This text has been submitted as an original contribution to cinetext on June 1, 2002. It is also available as PDF-document.
Filmtheorien und Gender
Evamaria Trischak
April 2002
The struggle is .. over imaging and naming. It is about whose representations will prevail (Braidotti 1994: 72).
Die Bandbreite der Forschungsarbeiten, die sich unter geschlechtsspezifischen Fragestellungen mit dem Medium Film beschäftigen, ist sehr groß. Dieser Artikel bietet einen überblick über einige der wichtigsten Debatten, die sich mit der Thematik Gender und Film beschäftigen. Von den Anfängen Ende der sechziger Jahre bis zu neueren Ansätzen, die unter dem Einfluss der Cultural Studies entstanden sind, gibt es vor allem Auseinandersetzungen mit Weiblichkeit im Film und der Zuschauerin, Männlichkeit wurde nur vereinzelt explizit untersucht. Ein Großteil des theoretischen Materials zum Film beschäftigte sich ohnehin ausschließlich mit der männlichen Seite, vor allem dem männlichen Zuschauer, allerdings ohne dies zu deklarieren. ``Der Mensch'' und ``man'' ist in vielen dieser filmtheoretischen Untersuchungen ausschließlich männlich. Besonders mit dem Aufkommen der Men's Studies im Cultural Studies Umfeld werden nun auch Darstellungen des Mannes explizit untersucht. Auf einige der Untersuchungen von Männlichkeit im Film gehe ich später detailierter ein, beginnen möchte ich mit der Entwicklung der feministischen Filmtheorie, die nach über 30 Jahren eine Vielfalt von theoretischem Material hervorgebracht hat.
Feministische Ansätze tauchten schon in einer frühen Phase der Institutionalisierung der Disziplin Film Studies in England und den USA auf. Sie wurden auf eine Art und Weise integriert, wie es in anderen wissenschaftlichen Bereichen nur zu wünschen wäre. Bemerkbar macht sich dies auf verschiedensten Ebenen. In den wichtigsten Zeitschriften der Film Studies, wie z. B. Screen und Camera Obscura , finden sich ganz selbstverständlich Artikel mit feministischen Fragestellungen und im Lehrplan von Film Studies sind meist auch Fragen der ``gender representation'' fix verankert. Im deutschsprachigen Raum ist die Filmwissenschaft noch nicht so etabliert wie im englischsprachigen Raum, Eva-Maria Warth spricht von einem akademischen jet lag und geht davon aus, dass sich obige Entwicklung in den Filmwissenschaften auch im deutschsprachigen Raum fortsetzen wird (Warth 1992: 66-67). In österreich kann leider nach wie vor Filmwissenschaft weder als Haupt- noch als Nebenfach studiert werden (Braidt/Jutz 1999: 371). Bleibt zu hoffen, dass der jet lag bald überwunden ist.
Anfänge der Beschäftigung mit Gender und Film
Die feministische Auseinandersetzung mit Film begann Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre. Die politischen Frauenbewegungen dieser Zeit begannen, patriarchale Strukturen und geschlechtsspezifische Festschreibungen zu kritisieren. Eine besondere Rolle wurde dabei den Medien zugeschrieben, die als Institutionen einer patriarchalen Gesellschaft an der Aufrechterhaltung frauendiskriminierender Strukturen maßgeblich beteiligt sind. Der Einfluss der Medien auf die Entwicklung weiblicher Identität sollte aufgedeckt werden, weshalb sich die feministische Kritik in diesem frühen Stadium darauf konzentrierte, wie Frauen in den Medien vorkommen. 1972 erschien die erste Ausgabe der Zeitschrift Women and Film, ein amerikanisches Magazin von feministischen Aktivistinnen, 1973 das erste Buch über die Darstellung von Frauen im Film, Marjorie Rosens ``Popcorn Venus''. Rosen sieht die Filmindustrie als mythenproduzierend: Durch Mythen, die in Religion, Tradition, Sprache, Erzählungen, Liedern und Filmen konstruiert werden, übt die patriarchale Gesellschaft ihre Autorität über Frauen aus (Thornham 1997: 13). Der Fokus der ersten feministischen Forschungen lag auf Darstellungen von Frauen in den Medien. Kritisiert wurden stereotype Bilder von Frauen, die Projektionen bzw. Wunschvorstellungen der Frau zeigen. Molly Haskell kommt als eine Vertreterin dieser Richtung in ihrem Buch ``From Reverence to Rape'' (1974) zu dem Ergebnis, dass Kino ein ideologisch verzerrtes Bild von Weiblichkeit präsentiert, ausgelöst durch eine Medienrealität, die als männlich konstruiert zu begreifen ist. Sie meint bezugnehmend auf Simone de Beauvoir, dass die Schauspielerin nur verstärkt, was das Spielen der Rolle Frau bereits ist (Thornham 1997: 19). Haskell geht davon aus, dass Film Realität widerspiegelt und stellt deshalb die Forderung nach wirklichkeitsgetreuen Frauendarstellungen im Kino. Zu dieser Zeit war die feministische Filmtheorie noch eng mit der allgemeinen Frauenbewegung und der filmischen Praxis verbunden, ``consciousness raising'', also die Weckung des Bewusstseins, war zentral, wobei es sich um einen Begriff der politischen Frauenbewegung dieser Zeit handelt. Die Theoretikerinnen begannen zum Teil, selbst Filme zu machen, vor allem Dokumentarfilme. Hauptkritikpunkt war die unrealistische Darstellung der Frauen in den Medien und die Forderung nach adäquateren Bildern stand im Vordergrund. Die Authentizität der Bilder war zentral und Darstellungen von realen Frauen schienen im Dokumentar-Film eher möglich zu sein. Doch auch Dokumentationen sind konstruiert und ein nicht-eingreifendes Beobachten ist nicht möglich. Diese Art von normativen Theorien mit Anspruch auf normative ästhetik sind nach 1975 nicht mehr zu finden. Der Kontakt zwischen feministischem Filmschaffen und feministischer Theorie ging in den 90er Jahren verloren, nicht zuletzt durch die zunehmende akademische Institutionalisierung der Filmtheorie (Braidt/Jutz 1999: 380, Hipfl 1995: 149, Thornham 1997: xi, Doane 1984: 3).
Charakteristisch für die erste Phase feministischer Theoriebildung sind inhaltsorientierte Filmanalysen, die Beziehung zwischen Wirklichkeit und filmischer Repräsentation wird als einfaches Abbildverhältnis gedacht. Zu dieser Zeit entstanden einige Dokumentarfilme von Frauen mit der Intention, Frauen so darzustellen, wie sie sind. Dieser Ansatz wirft allerdings einige Probleme auf. Wer spricht hier für wen? Frauen sind keine homogene Gruppe. Weiters übergeben Medien nicht unverändert ``Wahrheit'' bzw. Realität, egal wie groß das Bemühen um Authentizität ist. Was wie dargestellt wird, erfordert eine Auswahl des Settings, der Bilder etc. Ausgangspunkt war auch, dass Medieninhalte direkt rezipiert werden, d. h. auf Rezeptionsseite keinerlei Interpretationsmöglichkeiten bestehen. Es wurde von einer direkten übernahme der Inhalte der Medien ausgegangen, die Rezeptionsseite wurde nicht gesondert behandelt. Das Ziel des ``consciousness raising'' wurde allerdings erreicht, die Grundlage für weitere Untersuchungen zum Thema geschaffen.
Mitte der 70er Jahre kam es zu einem ``theoretical turn'' in der feministischen Filmtheorie und Film wurde nicht länger als Widerspiegelung der Realität begriffen, sondern als zeichenproduzierende Praxis, in der Wirklichkeit durch die Codes der Kamera, der Montage etc. konstruiert wird. Die Aufmerksamkeit verlagerte sich vom Inhalt des Films auf die Sprache der filmischen Repräsentation. Geprägt wurde diese theoretische Wende von Laura Mulvey, ihr Text ``Visual Pleasure and Narrative Cinema'', der 1975 publiziert wurde, ist nach wie vor der meistzitierte Aufsatz der feministischen Filmtheorie (Braidt/Jutz 1999: 380).
Laura Mulvey: von Geschlechterstereotypen zur Filmsprache
Nach den ersten kritischen feministischen Ansätzen mit einem Fokus auf stereotype Darstellungen der Frau brachte Laura Mulvey mit dem Aufsatz ``Visual Pleasure and Narrative Cinema'' Mitte der siebziger Jahre einen Paradigmenwechsel in der Beschäftigung mit Gender und Kino. Der Fokus verlagerte sich von der Narration hin zur Form des Films, zur spezifischen Filmsprache. Nicht nur der Inhalt von Filmen wurde als geschlechtsspezifisch kodiert gesehen, sondern auch die Filmsprache. Dazu wurde auf die psychoanalytischen Theorien von Freud zurückgegriffen. Mulvey sieht den Blick als Dimension unseres sozialen Handelns, der nicht neutral ist. Blicke können unangenehm sein und Macht darstellen. In der bürgerlich-patriarchalen Kultur gab es ein weibliches Blickverbot, nur böse Frauen hatten einen aktiven Blick. Den Blick zu senken galt als angemessen für Frauen. In den Anfängen des Kinos war es verpönt, dass Frauen alleine bzw. ohne männliche Begleitung ins Kino gingen (Koch 1980: 15-17). Den Blick zu haben bedeutet Sehen, Macht, Wissen und Autorität, Frauen sollten darauf verzichten. Dieses Muster ist nach wie vor unterschwellig in unserer Kultur zu finden. Eine Frau, die selber nicht sieht, kann umso besser betrachtet werden. In den 50er Jahren fand sich dieses zweifelhafte Schönheitsideal in der Verwendung von Belladonna wieder. Dabei handelt es sich um Augentropfen, die zu großen Pupillen und einem Schleier vor den Augen führen, die Sehkraft wurde dadurch empfindlich verringert. Dies stellt einen Verzicht auf Macht und Autorität dar. Ein berühmtes Beispiel ist der Film How to Marry a Millionaire (1953) mit Marilyn Monroe, wo sie sehr kurzsichtig ist. Die Frau wird zum Blickobjekt, der Mann zum Blicksubjekt - diese Ordnung in der Gesellschaft wurde vom Kino aufgegriffen.
Der Prozess des Filmeschauens ist bei psychoanalytischen Theorien wie der von Mulvey zentral, die Beziehung zwischen Zuschauenden und Leinwand steht im Mittelpunkt. Mulvey sieht zwar Psychoanalyse als phallozentrische Theorie, allerdings schreibt sie der Psychoanalyse einen geeigneten Ausgangspunkt für eine Darstellung des Status quo Mitte der 70er Jahre, der patriarchalen Ordnung, zu. Sie sieht das Kino als hochentwickeltes Repräsentationssystem und stellt sich die Frage, wie das Unbewusste, das von der herrschenden patriarchalen Ordnung geprägt ist, die Lust am Schauen strukturiert (Mulvey 1980, Mulvey 1989). Sie untersuchte klassische Hollywoodfilme, die in den 30er bis 60er Jahren entstanden sind. Mulvey geht davon aus, dass diese Filme kulturelles Produkt einer patriarchalen Gesellschaft und von den Mechanismen dieser Gesellschaft geprägt sind. Warth erklärt: ``Das heißt, dass der Film auf all seinen Ebenen eine männliche Perspektive, einen männlichen Blick impliziert, und so den Zuschauer gleich welchen Geschlechts als männlichen Zuschauer anspricht, bzw. ihn als solchen im Text konstruiert'' (Warth 1992: 69).
Ein Vergnügen im Kino ist die Skopophilie - die Schaulust, ein Begriff der auch bei Freud eine große Rolle spielt. Andere Menschen werden zu Schau-Objekten gemacht. Zur Untersuchung des narzisstischen Moments der Skopophilie wird auf Jacques Lacans Spiegeltheorie zurückgegriffen, der bedeutungsvolle Moment, in dem sich das Kind das erste Mal im Spiegel erblickt. Der Körper im Spiegel wird durch ``Falscherkennen'' als ideales Ich gesehen, Subjektivität entsteht, die erste Artikulation des ``Ich''. Vergleichbar ist die Situation im Kino, die Identifikation mit dem Bild. Die Lust am Schauen teilt Mulvey in eine aktive männliche und eine passive weibliche Position. Das Bild der Frau tritt einerseits als erotisches Objekt für die Protagonisten im Film auf, andererseits als erotisches Objekt für den Zuschauer: ``Traditionsgemäß war die Zurschaustellung der Frau auf zwei Ebenen von Bedeutung: sie war erotisches Objekt für die Charaktere im Film und erotisches Objekt für den Betrachter im Zuschauerraum, wobei die Spannung zwischen den Blicken auf beiden Seiten der Leinwand wechselte'' (Mulvey 1980: 37). Durch Nahaufnahmen von Körperteilen, sogenannten Close-ups, kommt es zur Fragmentierung des weiblichen Körpers und damit zu Sexualisierung. Die Kamera lenkt den Blick der Zuschauenden, wobei die Frau als das Bild und der Mann als Träger des Blicks konstruiert werden. Die Frau ist das passive Objekt des Blicks, der Mann hat den Blick und damit die aktive Rolle. In klassischen Hollywoodfilmen (Ende der 20er bis Mitte der 50er Jahre) finden sich beispielsweise Close-ups bevorzugt von Frauen. Das genaue Betrachten der Frauenkörper wird mit Close-ups gefördert, die Frauen werden zu reinen Bildern im Gegensatz zu den die Handlung tragenden Akteuren (wobei es sich allerdings um Tendenzen und nicht absolute Regeln handelt) - dies wird von Mulvey ``to-be-looked-at-ness'' genannt: ``In their traditional exhibitionist role women are simultaneously looked at and displayed, with their appearance coded for strong visual and erotic impact so that they can be said to connote to-be-looked-at-ness'' (Mulvey 1989: 19). Der Mann ist der Träger des Blickes des Zuschauers und kann laut Mulvey in einer patriarchalen Ordnung nicht zum Sexualobjekt gemacht werden. Der Blick des männlichen Protagonisten und des Zuschauers werden zu einem. In psychoanalytischen Kategorien ist die weibliche Figur problematisch, da sie die Abwesenheit des Penis und damit eine Kastrationsdrohung darstellt. Zwei Möglichkeiten, diese Angst zu kompensieren, sind Sadismus - die Abwertung, Bestrafung bzw. schlussendliche Rettung der weiblichen Figur - und die Fetischisierung des Blickobjekts. Mulvey untersuchte in diesem Artikel hauptsächlich klassische Hollywoodfilme von Sternberg (etwa Marlene Dietrich als Fetisch) und Hitchcock. Den skopophilischen, voyeuristischen Blick an sich zu zerstören, ist ihr Ziel. Sie kommt zu dem Schluss, dass es im klassischen Hollywoodfilm keinen Platz für eine weibliche Subjektivität gibt.
Der Text stellt eine genaue Analyse der patriarchalen Ordnung des Kinos dar und Mulvey zeigt, dass Psychoanalyse ein nützliches Instrument für die Analyse des patriarchalen Status quo der 70er Jahre darstellt. Allerdings wurde auch Kritik an Mulveys Untersuchung laut, da ihr Modell des Kinos ausschließlich auf patriarchale Bedürfnisse ausgelegt ist. Problematisch ist die Theorie Mulveys insofern, als sie der Zuschauerin keinen Platz im Kino einräumt und ihre Analyse streng dualistisch aufgebaut ist. Es gibt die Kategorien Frau und Mann nur im traditionellen heterosexuellen Sinne. Sie schreibt in ihrem Artikel den Dualismus weiter und bietet keinerlei positive Alternativen. Querlesen des Textes schließt sie aus. Die Schwierigkeit besteht nicht zuletzt darin, eine Analyse des Unbewussten mit einer feministischen Politik der Veränderung zusammenzubringen. In der Folge wurde das Hauptaugenmerk einerseits auf Genres gelegt, in denen Frauen eine aktivere Rolle einnehmen, wie beispielsweise im ``Film Noir'' der 40er-Jahre, andererseits auf Filmgenres, die sich explizit an ein weibliches Publikum wenden, wie etwa das Melodrama:
If realism is regarded as inevitably complicit with bourgeois ideology, since it works always to `naturalize' ideologically motivated representations, melodrama, in contrast, can be seen as providing an anti-realist excess which exposes the contradictions which realism works so hard to repress. Thus melodrama itself became the focus of analysis (Thornham 1997: 46).
Thornham meint, dass Realismus unweigerlich mit bürgerlicher Ideologie verwoben sei. Es wird versucht, ideologisch motivierte Repräsentationen zu naturalisieren. Das Melodrama bietet im Kontrast dazu einen unrealistischen Exzess, der Widersprüche, die der Realismus unterdrückt, aufdeckt. Aus diesem Grund wurde das Melodrama zum neuen Brennpunkt der feministischen Filmanalyse. In der Folge werden stellvertretend Arbeiten zu dieser Argumentationslinie von Mulvey und Doane vorgestellt. Doch vorher möchte ich auf eine andere wichtige theoretische Strömung eingehen, die neben der Psychoanalyse die feministische Filmtheorie geprägt hat, die Semiotik, und den Begriff der Ideologie im Zusammenhang mit Film näher betrachten.
Semiotische Ansätze: die Verteilung Diskursiver Macht
Sowohl Semiotik als auch Psychoanalyse beschäftigen sich mit dem Symbolischen, doch während sich Semiotik einerseits mit dem Text und andererseits mit dem Kino als Apparat beschäftigt, ist Psychoanalyse auf die filmischen Bedeutungen für Zusehende konzentriert. Seit den 60er Jahren wurde die Semiotik neben der Psychoanalyse zu einer der wichtigsten Grundlagen der Filmtheorie. Der Film wurde auf zwei Ebenen untersucht, auf der Ebene des Textes und der Ebene des Systems. Auf der Ebene des Systems beschäftigt sich die Filmsemiotik mit kinematographischen Codes bzw. der kinematographischen Apparatur, woraus die Apparatus-Theorie Anfang der 70er Jahre, vor allem in Frankreich, entwickelt wurde. Untersucht wurde dabei der Zusammenhang von Ideologie und dem Kinosaal, der Projektion, der Kamera und den Zusehenden. Die Apparatus-Theorie war neben der Psychoanalyse eine der wichtigsten Grundlagen der feministischen Filmtheorie der 80er Jahre.
Untersuchungen, die den Film als Text sehen, gehen davon aus, dass sich der Filmtext aus Elementen zusammensetzt, die, bestimmten Regeln folgend, Strukturen bilden und so Bedeutungen produzieren. In der Semiotik wird unter Text nicht nur Geschriebenes verstanden, sondern auch Gesprochenes und nicht-sprachliche Kommunikation, wie etwa Tanz, Comics, das Bild und eben auch der Film. Film scheint im Gegensatz zu Sprache unkodiert, natürlich zu sein. Doch auch Film ist wie das geschriebene Wort aus Textelementen zusammengesetzt. Verbundene Serien von Einstellungen bilden Bedeutung, Film ist durch Codes strukturiert. Einige dieser Codes sind laut Metz sozio-kulturell, wie etwa Kleider oder Gesichtsausdrücke. Andere wie `long shots', `close-ups' oder spezielle Schnitttechniken sind filmspezifisch. Aus diesen Codes bzw. textuellen Systemen, wird Bedeutung produziert (Thornham 1997: 24). Wichtig dabei ist, dass der Film als Text auf keine Interpretation festgelegt werden kann:
Während die Idee des Werks den Film als unveränderliches Produkt einer Bezeichnungspraxis bestimmt, impliziert der Textbegriff, daß der Film auf kein abschließendes Signifikat, auf keinen `letzten Sinn' festgelegt werden könne, sondern daß dieser immer wieder aufs Neue in der Lektüre konstruiert werden müsse (Braidt/Jutz1999: 384).
Die Ansätze der größtenteils französischen Semiotik werden von der anglo-amerikanischen feministischen Filmtheorie teilweise als Basis übernommen. Die Frage nach der filmischen Bedeutungsproduktion rückt in den Mittelpunkt des Interesses, nicht nur der Inhalt, sondern auch die Filmsprache wird als geschlechtsspezifisch kodiert entlarvt, was zu einer Auseinandersetzung mit den Konventionen des Erzählkinos führt. Filmsprachliche Mittel, wie etwa Dauer und Größe der Kameraeinstellungen, Lichtführung, Bildkomposition und Schnitt, führen geschlechtsspezifische Hierarchien ein, mittels Kameraeinstellungen wird ein subjektiver Blickpunkt erarbeitet (point-of-view). Das Zusammenspiel von Stimme und Bild ist ein weiterer Faktor. Eine besondere Rolle spielt dabei die Off-Stimme, also eine Stimme, deren ErzählerIn nicht im Bild ist. Sie erscheint sehr machtvoll. Die körperlose Off-Stimme wirkt sehr autoritär: ``To be heard but not seen'' ist eine sehr mächtige Position, doch Repräsentationen von Frauen im Film verkörperten lange Zeit eher das Gegenteil: ``to be seen but not heard'', eng verwandt mit Mulveys Begriff der ``to-be-looked-at-ness'' (Silverman 1984: 134).
Diese erzählerischen Verfahren begründen Subjektpositionen im filmischen Text und sind für Fragen der Bedeutungsproduktion deshalb so zentral, weil sie über die Verteilung diskursiver Autorität, einer Form von symbolischer Macht, zwischen den männlichen und weiblichen Figuren entscheiden (Braidt/Jutz 1999: 385).
With its emphasis on the production and circulation of social meanings through cinema's process of signification, ideological film criticism's key topos is the nature of the relationship between representations and the real world of which they are part. This relationship assumes special significance with regard to cinema, because film appears to possess a peculiar capacity to present itself as uncoded, as transparent in its (re)presentation of the `real world' (Kuhn 1999: 147).
Der Film ist zwar kodiert, trotzdem erweckt filmisches Material tendenziell den Eindruck des Realistischen und verhält sich wie ein Spiegel der Wirklichkeit. Erklärt werden kann dieses Phänomen mit dem Ideologie-Begriff, den Louis Althusser in den 60er Jahren entwickelte. Der realistische Eindruck eines Films entsteht dadurch, dass er mit der Art konform geht, in der Realität verstanden wird. Die Art wie wir Realität verstehen, ist laut Althusser das Produkt von Ideologie. Ideologie versucht die Zeichen der eigenen Interventionen auszulöschen und präsentiert ihre Bedeutungen als natürlich. Die semiotische Analyse von populären Kulturtexten und Praktiken, wobei ideologische Operationen aufgedeckt werden, bietet ein Modell der politisch motivierten semiotischen Analyse. Texte und Praktiken dienen als kulturelle Zeichen, die Ideologie weitertragen, Barthes spricht hier auch von Mythos. Die EditorInnen von Cahiers du Cinema (ein bekanntes französisches Filmjournal) haben ein Modell der ideologischen Analyse des Kinos nach 1968 produziert. Im Editorial von 1969 wird geschrieben, dass jeder Film politisch sei, da jeder Film durch die Ideologie, die ihn produziere, determiniert sei (Thornham 1997: 26). Das Kino scheint Realität zu reproduzieren, doch es ist die Welt der dominanten Ideologie. Um eine ideologische Einheit im Film zu erhalten, wird im Film vieles ausgelassen und unterdrückt, es entstehen Lücken. Die Aufgabe der Filmkritik ist es in diesem Kontext, diese Auslassungen und Lücken zu finden (Thornham 1997: 25-27, Hipfl 1995: 150). Annette Kuhn sieht Feminismus als die bedeutendste politische Motivation der ideologischen Filmanalysen, die Wirkungsweise patriarchaler Ideologie durch kulturelle Texte, besonders durch den Film, wird aufgedeckt:
If ideological film analysis is political, or at least cultural-political, in its purpose, its most significant political motivator has arguably been feminism. Feminist ideological criticism aims to lay bare the workings of patriarchal ideology in and through cultural texts in general, and films in particular (Kuhn 1999: 148).
Doch nun zurück zu den auf Psychoanalyse basierenden Untersuchungen des Melodramas und der Women's Genres bei Mulvey und Doane, wobei die Zuschauerin im Brennpunkt der Analysen steht.
Die Zuschauerin: Mulvey & Doane
Mulveys Afterthoughts
Laura Mulvey beschäftigt sich in der Folge mit dem Melodrama, doch zunächst geht sie noch einmal auf ihren berühmten Aufsatz `Visual Pleasure and the Narrative Cinema' ein, der auch für viel Kritik sorgte. Schon im ersten Absatz ihres Artikels ``Afterthoughts on 'Visual Pleasure and Narrative Cinema' inspired by King Vidors Duel in the Sun (1946). bezieht Laura Mulvey Stellung zu dem oft gehörten Vorwurf, dass sie sich in ihrem ``Visual Pleasure and Narrative Cinema''-Aufsatz nur auf den männlichen Standpunkt beziehe:
At the time, I was interested in the relationship between the image of woman on the screen and the `masculinisation' of the spectator position, regardless of the actual sex (or possible deviance) of any real live movie-goer. In-built patterns of pleasure and identification impose masculinity as `point of view'; a point of view which is also manifest in the general use of the masculine third person (Mulvey 1981: 122).
Laura Mulvey schreibt in ihren Afterthoughts (1981) den Zuschauerinnen die Möglichkeit zu, sich mit dem aktiven männlichen Teil zu identifizieren und erweitert damit die festgeschriebenen Rollen der ZuschauerInnen gegenüber ihrer ersten Analyse. In den ``Afterthoughts'' beschäftigt sich Mulvey mit der Zuschauerin und damit welche Identifikationsmöglichkeiten der Filmtext bietet, wenn die Hauptrolle weiblich besetzt ist. Sie konzentriert sich dabei auf das Melodrama. Sie untersucht Filme, in denen die Protagonistinnen zwischen einer tendenziell passiven und einer eher aktiven Position schwanken, Positionen, denen traditionell Weiblichkeit bzw. Männlichkeit zugeschrieben werden. Sie sieht die Zuseherin in einer maskulinen Rolle im Kino. Auch in diesem Text bezieht sich Mulvey auf Freud, besonders auf eine Stelle, wo Freud von Perioden spricht, in denen abwechselnd die weibliche und die männliche Seite die Oberhand in der Entwicklung der Frau erhalten. Mulvey sieht in diesem Sinne Hollywoodfilme als eine Möglichkeit für Frauen, den nie gänzlich verdrängten männlichen Aspekt ihrer sexuellen Identität wiederzuentdecken. Sie geht davon aus, dass die Grammatik der Geschichte die Zusehenden zwangsläufig zur Identifikation mit den HeldInnen führt. Während sie in ihrem ersten Artikel die Besonderheiten des Kinos betonte, besonders die Schaulust, sieht sie in den ``Afterthoughts'' Film in der Tradition des Geschichtenerzählens, egal in welcher Form. Laut Freud kann davon ausgegangen werden, dass sich Menschen beiderlei Geschlechts bevorzugt mit der HeldInnen-Rolle einer Geschichte identifizieren. Diese drei Elemente ergeben eine Art transvestitische Position für Frauen und Männer:
Three elements can thus be drawn together: Freud's concept of `masculinity' in women, the identification triggered by the logic of a narrative grammar, and the ego's desire to fantasise itself in a certain, active, manner. All three suggest that, as desire is given cultural materiality in a text, for women (from childhood onwards) trans-sex identification is a habit that very easily becomes second nature. However, this Nature does not sit easily and shifts restlessly in its borrowed transvestite clothes (Mulvey 1981: 125).
ZuschauerInnen können sich demnach sowohl mit einer weiblichen als auch mit einer männlichen Position identifizieren. Wenn in einer Geschichte eine Heldin auftritt, müsste es auch für Männer diese transvestitische Position geben. Innerhalb des psychoanalytischen Rahmens von Mulvey kann Aktivität von der weiblichen Protagonistin oder Zuseherin nur geborgt werden. Raum für Widerstand kann innerhalb dieses Rahmens nicht gefunden werden (Thornham 1997: 51).
Gender als Maskerade - Doane
Mary Ann Doane knüpft an Mulveys Idee der transvestitischen Zuschauerin an (Doane 1985). Sie erweitert Mulveys Modell mit dem Begriffspaar Distanz und Nähe im Verhältnis zum Bild und bezieht sich dabei ebenfalls auf psychoanalytische Theorien, in diesem Fall auf Freuds Arbeit `Ein Kind wird geschlagen'. Nähe wird dabei Frauen zugeschrieben. Doane meint mit dieser Beschreibung von Weiblichkeit als Nähe den Ort, dem die Frau kulturell zugeordnet wird. Im Kino wirkt sich dies laut Doane auf die Zuschauerin insofern aus, als dass ihr auch hier die Distanz fehlt, und sie nicht so einfach die Position einer Voyeurin oder Fetischistin einnehmen kann (Hipfl 1995: 154). Ihr geht es einerseits um die Analyse der Positionierung der Zuseherin und andererseits darum, wie weibliche Subjektivität im Patriarchat produziert wird. Sie stützt sich dabei auch auf Thesen von Michel Foucault. Er meint, dass Macht nicht nur durch Unterdrückung, Zensur und Verweigerung operiert, sondern auch positiv arbeitet, indem Positionen konstruiert werden, die Subjekte annehmen können (Thornham 1997: 55). Der Frauen-Film kann in diesem Sinne als eine Produktion und Regulierung der weiblichen Subjektivität in einer patriarchalen Kultur gesehen werden. Doane meint, dass der Frauen-Film dazu verführt, eine Alternative zum Mainstream-Hollywoodfilm zu sehen. Dieser Versuchung müsse allerdings widerstanden werden, da es sich auch hier um keine authentische weibliche Subjektivität handle. Doane sieht Weiblichkeit als eine Maske, die getragen oder abgelegt werden kann, und Maskerade als eine übliche Strategie der Frauen. Diese Maske sieht sie als eine Möglichkeit, Distanz zum Bild herzustellen. Dieses Tragen von Weiblichkeit in Form einer Maske erlaubt der Zuseherin eine Distanz zwischen sich und dem Filmbild zu produzieren. Ein Spielen mit Identifikationen wird möglich, während sich Mulveys transvestitische Zuseherin selbst als Mann vorstellen muss, um Lust am Kino haben zu können. Doane geht in ihrem Artikel ``Film und Maskerade: Zur Theorie des weiblichen Zuschauers'' auch ausführlich auf das visuelle Klischee der Frau mit Brille ein. Sie untersucht Filme der 40er Jahre und kommt zu dem Schluss, dass das Brillenklischee programmatisch für die Beziehung der Frau zum Blick ist:
Die Brille, die die Frau im Film trägt, bezeichnet im allgemeinen keine Sehschwäche, sondern steht eher für das aktive Sehen oder einfach nur für den Akt des Sehens im Gegensatz zum Gesehenwerden. Die intellektuelle Frau sieht und analysiert; indem sie sich den Blick zu eigen macht, stellt sie eine Bedrohung für das ganze Repräsentationssystem dar (Doane 1985: 13).
Dieses Beispiel der Frau mit Brille verdeutlicht die Art und Weise der Strukturierung des Sehens und Gesehenwerdens im klassischen Kino.
Kritik an psychoanalytischen Ansätzen
Die bisher vorgestellten Filmtheorien beschäftigten sich mit der Frage, wie Bedeutungen im Film produziert werden und greifen dabei vor allem auf psychoanalytische und semiotische Konzepte zurück. Es handelt sich um textorientierte Ansätze, die versuchen zu klären, inwieweit der Text bzw. Film bestimmte Interpretationen und Identifikationen herausfordert. Das Kino wird dabei als eine Institution bzw. ein ideologischer Apparat gesehen, der vor allem über die Mechanismen der Identifikation und Fantasie wirkt. Die Rezeptionsseite wird eher passiv gesehen, die Analyse konzentriert sich auf den Filmtext, Bedeutungen bestimmt hauptsächlich die Produktionsseite. Wichtig ist bei diesen feministischen filmtheoretischen Ansätzen die Frage, welcher Platz für die Zuschauerin im Film bereitgestellt wird (Hipfl 1995: 150). Bei Mulvey kann sich die Frau nur in transvestitischer Art und Weise den Blick borgen, bei Doane kommt sie in Form von Maskerade zu der Distanz, die sie braucht, um einen Film sehen zu können. Beide Perspektiven schreiben eher einen Status quo fest, als dass sie zu Veränderungen anregen würden. Psychoanalytische Methoden wurden in der Folge zunehmend kritisiert. Andere Kategorien, wie etwa Klasse oder Rasse, konnten mit Psychoanalyse nicht erfasst werden, zudem wurden historische Belange und Kontexte vernachlässigt: ``However, critics have found the totalizing perspective, characteristic of psychoanalytically informed approaches, problematic because of its closed, ahistorical and decontextualized method.'' (Janes 2000: 97). Diese textbasierten Analysen ließen keinen Platz für ein aktives empirisches Publikum. Deshalb wandte sich ein Teil der feministischen Filmkritikerinnen zunehmend von psychoanalytisch fundierten Ansätzen ab, da diese scheinbar keine für Frauen befriedigende Positionen und Lesarten zulassen:
Der Einfluß der Freudschen und Lacanschen Psychoanalyse war zwar zunächst für die Filmwissenschaft zentral geworden, weil sie einen Erklärungszusammenhang zwischen kulturellen Repräsentationsformen wie dem Film und der Entwicklung einer Subjektidentität - die vorwiegend über die Kategorie Geschlecht läuft - zu liefern imstande waren. Die Grenzen des psychoanalytischen Ansatzes liegen jedoch gerade darin, daß er nicht zur Erklärung anderer Unterschiede zwischen Individuen, wie Klasse oder Rasse, herangezogen werden kann und aufgrund seiner ahistorischen Anlage überlegungen zu möglichen alternativen Leseformen, die sich aus dem Sehkontext ergeben könnten, ausschließt (Warth 1992: 75).
Das theoretische Feld bewegte sich nach den Theorien Mulveys und Doanes zum Teil weg von der Kino-Psychoanalyse zu einer Analyse, die auf den Theorien der Cultural Studies aufbaut, um Raum für mehr Widerstand für Zuschauerinnen zu finden:
Such a break offers one way out of the apparent impasse which the powerful and influential work of Mulvey and Doane seemed to produce. Faced with a `cine-psychoanalysis' which produced so little space for resistance by its female spectators, feminist film theory seemed to have two options. The first, suggested in Doane's concept of masquerade and spectatorial play, was to wrest from psychoanalysis a view of spectatorship and cinematic pleasure which would be less tied to the Oedipal trajectory. The second was to look elsewhere for theoretical ground from which to argue the possibility and/or reality of women's resistance (Thornham 1997: 66).
Einerseits begann ein Teil der feministischen TheoretikerInnen neue Aspekte aus der Psychoanalyse zur Untersuchung der Filme heranzuziehen, wie etwa die Fantasietheorien, die später im Detail besprochen werden, andererseits wurde woanders nach einer theoretischen Basis gesucht, die Frauen mehr Handlungsspielraum zugesteht. Diese wurde in den Cultural Studies gefunden.
Cultural Studies
1964 entstand an der Birmingham University das ``Centre for Contemporary Cultural Studies'' unter der Leitung von Richard Hoggart. Als Kultur wurde einerseits eine Art zu leben, andererseits die unterschiedlichsten kulturellen Praktiken bezeichnet. Eine interdisziplinäre Methodologie wurde entwickelt, die Textanalyse und einen Fokus auf den historischen und sozialen Kontext kombinierte. Sowohl die theoretische als auch die politische Seite sollten bei Analysen bearbeitet werden. Stuart Hall übernahm die Leitung dieses Zentrums in der bedeutenden Phase von 1968-79. Die Frage verlagerte sich von einem Was zu einem Wie bezüglich kultureller Systeme, die Grundlage für Theorien über ideologische Macht von kulturellen Institutionen, Texten und Praktiken wurde geschaffen. Der textuelle Fokus der Cultural Studies ist beträchtlich weiter als der der Filmtheorie und umfasst beispielsweise auch Sport, Fernsehen, Musikvideos und andere Bereiche der Pop-Kultur und der Massenmedien, die vorher vernachlässigt wurden. Kultur ist in diesem Kontext als Alltagskultur zu verstehen, ein besonderes Augenmerk wird auf das Alltägliche gelegt. Die Bedeutungskonstruktion auf der Rezeptionsseite steht im Vordergrund, ganz im Gegensatz zur filmtheoretischen Richtung.
Die `angeeignete Kultur', die Frage, welche Bedeutung die Medien für die Menschen haben, steht hier im Mittelpunkt. Medieninhalte repräsentieren eine Vielzahl möglicher Bedeutungen, deren Konkretisierung erst in der Rezeption erfolgt. Die Frage nach der Bedeutungskonstruktion ist jedoch immer in die bestehenden Machtverhältnisse eingebunden, entsprechend wird auch von einem `Kampf um Bedeutungen' gesprochen (Hipfl 1995: 151).
Die unterschiedlichen sozialen und gesellschaftlichen Faktoren, wie etwa Geschlecht, Klasse und Alter, führen zu verschiedenen Interpretationen der Medieninhalte. Die Rezeption wird nicht als ein unmittelbares übernehmen der Inhalte gesehen, sondern als aktiver Prozess, der ein Lesen gegen den Strich ermöglicht. Die Methodik der Cultural Studies besteht in qualitativen, ethnografischen Methoden, wie etwa offene Interviews oder teilnehmende Beobachtung. Es geht um die Frage, was reale Menschen als ZuschauerInnen mit den Filmen machen, bevorzugtes Medium der Untersuchungen ist das Fernsehen.
In den 70er Jahren operierte Filmtheorie ohne ein Konzept des sozial und historisch positionierten Zusehenden, Massenkommunikationsforschung wiederum arbeitete ohne ein Konzept des Textes. Medientexte wurden als transparente Botschaften verstanden, deren Bedeutungen ungefiltert von der Rezeptionsseite aufgenommen werden. Stuart Hall hat 1973 mit seinem Text `Encoding and Decoding in the Television Discourse' ein neues Modell der Text-LeserInnen-Beziehung vorgestellt:
Hall's model sees the communicative process as `a structure produced and sustained through the articulation of linked but distinctive moments'. These moments - of production ('encoding'), text ('programme as `meaningful' discourse') and reception ('decoding') - are `relatively autonomous' in relation to the whole process. Each is a `determinate' moment - that is, each has its own structures and processes, whether institutional (in the case of the moment of production) or semiotic (in the case of the text) which will be productive of meaning. Each is the site of struggle - over which meanings about an event or narrative will be `encoded' by the producers, which meanings will be `structured in dominance' in the text, and which meanings will be read off ('decoded') by the audience/spectator (Thornham 1997: 70).
Das Modell von Stuart Hall beschäftigt sich demnach mit der Produktion des Textes, mit dem Text selbst und mit der Rezeption des Textes. Jedes dieser drei Momente hat seine eigenen Strukturen und Prozesse, ob institutionell oder semiotisch, und jedes ist ein Ort des Kampfes über Bedeutungen. Texte haben Bedeutungen, die von der dominanten Ideologie bevorzugt werden, aber diese Bedeutungen werden durch Randgruppen in der Gesellschaft angefochten. Texte sind demgemäß 'polysemic', das heißt offen für mehr als eine Bedeutung, auch wenn die dominante kulturelle Ordnung versuchen wird, ihre eigenen Klassifikationen der sozialen, kulturellen und politischen Welt dem Text aufzuerlegen. Auch das Publikum ist in den Kampf um Bedeutungen verwickelt. Je nach sozialer Formation kann die LeserInnen/ZuseherInnen-Position sehr unterschiedlich ausfallen, beabsichtigte Bedeutungen können auf RezipientInnenseite verhandelt oder sogar verkehrt werden. Der Umgang mit Medien wird als aktiv gesehen, Lesen gegen den Strich ist eine Möglichkeit des Widerstands. (Hipfl 1995: 151, Thornham 1997: 68-71). Hall stützt sich bei seinem Modell auf das Hegemonie-Konzept von Antonio Gramsci:
In Gramsci's use, `hegemony' refers to the processes whereby a dominant social group maintains this dominance politically and culturally, not through repressive means but by mobilizing the consent of subordinate groups to its explanations and definitions of social reality, so that they seem merely `common sense' (Thornham 1997: 70).
Erklärungen und Definitionen von sozialer Realität erscheinen als gesunder Menschenverstand. Erreicht wird dieser Konsens durch dominante soziale Gruppen nicht mittels repressiver Maßnahmen, sondern es wird versucht, einen Konsens über Bedeutungen zu bilden, der auch von anderen Gruppen übernommen wird, eben als gesunder Menschenverstand, und der die weitere politische und kulturelle Dominanz sichert. Kultur ist ein wichtiger Bereich für die Aufrechterhaltung sozialer Ungleichheiten durch ideologische Mittel, aber auch ein Bereich des Kampfes.
Kritik an der zeitgenössischen Filmtheorie, die von seiten der Cultural Studies (David Morley) kam, bezog sich auf die Isolation, die die Text-Rezipierende-Begegnung von allen historischen und sozialen Strukturen isoliert und darüber hinaus von anderen Texten. David Morley kam im Rahmen der Studie ``The `Nationwide' Audience'' (1980) zu dem Schluss, dass die soziale Klasse weder der einzige, noch der wichtigste Faktor für die Position zur Sendung war. Cultural Studies, von der klassen-basierten Analyse später wieder abkommend, bot für Feministinnen einen neuen Ansatz zur Text-LeserInnen-Beziehung, der über den Text-Determinismus psychoanalytischer Analysen hinausgeht. Feminismus veränderte in der Folge die Cultural Studies und umgekehrt.
Soap Operas und `Womens Genres' in den Cultural Studies
Um das Vergnügen der Zuschauerin untersuchen zu können, wurden auch in den Cultural Studies bevorzugt Genres zur Untersuchung herangezogen, die sich bevorzugt an ein weibliches Publikum wenden, ähnlich wie in der feministischen Filmtheorie, wo das Melodrama zum Brennpunkt eines Teils der Analysen wurde (Mulvey, Doane). Die Untersuchungen von Soap Operas und auch von Liebesromanen haben die Filmtheorie nachhaltig beeinflusst. Ein Beispiel für eine Analyse, die über Textpositionen hinaus zu den tatsächlichen Leseweisen von Frauen ging, ist Dorothy Hobsons (1982) ``Crossroads: `The Drama of a Soap Opera'.'' Sowohl die Produktions- als auch die Rezeptionsseite wurden untersucht. Sie verwendete eine ethnografische Forschungsmethode und sah die Sendungen mit dem weiblichen Publikum vor Ort. Dadurch konnte sie beobachten, dass die Zuseherinnen die Programme in einer zerstreuten Weise sahen und während des Fernsehens auch im Haushalt tätig waren. Außerdem wurden die Folgen nicht getrennt, sondern in Verbindung mit anderen Sendungen rezipiert. Bei diesen Ergebnissen macht es wenig Sinn, sich ausschließlich auf den Text zu konzentrieren und die Zuseherinnen-Seite außer Acht zu lassen (Thornham 1997: 74).
Janice Radway publizierte 1984 in den USA eine Studie über Liebesromane und ihre Leserinnen: ``Reading the Romance''. Obwohl Radway nicht mit den Britischen Cultural Studies verbunden war, ist dieser Beitrag für die feministischen Cultural Studies sehr wichtig geworden. Die Methode war eine Kombination von Textanalyse und ethnografischer Forschung. Sie fasst zusammen, dass jeder populäre romantische Roman damit beginnt, dass die patriarchale Kultur ihre weiblichen Mitglieder nicht befriedigen kann. Aber die magische Lösung, bei der der männliche Protagonist fähig wird, die Frau zufriedenzustellen, produziert eine Bestätigung der patriarchalen Kultur. Die Leserinnen sahen den Akt des Lesens als Erklärung der Unabhängigkeit, da sie so Raum für sich selbst schaffen konnten und nicht wie sonst so oft für andere Familienmitglieder da sein mussten. Radway kam auf zwei neue Kategorien: Lesen als Interpretation und Lesen als kulturelle Handlung, letzteres eine gänzlich neue Erkenntnis dieser Zeit (Thornham 1997: 74-77).
Der psychoanalytische Ansatz, wie er beispielsweise bei Mulvey und Doane zu finden ist, wurde stark kritisiert, da kein Platz für die Frau in diesem theoretischen Rahmen zu finden ist und die Unterdrückung der Frau fortgeschrieben wird. Theoretikerinnen wie Tania Modleski versuchen einen anderen Weg einzuschlagen: widerständige Diskurse in und um den Frauen-Film werden identifiziert. Auch wenn die Stimme der Frau in Filmen, die im Zentrum der Narration eine Frau haben, leise ist, kann sie Kritik an der patriarchalen Ordnung ausdrücken. Die Repression der Frauenstimme ist meist unvollständig. ``It is the feminist critic's task to identify and locate that repressed voice, not to participate in its silencing. (Thornham 1997: 57). Von Doane kommt wiederum die Kritik, dass der Versuch, die weibliche Stimme im Film zu finden, der kritischen Funktion des Feminismus nicht dient und damit der Blick auf die dominanten Bedeutungen des Textes verloren geht. Doane meint weiter, dass der patriarchale Text nur seine eigene Idee von Weiblichkeit konstruiere. Problematisch ist hier die Frage, was eine authentische weibliche Stimme im Sinne von Modleski sein soll, ein essentialistisches Verständnis von Weiblichkeit kann dieser Art von Theorie vorgeworfen werden. Eine einfache Wiederholung eines patriarchalen Dualismus ist die Folge.
Jüngere Theorien, die vor allem von den Cultural Studies beeinflusst wurden und sich eher dem Medium Fernsehen widmen, gehen zwar von im Text verankerten Zuschauendenpositionen aus, die die Zuschauenden im Sinne einer dominanten Ideologie konstruieren, allerdings muss die Intention des Textes nicht mit der Lesart der realen, sozialen Zuschauenden übereinstimmen. Textlich verankerte Zuschauenden - bzw. LeserInnen-Positionen und reale RezipientInnen werden gegenübergestellt. Alternative Lesarten werden dadurch möglich. Allerdings stellten Forscherinnen wie Warth bald fest, dass die Analyse von Interviews ebenfalls eine Art Textanalyse darstellt:
Die änderung der Blickrichtung vom Text auf die realen Zuschauerinnen, die mit der Verschiebung von der Textanalyse zur Methode ethnografischer Interviews einhergeht, bringt jedoch ihrerseits, wie wir in einer Studie zu amerikanischen Soap Opera-Zuschauerinnen im Rahmen eines Forschungsprojektes feststellen mußten, gravierende Probleme mit sich, denn auch bei der Analyse der Interviews handelt es sich ja in gewisser Weise um Textanalysen und nicht um wie auch immer geartete Wahrheiten (Warth 1992: 76).
Ien Angs ethnographische Analyse der Serie Dallas bietet eine weitere Analyse der Text-LeserInnen-Beziehung. Sie wertet geschriebene Antworten statt Interviews aus. Auch sie widmet sich der schwierigen Beziehung zwischen Feminismus, Frauen und dem Text, der an ein weibliches Publikum gerichtet ist. Ang stützt sich auf feministische Filmtheorie zum Thema Melodrama bei ihrer Untersuchung der TV-Serie. Wie beim Melodrama der feministischen Filmtheorie bietet auch die Soap Opera ihren SeherInnen multiple Identifikationsmöglichkeiten, die widersprüchlich sein können. Soap Operas haben kein Happy End wie die Romane von Radways Studie. Die Probleme sind zyklischer Natur. Lust kann vor allem durch den Einsatz von Fantasie aus diesen Serien gewonnen werden. Ang bezieht sich auch auf Mulveys Studien zum Melodrama, Ang sieht allerdings keinen direkten Bezug von der Position des Subjekts in der Kultur zu den Positionen, die vom Text angeboten werden, und sie tritt nicht für die Zerstörung der populären Freuden wie Mulvey ein. Melodramatische Fantasie sieht sie nur als einen möglichen Diskurs bzw. eine mögliche Subjektposition, die es in zeitgenössischer Kultur für weibliches Publikum gibt, deren Identität das Resultat verschiedener besetzter Subjektpositionen eines Moments in der Geschichte ist.
Radway wurde von Ang kritisiert, ihre feministische Forschung zur Bekehrung von Frauen zum Feminismus zu benützen. Während Ang Radway für ihren rekrutisierenden Ansatz kritisiert, fällt Ang in die Kategorie, die versucht, in populären Texten progressives Potenzial zu identifizieren. Dabei handelt es sich nicht zuletzt um den Versuch, eine Brücke zwischen feministischen Theoretikerinnen und ``anderen'' Frauen zu schlagen. Mary Ann Doane und andere kritisieren, dass das Publikum oder die Subkultur dieser ethnografischen Analysemethode genauso abstrakt ist wie die weibliche Zuseherin der psychoanalytischen feministischen Filmtheorie. Bei Ang verschwimmen die Kategorien Text und Publikum. Befürchtet wird ein Wandel der Zuwendung vom `bösen' Text zum `guten' Publikum in der feministischen Forschung der 80er Jahre. Thornham merkt etwa kritisch an, dass der Text selbst, auch wenn er in verschiedensten Kontexten rezipiert wird, weiterhin erkennbar bleibt:
The fact that I may `construct' the text differently when I watch it in different contexts - in an academic context, say, or at home with my family - does not alter the fact that the text itself remains recognizable through these changing contexts (Thornham 1997: 80).
Mit der Annahme, dass es so viele verschiedene Interpretationen wie Zusehende gibt, geht zudem der politische Druck verloren. Das Problem mit der Untersuchung, was sich Menschen ansehen, ist laut Ang, dass nie untersucht wird, was Menschen gerne sehen würden. Dazu kommt auf der kritischen Seite, dass nichts inhärent Progressives im Vergnügen liegt, auch wenn es endlich für Frauen gefunden wurde (Thornham 1997: 80).
Film- und Fernsehforschung - Annäherung von Filmtheorie und Cultural Studies
Film- und TV-Analysen haben sehr unterschiedliche theoretische Ursprünge. Bei der Filmanalyse mit psychoanalytischen Grundlagen ist es problematisch, dass historische Besonderheiten des Textes, soziale oder institutionale Kontexte und das Publikum nicht ausreichend berücksichtigt werden. In theoretischen Arbeiten über Fernsehen wird oft der Text nicht ausreichend analysiert. Die Schwierigkeit, diese Theorien zusammenzuführen, liegt hauptsächlich darin, den textuell konstruierten Zusehenden der Filmtheorie und das in der Kultur konstruierte soziale Subjekt der Fernsehforschung zusammenzubringen. Annette Kuhn sieht die Ursache in der unterschiedlichen Struktur und im unterschiedlichen Status von Film und Fernsehtext. Fernsehtext ist in einen Fluss von Fernsehprogrammen eingebettet, während Film, zumindest im Kino, eine relativ diskrete Einheit bildet. Die Fernsehsendung wird zeitlich umrahmt und eventuell von anderen Programmen durch Umschalten auf andere Sender oder Werbung unterbrochen. Die Aufmerksamkeit ist nicht so konzentriert wie im Kino, obwohl diese Aufmerksamkeit von Grossberg angezweifelt wurde:
Cinema spectators, argues Grossberg, perhaps never viewed popular films in the absorbed way which is assumed by film theory, and the pleasures and meanings which they took from cinema were always mediated intertextually: by film magazines, by star images and by other forms of popular culture (Thornham 1997: 160).
Grossberg meint weiter, dass neben dieser zweifelhaften Konzentration auch Informationen aus anderen Kanälen die Art der Rezeption beeinflussen. Trotzdem bilden sowohl das Film-Melodrama als auch die Soap Opera Narrationen, die an ein weibliches Publikum gerichtet sind, mit ein Grund, weshalb eine Annäherung zwischen den zwei Theoriesträngen in den 90er Jahren zu finden war:
In den 90er Jahren schließlich führte - nicht zuletzt unter dem Einfluß der Cultural Studies - das gemeinsame Interesse für Fragen der Zuschauerschaft in ihrer `gendered dimension' zu einer tendenziellen Annäherung zwischen feministischer Film- und Fernsehforschung (Braidt/Jutz 1999: 379).
Kuhn meint, dass das soziale Publikum zu Zusehenden im Sinne der Filmtheorien wird, und zwar in dem Moment, in dem sie sich in die Prozesse und das Vergnügen von Bedeutungskonstruktion während des Ansehens eines Films oder eines TV-Programms einlassen. Andererseits werden einzelne ZuseherInnen durch den sozialen Akt des Konsumierens von Repräsentationen zu einem sozialen Publikum. Auch wenn uns der Text keine eindeutige Position liefert, von der er gelesen werden muss, so benutzen wir als LeserInnen den Text doch, um unsere Vorstellung von unserer Identität zu konstruieren und zu bestätigen. Die Aufgabe der Textkritik ist es zu untersuchen, welche Lesarten der Text möglich macht, hier können Ergebnisse von ethnografischen Studien beitragen. Gledhill weist darauf hin, dass diese Aufgabe nicht neutral ist, die Kritik selbst generiert neue Zyklen der Bedeutungsproduktion. (Thornham 1997: 81-84).
Cultural studies, with its attention to questions of hegemony and popular culture, shares a cultural-political agenda with ideological film criticism, though the two differ in their objects and methods of analysis. For example, cultural studies tends to concern itself with the uses consumers make of popular cultural texts rather than with these texts' internal ideological workings, and has been less interested in cinema than in other popular media forms. Nonetheless, some recent feminist scholarship has attempted to combine the approaches of cultural studies and ideological film analysis. This move has proved especially productive in readings of cultural texts which explore overt and subtextual themes and images relating to gender and sexual difference as these are produced through figurations of the body (Kuhn 1999: 148).
Annette Kuhn spricht hier von Versuchen, die zwei Theoriestränge Film- und Fernsehforschung zusammenzubringen. Valerie Walkerdine war eine der ersten, die diesen Versuch gewagt hat. Walkerdine untersucht in ihrer Arbeit `Video Replay: Families, Film and Fantasy' (1986) das Video Rocky II (1979), gesehen von einer Arbeiterfamilie, und kombiniert dies mit einer Kritik ihrer eigenen Rolle als akademische Zuseherin. Walkerdine geht wie andere davon aus, dass die Position, die im Text für Zusehende / Lesende produziert wird, nicht mit der Position der aktuell Zusehenden identisch ist. Sie versucht, Psychoanalyse, Ethnografie, Fantasie und gelebte soziale Praktiken zusammenzubringen. Sie kommt zu dem Schluss, dass Fantasie in häuslichen Beziehungen genauso eine Rolle spielt wie in der Rezeption von Filmen und auch die Forschenden belegen einen Fantasieraum, innerhalb dessen verschiedene Fiktionen produziert werden (Thornham 1997: 85-86).
Die Hinwendung zu den Cultural Studies wird zum Teil sehr kritisch betrachtet, der Sinn für das Spezielle am Filmtext geht verloren. Politische und theoretische Kategorien, wie Text oder Weiblichkeit, verschwimmen. Die Schwierigkeit besteht im Zusammenhalten von Text- und Publikumslesarten. Die Kategorie Frau wird ebenfalls immer unbestimmter, andere Unterscheidungsmerkmale wie Klasse, ethnische Zugehörigkeit oder sexuelle Orientierung treten zunehmend in den Vordergrund, womit die soziale Zuseherin zu einer genauso problematischen Figur wird wie die vom Text konstruierte Zuseherin:
And, as the category of `real women' itself becomes less certain - crossed by differences of class, location, race, ethnicity, sexual orientation - the `female spectator' as social subject becomes as theoretically problematic as her textual counterpart (Thornham 1997: 90).
Trotz dieser und methodischer Probleme hat der Versuch, psychoanalytische Filmtheorien und auf Cultural Studies basierende Diskussionen zusammenzubringen, sich als sehr fruchtbar erwiesen. men's studies
And while the majority of feminist research in this country [Anm.: USA] continues to focus on the important questions of women's labor, reproductive rights, histories, racial and ethnic identities, economies, politics, and so on, there is an increasing understanding that many of the issues that affect women's lives cannot be adequately understood without a companion understanding of the intricate interrelationships between the constructions of women's and men's lives by and through the gender system (Jeffords 1993: 197).
Männlichkeit ist in den 90er Jahren immer mehr in den Mittelpunkt des theoretischen Interesses gerückt. Besonders nach Judith Butlers Gendertheorien war ein vermehrtes Auftreten von Forschungsarbeiten in diesem Bereich zu verzeichnen, auch Männlichkeit wurde als sozial konstruiertes und inszeniertes Geschlecht zum Thema. Bei Untersuchungen zur Weiblichkeit blieb Männlichkeit oft gänzlich unerforscht, das Männliche blieb unsichtbar und verschwand hinter dem universellen Subjekt (Brunotte 1998: 198). In ihrem Buch `Screening the Male. Exploring Masculinities in Hollywood Cinema' meinen die HerausgeberInnen Cohan und Hark, dass Filmtheorien, die auf Mulveys Theorien basieren, das Zeigen des Männlichen nicht behandelten, obwohl das klassische Hollywoodkino einen beträchtlichen Aufwand betrieb, um Männlichkeit darzustellen:
Generally speaking, the feminist film theory based on Mulvey's analysis of visual pleasure, though critiquing both the feminine spectator implied by her theoretical model and the psychoanalytic assumptions that inspired it, has by and large minimized or taken for granted the complex and considerable cultural investment which classical Hollywood cinema has historically expended in the display of the male, especially as his figure on screen calls into question the stability and unity equated with `masculinity' and in the diegesis by the gaze of the male actor (Cohan 1993: 1).
Weiters kritisieren sie, dass der Zuschauer und der männliche Darsteller in diesem Theoriekomplex nicht nur einheitlich, sondern auch zufrieden mit einer voyeuristischen und fetischistischen Rolle sei: ``On the contrary, in much of it the male spectator and his cinematic surrogate appear, not only unified and coherent, but quite comfortable as well, thank you, secure with their life on the screen as voyeur and fetishist'' (Cohan 1993: 2). Die Men's Studies machten in der Folge Männlichkeit sichtbar und zum Forschungsobjekt. Begonnen haben die Men's Studies in den USA, über Großbritannien und Frankreich kamen Studien der Männlichkeit im größeren Rahmen auch in den deutschsprachigen Raum, allerdings gab es hier auch schon vorher vereinzelte Studien zum Mann. Ein wichtiger und vielzitierter Männerforscher des deutschsprachigen Raumes ist Klaus Theweleit, der bereits in den 70er Jahren zum Männlichkeitsbild veröffentlichte. Seine Studien über Männlichkeit im Nazi-Regime unter dem Titel ``Männerphantasien'' (1977/78) veröffentlichte er in zwei Bänden. In diesen Büchern untersuchte er das Männlichkeitsbild der Soldaten des faschistischen Nazideutschlands, ebenso das dazu passende vorherrschende Weiblichkeitsbild. Claudia Springer bezieht sich beispielsweise in ihren Untersuchungen des Cyborgfilms auch auf Klaus Theweleit, beispielsweise der Cyborg des Films The Terminator wird mit Vorstellungen der Soldaten Theweleits in Verbindung gebracht. Ein anderer Theoretiker, der bereits in den 80er Jahren das Bild des Mannes in das Zentrum seiner Analysen stellte, ist Richard Dyer, der Darstellungen von Pin-up-Boys untersuchte.
Richard Dyers Pin-ups
Richard Dyer ist ein Gendertheoretiker mit dem thematischen Schwerpunkt Männlichkeit, er untersuchte Mitte der 80er Jahre Darstellungen von Pin-up-Boys. Dabei wird die ``to-be-looked-at-ness'' von Mulvey, die diesen Begriff Frauen im klassischen Hollywoodfilm zuschrieb, bei Männer-Repräsentationen untersucht. Doch Dyer stellte fest, dass Männer, die zu Bildern werden, in einer Weise posieren, in der sie den Status des Blickobjekts leugnen. Eine Gegenstrategie, um Männer dem kontemplativen Blick zu entziehen, ist es, Aktivität in die Bilder zu bringen: ``In Bildern von Männern muss jedoch jeder Anteil an Passivität verleugnet werden, wenn man innerhalb der herrschenden Gleichsetzung von Männlichkeit mit Aktivität bleiben will. Aus diesem Grund sind Bilder von Männern oft Bilder von Männern, die etwas tun. (Dyer 1986: 15). Muskeln zeigen zumindest Spuren vergangener Aktivität, Muskelmänner gelten nicht zuletzt deshalb als Schönheitsideal. Dyer geht auch auf die Fotografien von Eadweard Muybridge ein, der wissenschaftliche Studien des weiblichen und männlichen Körpers im Amerika der 1870er und 1880er in Fotobänden herausbrachte. Frauen und Männer wurden dabei unterschiedlich behandelt, Männer wurden dabei bevorzugt in Arbeits- und Sporthaltungen gezeigt (Dyer 1986: 15). Bei seiner Untersuchung von Pin-ups fällt Dyer auf, dass die Models oft verkrampft versuchen, an das mystische übermächtige Bild des Phallus heranzureichen, was besonders auf den männlichen Akt zutrifft:
Das führt zur größten Unstimmigkeit in der bildlichen Darstellung von Männern. Denn der Penis kann sich nicht mit dem Phallus messen und sich niemals zu dessen mystischer Bedeutung emporschwingen. Daher kommt das übertriebene, fast Hysterische, das so vielen Bildern vom Mann zu eigen ist. Die geballten Fäuste, die hervortretenden Muskeln, die markigen Backenknochen, die ganze Inflation phallischer Symbole - all das strebt nach etwas, das sich kaum jemals erfüllen läßt: der Verkörperung des phallischen Mysteriums (Dyer 1986: 18).
Die Darstellungen des nackten Mannes haben selten etwas von Leichtigkeit oder Selbstverständlichkeit. Diese Thesen von Dyer zum Mann als Bild wurden auch von FilmtheoretikerInnen aufgenommen. Im Film etwa gibt es kaum längere Großaufnahmen von Männern, denn das wäre mit einer passiven Haltung gleichzusetzen. Anfang der 80er Jahre veröffentlichte Steve Neale einen Text über Männlichkeit im Film, diese Arbeit fungiert als eine Art Basistext der weiteren Untersuchungen dieses Themas.
Steve Neales Untersuchung von Männern im Film
Steve Neale unternimmt in seinem Essay ``Masculinity as spectacle'' (1983) einen ersten Versuch, Mulveys Argumente im Kontext von Filmen zu verwenden, die spektakuläre Formen von Männlichkeit zeigen, wie beispielsweise der Western oder auch Musicals (Cohan 1993: 3). Steve Neales Artikel ``Masculinity as Spectacle. Reflections on men and mainstream cinema'' ist für die Darstellung von Männlichkeit im Film ein Basistext, ähnlich Laura Mulveys Artikel ``Visual Pleasure and Narrative Cinema'' für die Erforschung der Bilder von Weiblichkeit im Kino. Der 1983 erschienene Artikel stützt sich auf Thesen dieses Artikels von Mulvey und legt diese auf Darstellungen von Männlichkeit um. Vor diesem Artikel wurden die Bilder von Männlichkeit im Kino kaum explizit untersucht, nur innerhalb der Homosexuellenbewegung gab es einiges zum Thema:
Inasmuch as there has been discussion of gender, sexuality, representation, and the cinema over the past decade then, that discussion has tended overwhelmingly to center on the representation of women, and to derive many of its basic tenets from Mulvey's article. Only within the gay movement have there appeared specific discussions of the representation of men (Neale 1983: 9).
Die Bilder und Funktionen heterosexueller Männlichkeit im Mainstream-Kino blieben undiskutiert, heterosexuelle Männlichkeit wurde als strukturierende Norm in Beziehung zu den Bildern von Frauen und homosexuellen Männern gesehen. Außerhalb dieser zwei theoretischen Kreise, feministische Filmtheorie und Homosexuellenbewegung, wurde Männlichkeit noch weniger diskutiert (Neale 1983: 9). Neale behandelt in seinem Artikel Identifikation im Kino und sieht diese keineswegs als simple Identifikation von Frauen mit weiblichen Figuren und Männern mit männlichen Figuren im Film: ``Identifications are multiple, fluid, at points even contradictory'' (Neale 1983: 10). Er beschäftigt sich mit zwei Typen des Schauens, die auch bei Mulvey vorkommen: Voyeurismus und Fetischismus. Voyeurismus kommt durch eine gewisse Distanz zwischen Zusehendem und Bild zustande. Neale entdeckt, dass auch Männer diesem voyeuristischen Blick ausgeliefert sind, beispielsweise in Kriegsfilmen, Gangster-Filmen oder dem Western, sowohl von Zusehenden als auch von anderen männlichen Charakteren im Film. Auch den fetischistischen Blick findet er auf Männer gerichtet. Allerdings sind die Männerkörper laut Neale selten als erotische Objekte im Bild: ``We see male bodies stylized and fragmented by close-ups, but our look is not direct, it is heavily mediated by the looks of the characters involved. And those looks are marked not by desire, but rather by fear, or hatred, or aggression'' (Neale 1983: 18). Steve Neale meint mit Mulvey, dass der Blick im Mainstream-Kino grundsätzlich männlich ist, einer der bedeutendsten Gründe, warum Erotisches in der Beziehung von Zusehenden zum männlichen Bild ständig unterdrückt wird:
Although I have sought to open up a space within Laura Mulvey's arguments and theses, to argue that the elements she considers in relation to images of women can and should also be considered in relation to images of men, I would certainly concur with her basic premise that the spectatorial look in mainstream cinema is implicitly male: it is one of the fundamental reasons why the erotic elements involved in the relations between the spectator and the male image have constantly to be repressed and disavowed (Neale 1983: 19).
Da der ZuschauerInnenblick demnach grundsätzlich männlich ist, werden erotische Elemente in der Beziehung zwischen Zuschauenden und dem männlichen Bild ständig unterdrückt und geleugnet. Ein Grund für diese zwanghafte Unterdrückung erotischer Elemente in der Darstellung von Männerkörpern liegt in der Gefahr für konventionelle heterosexuelle Männlichkeit, dem männlichen homosexuellen Blick ausgeliefert zu sein:
Were this not the case, mainstream cinema would have openly to come to terms with the male homosexuality it so assiduously seeks either to denigrate or deny. As it is, male homosexuality is constantly present as an undercurrent, as a potentially troubling aspect of many films and genres, but one that is dealt with obliquely, symptomatically, and that has to be repressed (Neale 1983: 19).
FilmtheoretikerInnen wie Claudia Springer stützen sich in ihren Untersuchungen des Cyborgfilms auf Steve Neale, wenn es um die Darstellung des männlichen Körpers im Film geht. Seine Thesen können unter bei der Untersuchung der Darstellung des Cyborgs T-101 in dem Film The Terminator (1984) herangezogen werden.
Yvonne Tasker kommt in ihrem Buch über das Action Kino zu dem Schluss, dass die aktiv/passiv Teilung von Mulvey im Action Film Anfang der 90er Jahre allerdings nicht mehr gilt. Tasker meint im Gegensatz zu Neale, dass männliche Action-Darsteller sehr wohl erotisch gezeigt werden und gleichzeitig die Handlung kontrollieren, woraus geschlossen werden könnte, dass sich die Situation in den zehn Jahren, die zwischen den beiden Texten liegen, verändert hat, eindeutige Zuschreibungen sind nicht mehr in der klaren Art und Weise möglich, wie es in den 80er Jahren noch möglich schien:
Unlike the active/passive division of labour discussed by Laura Mulvey in relation to the classic Hollywood film, in which the male figure advances the narrative whilst `woman' functions as spectacle, the male figure in the contemporary action picture often functions in both capacities. He controls the action at the same time as he is offered up to the audience as a sexual spectacle (Tasker 1993: 16).
Auch Jeffords sieht Männlichkeitsbilder der 80er und 90er Jahre sehr verschieden, allerdings auf einer anderen Ebene. Sie geht in ihrem Artikel ``The Big Switch: Hollywood Masculinity in the Nineties'' davon aus, dass die Kämpfer der 80er Jahre - von Rambo bis zum Terminator - in den 90er Jahren verschwunden sind und durch ``sensitive, loving, nurturing, protective family men'' ersetzt wurden. In Filmen wie Terminator 2 - Judgment Day und vielen anderen wird ein verändertes Bild der Männlichkeit präsentiert, ``an image that suggests that the hard-bodied male action heroes of the eighties have given way to a `kinder, gentler' U.S. manhood, one that is sensitive, generous, caring, and, perhaps most importantly, capable of change'' (Jeffords 1993: 197). Dieses veränderte Männlichkeitsbild findet sich beispielsweise in den Terminator-Filmen wieder. Allerdings wird dies auch kritisch betrachtet, etwa von Donna Haraway: ``But the image of the sensitive man calls up, for me, the male person who, while enjoying the position of unbelievable privilege, also has the privilege of gentleness'' (Penley 1991: 19).
Fantasietheorien
Während sich ein Teil der feministischen FilmtheoretikerInnen im Anschluss an Mulveys und Doanes Theorien den Cultural Studies zuwandten, gab es andere, die sich erneut der Psychoanalyse zuwandten. Freuds Theorien wurden wieder als Basis verwendet, besonders ein Essay von 1919, ``Ein Kind wird geschlagen'', ein Text, auf den sich bereits Mary Ann Doane bei ihrer Untersuchung der weiblichen Zuseherin stützte. Allerdings hatte die Arbeit diesmal eine andere Bedeutung. In dem Text ist von multiplen und veränderlichen Subjektpositionen in der Fantasie die Rede. Die Beschreibungen der mobilen Genderidentifikationen in der Fantasie boten eine neue Möglichkeit, psychoanalytische Theorien in die Filmtheorie aufzunehmen. ``If fantasy can be seen to offer shifting and multiple positions for the fantasizing subject, then so, too, might the `dream factory' of cinema'' (Thornham 1997: 95). Die ZuschauerInnenposition wird nicht mehr als primär von der Geschlechtszugehörigkeit bestimmt gesehen. ForscherInnen wie Constance Penley sehen zwar weibliche und männliche Positionen in der Fantasie, die allerdings keineswegs aufgrund eines biologischen Geschlechts eingenommen werden müssen. Constance Penley meint aufbauend auf Freuds Beschreibungen von Fantasie, dass Identifikationen von Zusehenden komplexer zu verstehen sind, als bisher angenommen. Die Frage nach der weiblichen Zuseherin verliert auf der Ebene des Unbewussten an Bedeutung, die unbewusste Identifikation mit Filmcharakteren ist nicht unbedingt auf das Geschlecht der Zusehenden beschränkt:
Extending this idea (Freud's description of fantasy) to film has shown that spectatorial identification is more complex than has hitherto been understood because it shifts constantly in the course of the film's narrative, while crossing the lines of biological sex; in other words, unconscious identification with the characters or the scenario is not necessarily dependent upon gender (Penley 1990: 121).
Fantasietheorien beschäftigen sich hauptsächlich mit Horrorfilmen, Melodramen und Pornographie, diese Genres werden auch body genres bezeichnet. Den ZuschauerInnen wird in den Fantasietheorien ein relativ großer Spielraum gegeben, feministische Kritik läßt sich ob der Offenheit dieser Ansätze allerdings nur erschwert formulieren (Hipfl 1995: 155).
Heute
Film hat mit dem Entstehen von Fernsehen, Video und digitalen Technologien, die Filme transportieren, wie beispielsweise DVD oder streaming media im Internet, die eindeutige Zuordnung zum Kino verloren. Gemeinsamkeiten sind in den Vermittlungsstrukturen vorhanden, die Produktions-, Distributions- und Rezeptionsweisen unterscheiden sich allerdings. Klassische Filmtheorien setzen die spezielle Situation im Kinosaal voraus, die heute nur eine von vielen Möglichkeiten darstellt, einen Film zu sehen:
Classical film theory holds that a necessary condition of this imbrication of spectatorial and diegetic spaces is a distinctive type of viewing situation, involving a large cinema screen viewed in a darkened cinema auditorium. However, given that the cinema auditorium is now only one of a number of possible venues for viewing films, the classical configuration of diegetic and spectatorial space must be regarded as historically and culturally specific (Kuhn 1999: 7).
Dennoch besitzen diese unterschiedlichen Medien gemeinsame Grundlagen des audiovisuellen Erzählens und Darstellens (Braidt/Jutz 1999: 367). Seit den 90er Jahren rückt die Genderforschung immer mehr in den Mittelpunkt der Analysen, Forschungen aus Homosexuellen-Bewegungen rücken Untersuchungen von Gender im Film in ein neues Licht, die Kategorien Frau und Mann erscheinen als Dualismus, der viele Spielarten im Umgang mit Gender vernachlässigt:
Gender als Ausdruck für das Geschlecht in seiner kulturellen, historischen und sozialen Dimension betont sowohl den Repräsentations- als auch den Konstruktcharakter geschlechtlicher Identitäten. Die selbstverständliche Ineinssetzung von `Frau' und `weiblich' (wie auch jene von `Mann' und `männlich') ist demzufolge zu hinterfragen. In weiterer Hinsicht trägt die Einführung des Genderbegriffs dem Anwachsen von gay und lesbian studies Rechnung. (Braidt/Jutz 1999: 385).
Arbeiten der queer theory leisteten bereits einen großen Beitrag zu feministischen Filmtheorien. Als queer wird dabei alles definiert, das abseits der heterosexuellen Norm existiert. Die Natürlichkeit, die heterosexueller Genderidentität anhaftet, wird von Judith Butler als ein Effekt gesehen, der durch wiederholte imitative Performances entstanden ist (Thornham 1997: 133 -134). TheoretikerInnen wie Judith Butler und Teresa de Lauretis stellten in den 90er Jahren ein Genderkonzept vor, das zu neuen Debatten führte: ``Geschlecht als performative, diskursive Kategorie nimmt Abschied vom biologisch/anatomischen, in seiner `Essenz' erfassbaren Geschlecht und eröffnet auf diese Weise der feministischen Debatte neue Perspektiven'' (Braidt/Jutz 1999: 385). Diese neuen Perspektiven umfassen besonders auch die Auseinandersetzung mit sexueller Orientierung. Andere TheoretikerInnen versuchen, die Aspekte race, class und gender bei Untersuchungen zu berücksichtigen. Der klassischen feministischen Filmtheorie wurde vorgeworfen, dass sie von einem sehr dezidierten sozialen Standpunkt aus spricht, und zwar von einer Position der weißen, heterosexuellen Mittelschicht - die Kategorie Frau wird verallgemeinert und als universal gesehen, Unterschiede werden ignoriert. TheoretikerInnen wie Jacqueline Bobo oder bell hooks, die sich mit der Rolle der schwarzen Frau beschäftigen, machten diesen Umstand sichtbar und brachten entscheidende neue Impulse in das Forschungsfeld. Bisher ausgeschlossene Gruppen sollen in den Diskussionen berücksichtigt werden, die Kategorie Frau erscheint als historisch und kulturell spezifisches Konzept. Desweiteren wird es schwierig, nur einen Begriff von Differenz, die Geschlechterdifferenz, zu privilegieren. Ien Ang und Joke Hermes sehen Gender nur als eine von vielen Achsen, entlang der im Prozess des Zuschauens Identität konstruiert wird, eine Genderpositionierung kommt zum Teil zum Tragen, zu einem anderen Teil aber nicht, sexuelle Differenz ist nicht immer im Spiel (Thornham 1997: 165, Warth 1992: 76-77).
Weiters wird verstärkt versucht, Untersuchungen des Textes und der Rezeptionsseite noch mehr zu verknüpfen, da Arbeiten wie jene von Walkerdine, die weiter oben vorgestellt wurde, bisher nur vereinzelt auftreten. Hipfl lokalisiert 1995 noch immer eine deutliche Trennung der Arbeiten, die mit psychoanalytischen Methoden arbeiten, und solchen, die zu den Cultural Studies gerechnet werden (Hipfl 1995: 167). Die verschiedenen Ansätze sind nicht einfach zu vereinen. Doch, wie Hipfl meint, ``auch in ethnografischen Arbeiten werden nicht 'reale' Zuschauerinnen erfasst, sondern es werden die Zuschauerinnen von den Forscherinnen konstruiert'' (Hipfl 1995: 169). Dabei wird den Zuschauerinnen gerne eine widerständige Rolle zugeschrieben. Deshalb erscheint es Hipfl wichtig, die Position der ForscherInnen jeweils mitzureflektieren. ``Zunehmend wird eine fruchtbare Weiterentwicklung dieses Forschungsbereiches darin gesehen, dass es zu einer stärkeren Verbindung der beiden Zugänge kommt'' (Hipfl 1995: 169). Vorteile beider Ansätze können so genutzt werden (Hipfl 1995: 167-169, Braidt/Jutz 1999: 385-386). In österreich, etwa an der Universität Wien, gibt es derzeit Bestrebungen, sowohl die Filmwissenschaften, als auch Gender Studies und Cultural Studies zu institutionalisieren, interdisziplinäre Module sollen entwickelt werden, ein Schritt, der in den anglo-amerikanischen Ländern schon vor längerem gesetzt wurde. Eine Ende des akademischen jet-lag in diesen Bereichen ist somit in Sichtweite gerückt.