. Die Daten werden über IKU-Chips zugänglich, die über Automaten verkauft werden und direkte Stimulation des Gehirns versprechen. Die Chips sind in sieben verschiedenen Farben erhältlich, die je nach sexueller Ausrichtung Unterschiedliches bieten. Mittels Net-Glass-Phone und Chip können die Daten, die IKU-Coder einsammelten, vom IKU-Server über das Internet geholt werden. Gefahr geht von Tokyo Rose aus, die die zwei IKU-Coder Sasaki und Reiko mit einem Virus infiziert und sich so Zugriff zu den bereits gesammelten Daten verschafft und diese an die Konkurrenz der Genom Corporation weiterleitet. Die Droge Momoyama spielt eine wichtige Rolle in einer Szene. Es handelt sich dabei um eine chemische Droge, die den besten je erlebten Sex in Erinnerung ruft. Je nach Erinnerung variiert der Effekt sehr: "Momoyama is a natural drug that arouses the memory of the most wonderful sex that each person ever had from their brain. It does not act on the central nurve of sexual pleasure but on the central nurve of memory, the effect is not the same depending on the person's experiences of sexual pleasure." (IKU 2002: http://www.i-k-u.com/eng_h/iku/key_j.html) Erinnerungen, die auch in Blade Runner zentral sind, bekommen für die Verwendung von Momoyama einen wichtigen Stellenwert. Am Ende des Films fahren Reiko und Dizzy in einer grünen sonnigen Landschaft weg von Tokyo und flüchten wie Deckard und Rachael in Blade Runner aus der Stadt. Doch nach einem kurzem Abspann wird sichtbar, dass es sich dabei nur um "Ending Type 1" handelte und ein weiteres Ende wird gezeigt, in dem der Prostituierte Akira mit dem IKU-Runner Dizzy durchbrennt.

And there are a lot of potential elements to the plot - a plan to digitize sexual experience for transmission via the Internet, rogue viruses, the central character of a sex android that achieves self-awareness through sexual awakening. Unfortunately none of it coalesces into a plot of any sort. (Scheib 2001)

Scheib merkt zum Plot kritisch an, dass der Film keine herkömmliche Geschichte erzählt. Die Stärke von I.K.U. liegt weniger in der Erzählung als darin, Konzepte einer möglichen Zukunft vorzustellen. Der Film zeigt unter anderem eine Zukunft auf, in der persönliche Freuden von kommerziellen Firmen kontrolliert werden: "'I.K.U.' describes an era in which business controls personal pleasure". (IKU 2002: http://www.i-k-u.com/eng_h/iku/int_j.html)

Webpage

Der Film und die IKU-Webpage sind eng verknüpft. Einerseits ist im Abspann des Films auch der Link zur Webpage zu finden, andererseits wird auf der Webpage I.K.U. als Werbefilm für die Firma Genom bezeichnet: "Feature promotion film IKU made for promoting sales of IKU chips, gained attention for its high entertainment quality".

(IKU 2002: http://www.i-k-u.com/eng_h/genom/new_j.html) Die Homepage bietet weiterführende Informationen zur Produktion und zur Story des Films. Die Webpage ist Teil der Fiktion, es gibt etwa einen Link News. Im Gegensatz zu Blade Runner wird die Narration hier allerdings von der produzierenden Seite im Internet weitergeschrieben und nicht von IKU-Fans. Der Film I.K.U. wird auf der Webpage als "A net-surfing movie for the Internet Generation" bezeichnet: "'I.K.U.' is a movie that was produced for the Internet Generation. The story developes like doing net-surfing. Shooting with digital video cameras. Non-linear editing with computers. No doubt 'I.K.U.' warps you to the world of the enhanced image." (IKU 2002: http://www.i-k-u.com/eng_h/iku/int_j.html) Auf der Webpage werden die keywords des Films genau erklärt, wodurch die Fiktion des Films einerseits erklärt und andererseits auch weitergeschrieben wird. In der Sektion News finden sich Neuigkeiten zu den IKU-Coders, beispielsweise die Information, dass Reiko und Sasaki von OS Version 4.0 auf 4.5 upgegraded wurden. Vom IKU-Chip gibt es zudem zwei neue Farben:

IKU Chip are presently sold in 7 colours in accordance with the users' desires. The new model, Net Grass Phone has two IKU Chip sockets, to meet more complex sexual tastes. Select one colour out of the 7 colours that already exists and plug it into one end, and choose from the new colours of either Pearl White or Pearl Black and plug it into the other. The system shows that the political taste of the user is reflected in the user's sexual taste. Those who think they are conservative should choose Pearl White, while those who think they are innovative should choose Pearl Black. (IKU 2002: http://www.i-k-u.com/eng_h/genom/new_j.html)

Hier werden Weiße wieder als konservativ bezeichnet, wie auch bei einer Szene, in der ein weißes Pärchen mit Momoyama keinen Erfolg hat. Sogar ein Jobangebot findet sich auf der Webpage. IKU-Runner werden gesucht, die die IKU-Coder betreuen.

Grenze Mensch - Maschine

Technik spielt in I.K.U. eine wichtige Rolle. Das Internet ist allgegenwärtig. Die Cyborgs des Films, die IKU-Coder, sollen eine Weiterentwicklung der ReplikantInnen von Blade Runner darstellen. Sobchack geht davon aus, dass viele Science-Fiction-Filme neueste Technik einerseits zur Herstellung der Filme verwenden und andererseits als Spezialeffekt im Film sichtbar machen: "[T]he most popular SF films keep appropriating the culture's newest technology - on the one hand, literally 'incorporating' it as part of the film medium (e.g., computer-generated imagery), and on the other, symbolically 'displaying' it as 'invention,' as a more special 'special' effect." (Sobchack 2000: 145) Auch bei I.K.U. wurde neueste Technik zur Herstellung verwendet, der Film wurde vollständig digital produziert. Die Genom Corporation von I.K.U. gleicht der Tyrell Corporation von Blade Runner. Die Genom Corporation hat sich von zu teuren Weltraum-Experimenten verabschiedet und wendete sich wieder der Erde zu, die Biotechnologie von Blade Runner spielt nach wie vor neben dem Internet eine bedeutende Rolle in dem Film.

Im Gegensatz zu Blade Runner oder auch den Terminator-Filmen geht bei diesem Film keine Bedrohung von den Cyborgs aus. Es gibt keinerlei Bestrebungen, die Weltherrschaft zu übernehmen oder zu revoltieren. Die IKU-Coder gehen ihrer Arbeit nach wie Menschen auch, wobei sie der Gefahr ausgeliefert sind, von einem Virus der Konkurrenz der Genom Corporation befallen zu werden. Sie können ihre Gestalt ändern, Reiko etwa kann sieben verschiedene Gestalten annehmen: "In I.K.U., the body is no longer seen as an undivided biological entity, but as a collection of data and information." (Chong 2000: 86) Die Grenze zwischen Mensch und Maschine ist zwar eindeutig, allerdings erscheint der künstliche Ursprung hier nur als eines von vielen Identitätsmerkmalen und nicht als das Entscheidende. Vivian Sobchack beschäftigt sich in ihrem Artikel "Postfuturism" mit dem Wandel der Darstellung des Anderen, das im Science-Fiction-Film in vielen Formen auftritt: Bewohnende anderer Planeten, Cyborgs und ReplikantInnen sind nur einige davon. (Sobchack 2000) Das Fremde wurde in den 50er Jahren hauptsächlich als politische und soziale Gefahr gesehen, heute wird es meist anders positioniert: "Today's SF films either posit that 'aliens are like us' or that 'aliens R U.S.'" (Sobchack 2000: 137) In ihrer Argumentationslinie bezieht sie sich auf Michel Foucaults Theorien von "resemblance" und "similitude", Beziehungen von "resemblance" sind hierarchisch und erfordern die Unterwerfung eines Terms zu dem anderen: "Resemblance serves representation, which rules over it; similitude serves repetition, which ranges across it." (Sobchack 2000: 138) In diesem Sinne sind die ReplikantInnen in Blade Runner dem menschlichen Modell untergeordnet, sie sind Kopien eines Originals. "To maintain - as conservative mainstream SF does - that 'aliens are just like us' is to assert and dramatize a resemblance - with human being as the 'model', the 'original element' that 'orders and hierarchizes' the 'copies that can be struck from it'. (Sobchack 2000: 138) Die IKU-Coder sind im Gegensatz dazu den Menschen gleichgestellt.

The narratives of the conservative mainstream SF film maintain 'difference' and 'otherness' in the name of homogeneity and embrace the alien as an other who is like us. More radically, the narratives of the postmodern marginal SF film maintain 'difference' and 'otherness' in the name of heterogeneity and erase alienation by articulating it as a universal condition in which we are aliens and aliens are us. (Sobchack 2000: 137)

Sobchack unterscheidet zwischen dem konservativen Mainstream-Science-Fiction-Film, in dem der Unterschied erhalten bleibt und das Andere im Namen der Homogenität als etwas wie wir gesehen wird. In postmodernen Produktionen außerhalb des Mainstreams findet sie Andersheit im Namen der Heterogenität beibehalten. Fremdheit bzw. Andersartigkeit wird dabei als eine universale Bedingung verstanden. In Filmen wie Liquid Sky oder I.K.U. ist die Beziehung eher so, dass es kein Original gibt. Allerdings merkt Sobchack kritisch dazu an, dass so ein Mythos der homogenen Heterogenität unterstützt wird, wovon die Kultur des multinationalen Kapitals profitiert:"Indeed, narrativizing 'aliens R U.S.' is not so progressive as it might seem. Rather, such narratives represent and dramatize the cultural logic of late capitalism whereby the very conditions of cultural alienation are not only found acceptable, but also euphorically celebrated as liberating." (Sobchack 2000:142) Sobchack geht davon aus, dass, umso mehr ein Film kostet, umso weniger Risiken eingegangen werden. Umgekehrt ist es somit bei einem Film mit geringerem Budget, wie etwa I.K.U., leichter Risiken einzugehen. Sobchack sieht ein großes Potenzial im feministischen Science-Fiction-Film, und zwar in einer Art, wie es in der Science-Fiction-Literatur bereits passiert ist. (Sobchack 2000: 146)

Die IKU-Coder Reiko und Sasaki

I.K.U. knüpft direkt an Blade Runner an. Asai Takashi sah in I.K.U. ein Projekt, das die Vorstellungen von Japans Kultur, wie sie etwa in Blade Runner gezeigt werden, demystifizieren sollte. Takashi, der Produzent des Films, erklärt:

What's popular about Japan around the world is its subcultures: anime, manga, video games, techno music ... I wanted to mix all of those up in a futuristic sex movie that reflected the true image of Japan - not like the version that Ridley Scott showed in the downtown sequences of Blade Runner. (Bailey 2000: 142)

Schon die erste Szene des Films ist eine Anspielung auf Blade Runner. Ein Origami-Einhorn, das in der letzten Einstellung von Blade Runner von Deckard gefunden wird, wird hier vom IKU-Runner Dizzy wiedergefunden. Auch die Dialoge im Lift zwischen Reiko und Dizzy sind den Dialogen von Deckard und Rachael ähnlich. Doch im Gegensatz zu Blade Runner, wo die ReplikantInnen noch Arbeiten im Weltraum zu verrichten haben, sind in I.K.U. die Cyborgs als SexarbeiterInnen tätig. I.K.U. siedelt sich zeitlich im Anschluss an Blade Runner an. Die Genom Corporation verwendet die Ex-Weltraum-ArbeiterInnen der Tyrell Corporation als Krankenpersonal und später als Sexandroiden, anschließend wird das IKU-Projekt gestartet. Die Probleme der ReplikantInnen sind Viren. Die zwei IKU-Coder Reiko und Sasaki infizieren sich bei einer sexuellen Begegnung mit Tokyo Rose mit dem gleichnamigen Virus. Sämtliche Daten, die die zwei bereits gesammelt hatten, sind somit von der Konkurrenz der Genom Corporation gestohlen worden. Die künstlichen Menschen stellen hier keine Bedrohung für die Menschen dar, sondern haben vielmehr Kämpfe unter sich auszutragen.

The cinematic imaging of cyborgs might suggest new visions of unstable identity, but often do so by upholding gender stereotypes. To this end, we need to search for cyborg images which work to disrupt stable oppositions. Our popular/hegemonic cultural logic doesn't easily allow for these kinds of blurred distinctions. It polarizes cyborg identity into just or evil, male or female, human or machine, victim or other. (Balsamo 2000: 156)

Balsamo meint bei ihrer Untersuchung von Cyborgs im Film, dass Cyborgs zwar neue Visionen von einer instabilen Identität vorstellen, allerdings werden dabei Gender-Stereotype oft weitergetragen. Sie schlägt vor, nach Cyborg-Filmen zu suchen, die stabile Gegensätze zerstören, obwohl unsere kulturelle Logik diese Art von unklaren Unterscheidungen nicht so einfach erlaubt. I.K.U.kann als solch ein Film gesehen werden. Die zwei IKU-Coder Reiko und Sasaki sind zwar eindeutig weiblich und männlich, diese Figuren operieren allerdings weit ab von konventionellen stereotypen Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit. Im Gegenteil, das einzige heterosexuelle Pärchen wird als besonders langweilig vorgestellt. In einer Szene mit der Droge Momoyama wird klar, dass das weiße Pärchen, das gerade die Droge ausprobierte, nichts sexuell Erregendes in seinem Leben erlebt hat. Während ein Paar von Transvestiten im siebenten Himmel schwebt, bleibt die Wirkung bei dem frustrierten Paar aus.

Diskursive Machtaufteilung

Auf der Ebene der filmsprachlichen Mittel unterscheidet sich I.K.U. sehr von den bisher besprochenen Filmen. Die Ästhetik des Films erinnert an Fernsehformate wie etwa Musik-Videos und Werbungen: "The film overflows a lot of energetically co-opted MTV and Cyberpunk imagery, albeit rather low-budgeted - hyper-kinetic animation and infobyte displays, an excess of flashing light effects and the camera rarely mounted on a horizontal axis throughout." (Scheib 2001) Die Kameraführung ist oft unkonventionell und zum Teil sehr wacklig. Eine subjektive Kameraführung gibt es nicht, Off-Stimmen kommen auch nicht vor. Fragmentarisierung und damit Sexualisierung gibt es in dem pornographischen24 Film sehr oft. Der Film beginnt mit einer Laufschrift im Stile von Blade Runner, die die Filmwelt von I.K.U. erklärt, besonders auch wer die IKU-Coder sind. Der Soundtrack wird von Techno-Rythmen der Gruppe "The Saboten" bestimmt. Reiko und Dizzy werden in der ersten Szene eingeführt, die beinahe identisch mit der letzten Szene in Blade Runner ist. Reikos Fuß streift ein Origami-Einhorn und tritt in einen Fahrstuhl. Dizzy hebt dieses Einhorn auf. Die Figuren sind dabei aus einer neutralen Kameraposition zu sehen und sprechen nicht. Das Licht ist blau-grün gehalten. Auch beim Auftritt des zweiten IKU-Coders ist das Bild in grün gehalten. Sasaki hat dabei eine VR-Brille auf und wird von Tokyo Rose für eine Sondervorstellung ausgewählt. Gleich darauf erscheint eine Einblendung wie bei einer Werbung, die zeigt, dass es sich bei der Figur um einen IKU-Coder mit dem Betriebssystem 3.0 handelt. Machtkonfigurationen lassen sich aus den bei Mainstream-Filmen üblichen Parametern bei diesem Film kaum ablesen, die Machtfrage steht im Hintergrund. Macht wird vor allem der Genom Corporation zugeteilt, die aber nur durch ihre MitarbeiterInnen in Form der IKU-Runner und der IKU-Coder sichtbar wird. Das Machtzentrum wird im Gegensatz zu Blade Runner, bei dem die Tyrell Corporation in der Figur von Tyrell verkörpert wird, nicht ins Bild gerückt.

Claudia Springer meint, dass im Mainstream-Kommerz-Film konventionelle Gender-Rollen meist aufrechterhalten werden. Ausnahmen verortet sie außerhalb der Mainstream-Filme oder auch im Medium Fernsehen, wo die Beziehung zum Publikum fragmentierter ist und konventionelle kinematische Techniken, die den Blick der Zuschauenden lenken, nicht zur Anwendung kommen. Das Ziel einer abgeschlossenen Narration steht dabei nicht so sehr im Vordergrund: "Television theorists have pointed out that its shifting sites of identification and open-ended narratives allow for more flexibility than does conventional mainstream cinema." (Springer 1996: 97) Auch bei I.K.U. gibt es keine Narration im klassischen Sinne, die Geschichte geht nicht einem Höhepunkt entgegen und wird auf der Homepage noch weitergeführt. Das Ende wird zweigeteilt und weitere mögliche Fortführungen der Geschichte angedeutet. Anders als in vielen herkömmlichen Filmen, wo alles daran gesetzt wird, dass der Film eine eigene abgeschlossene Welt darstellt und die Narration ohne Brüche von Anfang bis zum Ende eine Linie verfolgt, wird bei I.K.U. auf die Künstlichkeit des Films extra hingewiesen, wenn am Ende vier Versionen der Endsequenz angeboten werden. Springer sieht in dieser Fragmentierung, wie sie im Fernsehen öfter gefunden werden kann, eine Chance: "Its fragmentation does not make television a feminist medium, but feminist implications can sometimes emerge from its disruption of classic Hollywood-style seamless narratives and stable diegeses, where the fictional world accommodates no alternatives." (Springer 1996: 98) Reiko und Sasaki, die zwei IKU-Coder, sind sehr weit von dem schwer bewaffneten Terminator T-101 entfernt, der an männlichen Stereotypen hängt. In I.K.U. steht nicht eine brutale männliche Cyborgfigur im Mittelpunkt des Geschehens, und der Umgang mit der Fusion von Mensch und Technik gleicht viel mehr dem spielerischen Umgang mit Cyborgs im Fernsehen und Science-Fiction-Comics als den Darstellungen im klassischen Hollywoodkino: "The cyborgs populating feminist science fiction make very problematic the statuses of man or woman, human, artefact, member of a race, individual entity, or body." (Haraway 1991b: 178)

Zusammenfassung und Schlusswort

Gender und Technik werden in den vier behandelten Cyborg-Filmen auf unterschiedlichste Art und Weise dargestellt. Technik-Repräsentationen sind seit langer Zeit mit Vorstellungen von Gender eng verknüpft, wie Claudia Springer in ihrem Buch "Electronic Eros" aufgezeigt hat. Donna Haraway stellte in ihrem Cyborg-Manifest von 1985 eine Metapher der Cyborg als Post-Gender-Wesen vor, in Mainstream-Hollywood-Produktionen lässt sich diese Art der Cyborg allerdings bislang nicht wiederfinden. (Springer 1996, Haraway 1991b)

Blade Runner ist ein Film, der selbst 20 Jahre nach der Premiere noch diskutiert wird. Im Internet lassen sich viele Webpages von Fans finden, die den Film in seinen verschiedenen Versionen mit unvergleichlicher Ernsthaftigkeit besprechen. Der Mythos Blade Runner wird von den Fans weitergeschrieben, Bild für Bild wird der Film analysiert. Die Schwierigkeit, die Grenze zwischen Menschen und ReplikantInnen zu ziehen, stellt das Hauptthema des Films und auch der Diskussionen im Internet dar. Der Voight-Kampff-Test, die Spinners, die Esper-Maschine und die Tyrell-Pyramide sind nur einige wenige Beispiele für Technikdarstellungen in dem Film. Sie bilden die Kulisse für die genetisch konstruierten Cyborgs des Films, die ReplikantInnen, die ihren Schöpfer suchen, um mehr Lebenszeit zu erhalten. In den Terminator-Filmen will eine künstliche Intelligenz die Weltherrschaft übernehmen und die Menschen ausrotten. Die Bedrohung, die von den ReplikantInnen ausgeht, ist nicht mit dieser Gefahr vergleichbar. Es handelt sich nur um den Aufstand einiger weniger Cyborgs, die länger als die begrenzte Lebenszeit von vier Jahren leben wollen. Allerdings wird zur Diskussion gestellt, wo die Grenzen des Menschlichen liegen und inwiefern Menschen einzigartig sind. Offen bleibt etwa die Frage, ob der Blade Runner Deckard nicht selbst ein Replikant ist. Diese Uneindeutigkeiten des Films geben viel Platz für verschiedenste Interpretationen und sind für den Mythos Blade Runner mitverantwortlich.

Erinnerungen spielen bei der Identitätsbildung eine entscheidende Rolle. Die ReplikantInnen werden mit künstlichen Erinnerungen ausgestattet, um besser handhabbar zu werden. Gestützt werden diese Erinnerungen durch Photos. Empathie, die mit dem Voight-Kampff-Test festgestellt werden soll, und das Besitzen einer eigenen Vergangenheit und somit von eigenen Erinnerungen werden zu vermeintlichen Hauptmerkmalen der Unterscheidung von Menschen und ReplikantInnen. Durch die Schwierigkeit, diese Unterscheidung zu treffen, zeigt der Film eine Bedrohung der Stabilität der Bedeutung des Begriffs Mensch auf. Die Theoretikerin Landsberg sieht in prothetischen Erinnerungen, wie sie die ReplikantInnen besitzen, jedoch keineswegs Erinnerungen zweiter Klasse, sondern selbst menschliche Erinnerungen als verzerrt und ausgewählt. (Landsberg 1995)

Während die Grenzen zwischen den Menschen und den ReplikantInnen des Films verschwimmen, ist der Film bei Gender-Fragen weit weniger progressiv. Die ReplikantInnen erscheinen nicht als Post-Gender-Wesen, sondern vielmehr in eher klassisch geschlechtskodierten Rollen. Auch auf filmsprachlicher Ebene kommen geschlechtsspezifische Mittel zum Einsatz. Diskursive Macht erhält vor allem Tyrell, der Schöpfer der ReplikantInnen. Anne Balsamo geht allerdings davon aus, dass weibliche Cyborgs, wie etwa die Replikantin Rachael, die Vorstellungen von der Beziehung von Weiblichkeit und Technik verändern. Obwohl Rachael ein traditionelles Weiblichkeitsbild verkörpert, sieht Balsamo in dieser Figur eher eine Herausforderung an kulturelle Normen als etwa in der Figur des Terminators. (Balsamo 2000)

The Terminator und Terminator 2 - Judgment Day, die zwei kommerziell sehr erfolgreichen Filme von James Cameron, entstanden 1984 und 1991. Der unterschiedliche Stellenwert von Technik und Gender in den 80er und 90er Jahren lässt sich anhand der zwei Filme besonders gut ablesen, die sich sowohl auf der narrativen Ebene als auch im filmtechnischen Bereich sehr ähnlich sind. Die Grenze zwischen Mensch und Maschine bleibt in diesen Filmen im Gegensatz zu Blade Runner eindeutig, Zweifel sind bei den Terminator-Filmen ausgeschlossen, auch wenn die Cyborgs in menschlicher Form auftreten. Einzig die Verfolgung eines programmierten Ziels bestimmt die Handlungen der Cyborgs. Träume, Wünsche oder Schmerzen gibt es für sie nicht. Immer wieder sind Bilder aus der Perspektive des Cyborgs T-101 zu sehen, die in rot gehalten sind. Der Terminator kontrolliert ständig Daten der Umwelt, die am Rande seines Sichtfelds angezeigt werden. Es wird klar, dass dieses Wesen die Welt durch andere als menschliche Augen sieht. Im zweiten Teil, Terminator 2 - Judgment Day, wird der T-101 zwar als lernfähiges Wesen gezeigt, das sich menschliche Züge aneignen kann, doch es bleibt unbestritten, dass der Cyborg keinerlei Gefühle entwickeln kann und es sich bei dem Wesen um eine Maschine handelt. Beim zweiten Cyborg in Terminator 2 - Judgment Day handelt es sich um das wandelbare Wesen des T-1000, das seine Form beliebig in Gegenstände und Menschen verwandeln kann. Für den Terminator T-1000 gibt es keine Genderfixierung, er imitiert sowohl weibliche als auch männliche Formen, nicht zuletzt deshalb wird ihm keinerlei menschenähnlicher Status zugeschrieben.

Technik tritt in den Terminator-Filmen vor allem als Bedrohung auf, die von der künstlichen Intelligenz Skynet ausgeht. Die Intelligenz der Maschinen der Zukunft wird zwar als Bedrohung identifiziert, sichtbar wird diese allerdings durch die physische Kraft der Terminatoren, die sich eher auf Gewalt als auf Intelligenz verlassen. Metaphern der industriellen Vergangenheit, die sich auf Stärke beziehen, werden herangezogen, um das neue elektronische Zeitalter filmisch zu beschreiben. Die Angst vor der Verschwörung von Technik gegen die Menschen wird vor allem in The Terminator gezeigt. Technik erweist sich größtenteils als unzuverlässig, Maschinen gehen kaputt oder werden falsch benutzt. In Terminator 2 - Judgment Day erweist sich Technik als zuverlässiger, es kommt zu einer vermehrten Akzeptanz von Technik und sogar zu einer teilweisen Vermenschlichung des T-101. Technik wird in dem Film der 90er weit weniger bedrohlich gesehen als noch in dem Film The Terminator, dessen Entstehungszeit in den 80er Jahren liegt.

Der Cyborg T-101 steht im Zentrum der Narration der zwei Terminator-Filme und tritt in einer sehr männlichen Form auf. Verkörpert wird er von einer der berühmtesten Figuren in der Bodybuilding-Szene der 80er Jahre: Arnold Schwarzenegger. In The Terminator verfolgt er Sarah Connor, in Terminator 2 - Judgment Day ist er in einer konträren Rolle zu finden. Im zweiten Terminator-Film unterstützt er Sarah Connor und ihren Sohn John im Kampf gegen den neuen Verfolger, dem T-1000. Das Image von Arnold Schwarzenegger wurde durch die Rolle des T-101 nachhaltig geprägt. Bei den World Stunt Awards gewann Arnold Schwarzenegger den Ehrenpreis für den besten Action-Schauspieler. Im Hintergrund liefen die bekannten Terminator-Sounds, obwohl er in den zehn Jahren seit Terminator 2 in vielen anderen Rollen im Kino zu sehen war. (World Stunt Awards 2001) Dadurch wird sichtbar, wie sehr Schwarzeneggers Karriere durch die Terminator-Filme beeinflusst wurde. Die besondere Begabung des T-101 liegt nicht im Bereich außergewöhnlicher Intelligenz, das Hauptmerkmal des Cyborgs ist körperliche Überlegenheit. Claudia Springer sieht diese Art der muskulösen Cyborgfiguren als Repräsentationen von anachronistischen Konzepten von Technik, die im Industriezeitalter entstanden sind und mit der derzeit zunehmenden Miniaturisierung elektronischer Technologien kaum in Verbindung stehen. (Springer 1996) Die Geschichte von Bodybuildern und Athleten im Film geht bis zu den Tarzan-Filmen mit Johnny Weissmüller in der Hauptrolle zurück, die in den 30er und 40er Jahren in Hollywood produziert wurden. Bereits bei diesen Filmen war die Zurschaustellung des männlichen Körpers zentral. Der männliche Körper wird zum passiven Schauobjekt, doch die actionreiche Handlung der Filme stellt die herkömmliche Verbindung von Männlichkeit mit Aktivität wieder her. Die Narrationen der Action-Filme stellen zudem Erklärungen für diese Zurschaustellung des männlichen Körpers bereit. Bereits die ersten Bilder des T-101 zeigen den muskulösen Körper von Arnold Schwarzenegger, er wird nackt am Boden kauernd eingeführt. Durch die Narrationen der Terminator-Filme wird dies mit der Funktionsweise der Zeitmaschine erklärt, die ausschließlich menschliches Gewebe in der Zeit zurück transportieren kann, Kleidung und Waffen können deshalb nicht mitgeschickt werden. Die Meinungen in Bezug auf Bodybuilding gehen in zwei Richtungen. Während die einen meinen, Bodybuilding zeige männliche Dominanz, gehen andere TheoretikerInnen davon aus, dass Bodybuilding das Männlichkeitsbild instabil werden lasse. Durch die Beschäftigung der Bodybuilder mit ihrem Aussehen werden sie zu "unechten" Männern und oft mit Homosexualität in Verbindung gebracht. Andererseits erscheinen Bodybuilding-Stars sowohl natürlich als auch unnatürlich, sowohl biologisch als auch konstruiert. Der muskulöse Körper von Arnold Schwarzenegger verkörpert einerseits Natur, andererseits Techniken des Bodybuildings, wodurch die Grenzen zwischen Natürlichem und Künstlichem verschwimmen. Bodybuilding-Stars wie Schwarzenegger karikieren kulturelle Erwartungen an den männlichen Körper, das "doing-gender", wie Judith Butler es beschreibt, das Spielen der Männlichkeit wird offensichtlich. Bodybuilderinnen werden im Gegensatz dazu als "vermännlicht" bezeichnet. Die Beschäftigung des Bodybuildings wurde für beide Geschlechter als pervers charakterisiert. Die Tätigkeit des Trainierens vor dem Spiegel überschreitet, was als normales Verhalten beider Geschlechter gesehen wird. (Tasker 1993: 78) Der T-101 tritt in Terminator 2 - Judgment Day gänzlich verwandelt auf, nicht als Killer wie im ersten Teil, sondern als Helfer für Sarah und John Connor, auch wenn er noch immer in der gleichen muskulösen Form auftritt. Er wird von Sarah zum bestmöglichen aller Väter erklärt, Zuverlässigkeit ist seine neue Stärke. Diese Art der Verwandlung männlicher Hauptrollen findet sich in vielen Filmen der 90er Jahre im Gegensatz zu den Filmen der vorhergehenden Dekade.

Sarah Connor ist neben dem T-101 die zweite Hauptfigur, die in den beiden Terminator-Filmen eine zentrale Stelle einnimmt. Auch ihre Rolle verändert sich von dem Film der 80er Jahre zu jenem der 90er Jahre, allerdings nicht so radikal wie die des T-101. Sie entwickelt sich bereits in The Terminator von einer unscheinbaren Kellnerin zu einer heldenhaften Kämpferin, am Ende des Films zerstört sie den T-101 mit einer Hydraulikpresse. Terminator 2 - Judgment Day wird sowohl auf narrativer als auch auf filmsprachlicher Ebene von Sarah Connor beherrscht. Sie ist eine der ersten von vielen Action-Heldinnen, die beginnend mit den 90er Jahren zunehmend im Kino zu finden sind. Diese Frauenfiguren haben kaum noch etwas mit den weiblichen Filmrollen zu tun, die Laura Mulvey in ihrer richtungsweisenden Untersuchung "Visual Pleasure and Narrative Cinema" Mitte der 70er Jahre im klassischen Hollywood-Kino vorgefunden hat. (Mulvey 1989) Action-Heldinnen wie Linda Hamilton in ihrer Rolle in Terminator 2 - Judgment Day zeigen neue narrative Möglichkeiten für weibliche Figuren im Hollywood-Kino auf. In den Filmen des Regisseurs James Cameron sind immer wieder starke Frauen im Mittelpunkt des Geschehens zu finden, Sigourney Weavers Ripley in den Alien-Filmen ist eine weitere sehr bekannte Action-Heldin seiner Filme. Weibliche Figuren waren lange Zeit hauptsächlich als ergänzende Charaktere für männliche Protagonisten in Filmen zu finden, doch mittlerweile beherrschen weibliche Rollen die Erzählungen immer öfter. Muskulöse Action-Heldinnen wie Sarah machen sichtbar, dass sich Muskeln auch auf den weiblichen Körper einschreiben lassen. Die Figur Sarahs zeigt eine Alternative zum traditionellen geschlechtsspezifisch kodierten, weiblichen Körper auf. Tricia Rose sieht ein großes Potenzial in der Figur Sarah Connors, neue Möglichkeiten werden eröffnet. (Dery 1994b: 221) Auch auf der Ebene der filmsprachlichen Mittel beherrscht Sarah Connor beide Filme. Vor allem in Terminator 2 - Judgment Day dominiert und umrahmt ihre Stimme und Sichtweise den Film. Sie leitet den Film mit einem Monolog in der Form einer Off-Stimme ein, und auch das Ende des Filmes wird durch ein Kommentar von Sarah gekennzeichnet.

Der zweite Cyborg in Terminator 2 - Judgment Day, der T-1000, stellt ein Expemplar einer neuen Generation von Terminatoren dar. Die Morphing-Szenen, in denen sich der T-1000 von einer Form in die nächste verwandelt, waren ausschlaggebend für den Erfolg des Films. Das Wesen kann verschiedenste Gestalten annehmen und tritt abwechselnd in weiblicher und männlicher Form auf. Beide Terminatoren sind konstruierte Wesen, ihre Konstruiertheit selbst impliziert bereits die Konstruiertheit von Gender. (Holland 1995: 166) Durch Cyborgs wird die "heterosexuelle Matrix" gestört, die Butler in unserer Gesellschaft findet. Diese Matrix stützt sich auf die Konstruktion von stabilen körperlichen Konturen, die Cyborgs nicht bieten können. (Fuchs 1995: 283) Dem T-1000, der aus Flüssigmetall besteht, mangelt es völlig an einem stabilen Körper.

Bei I.K.U. handelt es sich um eine Low-Budget-Produktion abseits des Hollywood-Mainstreams. Sobchack geht davon aus, dass Filme mit geringerem Budget mehr Risiken eingehen können. (Sobchack 2000) Diese Theorie bestätigt sich bei den vier hier besprochenen Filmen. Der japanische Film aus dem Jahr 2000 knüpft auf narrativer Ebene direkt an Blade Runner an, ist dabei aber sowohl auf Erzähl- als auch auf filmsprachlicher Ebene weit weniger konventionell. Die Ästhetik des Films erinnert etwa an Musikvideo-Clips. Auf der Webpage zum Film wird einerseits die Handlung des Films genauer erklärt und andererseits die Geschichte weitergeschrieben. Während bei Blade Runner die Erzählung von Fans fortgeführt wird, geht in diesem Fall die Initiative von der Produktionsseite aus. Technik spielt in I.K.U. vor allem in Form des Internets eine wichtige Rolle und stellt keine Bedrohung für die Menschheit dar. Bei dem Independentfilm steht das Thema der Unterscheidung zwischen Menschen und Cyborgs nicht im Vordergrund. Die IKU-Coder sind Wesen, die ähnliche Probleme wie Menschen beschäftigen und von Viren bedroht werden. In diesem Film, der im Gegensatz zu den anderen drei Filmen keine Mainstream-Hollywood-Produktion ist, findet sich die Cyborg-Metapher von Haraway am ehesten wieder. Die IKU-Coder werden auf weniger konventionelle Art und Weise dargestellt als die ReplikantInnen und der Terminator T-101, sie operieren weitab von herkömmlichen stereotypen Vorstellungen von Gender.

Stuart Hall stellte 1973 ein neues Modell der Text-LeserInnen-Beziehung vor, in dem drei Momente eine Rolle spielen: die Produktion (encoding), der Text und die Rezeption (decoding). Diese drei Momente beschreibt er als relativ autonom, jedes hat seine eigenen Strukturen und Prozesse und jedes ist ein Austragungsort von Kämpfen über Bedeutungen. Texte beschreibt er mit dem Begriff "polysemic" als offen für mehr als eine Bedeutung. Allerdings findet sich auch dabei die dominante kulturelle Ordnung zu einem großen Teil wieder. Auf RezipientInnenseite werden Bedeutungen je nach sozialer Formation sehr unterschiedlich vergeben. (Thornham 1997: 70) Die Produktionsseite und die Narration der Filme wird in den jeweiligen Kapiteln beleuchtet, auf der Rezeptionsseite werden verschiedene Lesarten von TheoretikerInnen und FilmkritikerInnen der Cyborgfilme vorgestellt. Weiterführend und aufbauend auf diese Arbeit wäre eine Untersuchung interessant, die mit einer Methode der Cultural Studies, etwa jener der Erinnerungsarbeit, die Rezeption der Filme durch Menschen beleuchtet, die nicht an filmtheoretischen Diskursen teilnehmen.

Von den über 40 gesichteten Cyborg-Filmen konnten nur wenige, und diese nur teilweise, das Ideal der Cyborgs als Post-Gender-Wesen, wie es Haraway in ihrem Manifest beschreibt, darstellen. Abseits des Hollywood-Mainstreams sind sie noch am ehesten zu finden, wie etwa in Form der IKU-Coder des Films I.K.U.. Cyborgs spielen seit den Anfängen des Kinos im Film eine Rolle, beispielsweise in Metropolis(1927), und werden seither immer wieder in Science-Fiction-Filmen in das Zentrum der Narration gestellt. Es wird sich zeigen, ob die von Haraway visionierten Post-Gender-Cyborgs im Hollywoodkino Einzug halten werden oder es bei einigen wenigen Versuchen in diese Richtung im Independentfilm bleiben wird.

Filmographie

2001: A Space Odyssey (GB/USA 1968) R: Stanley Kubrick D: Keir Dullea, Gary Lockwood, Douglas Rain, William Sylvester

Alien (GB 1979) R: Ridley Scott D: Sigourney Weaver, Veronica Cartwright, Harry Dean Stanton, John Hurt

Aliens (USA 1986) R: James Cameron. D: Sigourney Weaver, Michael Biehn, Carrie Henn, Paul Reiser

Blade Runner (USA 1982) R: Ridley Scott D: Sean Young, Harrison Ford, Daryl Hannah, Rutger Hauer

Blade Runner - Director's Cut (USA 1992) R: Ridley Scott D: Sean Young, Harrison Ford, Daryl Hannah, Rutger Hauer

Charlie's Angels(D/ USA 2000) R: McG D: Cameron Diaz, Drew Barrymore, Lucy Liu

Cherry 2000 (USA 1987) R: Steve De Jarnatt D: Melanie Griffith, David Andrews, Pamela Gidley, Ben Johnson

Crouching Tiger, Hidden Dragon (China/Hong Kong/Taiwan/USA 2000) R: Ang Lee D: Yun-Fat Chow, Michelle Yeoh, Zhang Ziyi, Chen Chang

Daughter Rite (USA 1979) R: Michelle Citron D: Victor Penelope, Anne Wilford

Demon Seed (USA 1977) R: Donald Cammell D: Julie Christie, Fritz Weaver, Lisa Lu, Gerrit Graham

Eve of Destruction(USA 1991) R: Duncan Gibbins D: Renée Soutendijk, Gregory Hines, Michael Greene, Kurt Fuller

Final Fantasy: The Spirits Within (JP/USA 2001) R: Hironobu Sakaguchi, Moto Sakakibara D (Stimme): Ming-Na, Alec Baldwin, Ving Rhames, Steve Buscemi

Forbidden Planetspan>(USA 1956) R: Fred M. Wilcox D: Sessue Hayakawa, Victor Frances, Lise Delamare, Louis Jouvet

>Fresh Kill (USA 1994) R: Shu Lea Cheang D: Sarita Choudhury, Erin McMurtry, Abe Lim, José Zúñiga

Futureworld (USA 1976) R: Richard T. Heffron D: Peter Fonda, Blythe Danner, Arthur Hill, Yul Brynner

How to Marry a Millionaire (USA 1953) R: Jean Negulesco D: Marilyn Monroe, Betty Grable, Lauren Bacall, David Wayne

I.K.U. (JP 2000) R: Shu Lea Cheang D: Miho Ariga, Yumeko Sasaki, Ayumilas Tokito, Maria Yumeno

Lara Croft: Tomb Raider (D/JP/GB/USA 2001) R: Simon West D: Angelina Jolie, Jon Voight, Iain Glen, Noah Taylor

Liquid Sky (USA 1982) R: Slava Tsukerman D: Anne Carlisle, Paula E. Sheppard, Susan Doukas, Otto von Wernherr

Metropolis (D 1927) R: Fritz Lang D: Brigitte Helm, Alfred Abel, Gustav Fröhlich, Rudolf Klein- Rogge

RoboCop (USA 1987) R: Paul Verhoeven D: Peter Weller, Nancy Allen, Ronny Cox, Kurtwood Smith

Rocky II (USA 1979) R: Sylvester Stallone D: Sylvester Stallone, Talia Shire, Burt Young, Carl Weathers

Shining, The (GB 1980) R: Stanley Kubrick D: Jack Nicholson, Shelley Duvall, Danny Lloyd, Scatman Crothers

Star Wars (USA 1977) R: George Lucas D: Mark Hamill, Harrison Ford, Carrie Fisher, Peter Cushing

Stepford Wives, The (USA 1975) R: Bryan Forbes D: Katharine Ross, Paula Prentiss, Peter Masterson, Nanette Newman

Terminator, The (USA 1984): R: James Cameron D: Linda Hamilton, Arnold Schwarzenegger, Michael Biehn

Terminator 2: Judgment Day (USA 1991) R: James Cameron D: Linda Hamilton, Arnold Schwarzenegger, Robert Patrick, Edward Furlong

Thelma & Louise (USA 1991) R: Ridley Scott D: Susan Sarandon, Geena Davis, Harvey Keitel

Total Recall (USA 1990) R: Paul Verhoeven D: Arnold Schwarzenegger, Rachel Ticotin, Sharon Stone

Westworld (USA 1973) R: Michael Crichton D: Yul Brynner, Richard Benjamin, James Brolin, Norman Bartold

Literatur

Aurich, Rolf, Wolfgang Jacobsen, Gabriele Jatho (Hg.) (2000): Künstliche Menschen. Manische Maschinen. Kontrollierte Körper. Berlin: Jovis.

Bailey, Andy (2000): Tokyo Porn. In: The Face, 11/2000. S. 138 - 142.

Balsamo, Anne (2000 [1988]): Reading Cyborgs Writing Feminism. In: Kirkup, Gill, Linda Janes, Kathryn Woodward, Fiona Hovenden (Hg.) (2000): The Gendered Cyborg: A Reader. London, New York: Routledge. S. 148 - 158.

Balsamo, Anne (1996a): Technologies of the Gendered Body. Reading Cyborg Women. Durham & London: Duke University Press.

Balsamo, Anne (1996b): Reading Cyborgs Writing Feminism. Reading the Body in Contemporary Culture. In: Balsamo, Anne (1996a): Technologies of the Gendered Body. Reading Cyborg Women. Durham & London: Duke University Press. S. 17 - 40.

BBC News (2000) http://news.bbc.co.uk/hi/english/entertainment/newsid_825000/825641.stm         (26. 3. 2002)

Bergstrom, Janet (1991): Androids and Androgyny. In: Penley, Constance, Elisabeth Lyon, Lynn Spigel, Janet Bergstrom (Hg.) (1991a): Close Encounters. Film, Feminism, and Science Fiction. Oxford, Minneapolis: University of Minnesota Press. A camera obscura Book. S. 33 - 60.

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Fußnoten

1 "Ideologie, die; -,-n 1. politische Theorie einer Bewegung 2. von einer Gesellschaft in einer bestimmten Entwicklungsstufe ausgebildetes System von weltanschaulichen Leitbildern, Anschauungen und Werten 3. den Interessen und der Machterhaltung gesellschaftlicher Gruppen dienendes geschlossenes System weltanschaulicher Leitbilder, Werte und Anschauungen." (Online-Fremdwörterbuch Langenscheidt 2002)

2 Der Titel des Textes ist in der englischen Übersetzung, die auch von Doane herangezogen wurde, 'A Child is Being Beaten'.

3 Doane stützt sich dabei auf das Konzept der Maskerade, das Joan Riviere 1929 in ihrem Artikel "Womanliness as Masquerade" das erste Mal beschrieben hat. (Bergstrom 1991: 53, Thornham 1997: 56)

4 Eine dieser Theorien ist die "hyperdermic needle theory" bzw. Stimulus-Response-Theorie, nach der jedes Individuum der Gesellschaft über die Massenmedien auf gleiche Art und Weise erreicht werden kann. Massenmedien erscheinen in diesem Kontext als allmächtige Manipulationsinstrumente. (Burkart 1995: 186)

5 Haraway spricht in ihrem Manifest von der Cyborg in der weiblichen Form.  

6 Balsamo beschäftigt sich in ihrem Essay "Reading Cyborgs, Writing Feminism: Reading the Body in Contemporary Culture" mit einigen VertreterInnen des Diskurses des Körpers im Detail, etwa Donna Haraway, Michel Foucault, Susan Suleiman und Arthur Kroker. (Balsamo 1996b)

7 vgl. folgendes Kapitel: Springer: Die Geschichte von Technik und Gender

8 Allerdings beschränkte sich dieser Boom bisher vor allem auf den anglo-amerikanischen Raum, mit ein Grund dafür, dass sich diese Arbeit zu einem Großteil auf englischsprachige Arbeiten bezieht. Im deutschsprachigen Raum wurde bislang wenig zu den hier gesetzten Schwerpunkten veröffentlicht.  

9 Mehr zu den verschiedenen Versionen findet sich im übernächsten Abschnitt dieses Kapitels.

10 Zons spricht von fünf Fassungen des Films: US-Denver/Dallas Rohfassung (1982), die US San Diego Rohfassung (1982), die US Kinofassung (1982), die Europäische Kinofassung (1982), Director's Cut (117 min., 1992). (Zons 2000: 273)

11 vgl. Kapitel Cyborgs im Film: Balsamo

12 vgl. Kapitel Filmtheorien und Gender: Mulvey, Semiotik.

13 Ein dritter Terminator-Film befindet sich in Planung, der Arbeitstitel lautet Terminator 3: The Rise of the Machines. (IMDb 2002: http://us.imdb.com/Title?0181852)

14 Das Modell des Terminators, das Arnold Schwarzenegger darstellt, wird in der Literatur sowohl als T-800 als auch als T-101 bezeichnet. Die korrekte Bezeichnung wäre Cyberdine Systems Series 800 Modell 101, diese scheint allerdings nur in einer einzigen Szene in Terminator 2 auf, und zwar als Text auf einem Bild aus der Sicht des Terminators, wenn er nach einem kurzen Shutdown wieder aufwacht. Diese Szene wiederum gibt es nur im Director's Cut des Films zu sehen. Ansonsten ist im gesprochenen Text der zwei Filme vom 101 die Rede. Deshalb werde ich hier die Bezeichnung T-101 verwenden, bei Zitaten allerdings die jeweils vorgefundene Bezeichnung weiterverwenden, also teilweise auch T-800.

15 Christlich-religiöse Metaphern in den Terminator-Filmen, die sich nicht nur im Titel finden lassen, behandelt beispielsweise Ulrike Brunotte im Detail. (Brunotte 1998 + 2000)

16 vgl. Kapitel Cyborgs: Springer.

17 vgl. Kapitel 2: Cyborgs im Film -  Springer.

18 vgl. Kapitel 2: Cyborgs im Film

19 "Doing gender" ist ein Konzept der Genderforschung. Gender wird dabei als sozial erlerntes Geschlecht bezeichnet, das in Interaktion mit anderen immer und immer wieder erzeugt wird. Die Betonung liegt auf dem prozesshaften Charakter von Gender, das nicht als abgeschlossene fixe Kategorie verstanden wird. Soziale Alltagshandlungen führen zur Reproduktion von Gendervorstellungen. Judith Butler, die dieses Konzept einführte, spricht davon, dass "Geschlechtsidentität eine Art ständiger Nachahmung ist, die als das Reale gilt." (Butler 1991: 8)

20 vgl. Kapitel Filmtheorien und Gender, Men's Studies.

21 Mit den paradoxen Zeitloops in den Terminator-Filmen beschäftigt sich Constance Penley in ihrem Essay "Time Travel, Primal Scene and the Critical Dystopia" im Detail (Penley 1990).

22 vgl. vorheriges Kapitel, T-101

23 vgl. Kapitel Blade Runner: Diskursive Machtaufteilung

24 Corinna Rückert analysiert in ihrem Buch "Frauenpornografie - Pornografie von Frauen für Frauen" (2000) die verschiedenen Definitionen von Pornografie. (Rückert 2000) Linda Williams Buch "Hard Core" (1991) ist nach wie vor das Standardwerk zum Thema Pornografie, auch Rückert stützt sich auf ihre Theorien. Williams kombiniert psychoanalytische Theorien, Fantasietheorien stellt sie dabei in den Mittelpunkt, mit einer historischen Analyse der Pornografie in den U.S.A, wobei sie sich auf die Arbeit von Michel Foucault stützt und stellt dabei fest, dass historisch spezifische Diskurse der Sexualität das Produkt von Machtkonfigurationen darstellen. (Williams 1999) Buckley beschäftigt sich in ihrem Artikel "'Penguin in Bondage': A Graphic Tale of Japanese Comic Books." mit  der spezifischen Geschichte der Pornografie in Japan. (Buckley 1991)


$Revision: 588 $ $Date: 2006-05-27 17:10:04 +0000 (Sat, 27 May 2006) $